Muff Potter, Jolly Goods, 26.11.2019 in Dortmund, FZW - Bericht von der Redaktion
Muff Potter, 26.11.2019 in Dortmund
Zu Beginn dachte ich, die Veranstalter hätten die Hallen vertauscht. Um 20 Uhr waren keine 100 Menschen in der großen Halle.
Muff Potter in Dortmund also. Als die Band letztes Jahr im August ihre Reunion bekannt gab, war ich völlig aus dem Häuschen. Bei den ersten Konzertterminen habe ich regelrecht mitgefiebert, ob ich noch Tickets ergattern kann, wo war dabei egal. Jetzt kommen sie mehr oder weniger vor die eigene Haustür gefahren und auch die Ticketbeschaffung war überraschend einfach. Nicht mal ausverkauft das FZW.
Zählt man die Auftritte im alten FZW dazu, sehe ich Muff Potter heute zum vierten Mal im FZW. Das habe ich, glaube ich, sonst bei noch keiner Band geschafft. Das letzte Mal ist aber eben 10 Jahre her, damals als Quasi-Eröffnungsband der neuen Halle. Boah war ich damals baff wie groß und steril das hier alles ist...mittlerweile habe ich mich an die Halle eigentlich gewöhnt. Bin zwar selten hier drin, finde sie aber für die Größenordnung sehr angenehm und bin guter Dinge, dass hier nicht son Quetschchaos entsteht wie bei der Reuniontour Anfang des Jahres in Münster, wo es geradezu ekelhaft bedrückend eng war (und das stocksteife Publikum in den hinteren Reihen sehr stolz auf seine breiten Schultern war). Überrascht bin ich trotzdem, als wir die Halle betreten - zu Beginn hält sich der Andrang eher in Grenzen. Wird aber später besser. Dienstag Abend, Muff Potter im FZW zu Dortmund. Große Halle ... viel Platz um seine Jacke auf den Boden zu legen.
Da ich die Band nicht kannte, habe ich mir im Vorhinein das erste Album im Internet angehört und war früh morgens auf meinem Weg zur Arbeit begeistert. Auf dem Rückweg hab ich mir dann die neue Single angehört. Dann war ich entgeistert. Ich glaube man nennt das jetzt Dream Pop. Gar nix für mich. Die erste Platte ist trotzdem fein und hatte schön noise grungige Parts... und der Auftritt heute hat halt Dream Pop. Als Vorband sind heute die JOLLY GOODS zugegen. Diese fangen pünktlich um 8 Uhr an.
Ich nenne das nicht Dream Pop, sondern total langweilige Studentenmusik. Kein Druck, keine Bewegung, billigste Melodien, einfach gar nichts was einen begeistern könnte. Sorry Ladies, das war einfach nur zum einpennen und total deplatziert. Als dann noch die verkleideten Pommes auf die Bühne kommen, gehe ich freiwillig völlig überteuertes Bier holen. Was eine Verschwendung von Lebenszeit.
Ach, so schlimm war das jetzt aber alles auch nicht. Bei den ersten zwei Songs wirkte der Auftritt noch sehr verhalten, aber nach der aktuellen Single und dem Typ im Pommeskostüm, der, meine ich irgendwo gesehen zu haben, Dennis Scheider war, wurde das doch richtig gut.
Ich hatte im Vorfeld auch kurz reingehört, nunja, entspannte Popmusik halt, vielleicht noch etwas zu sperrig fürs große Business aber irgendwie auch ganz sympathisch. Die Songs hauen mich dann aber doch nicht so ganz vom Hocker. Würde mir ja auch lieber ne Punkband als Support wünschen, aber es könnte schlimmer sein (Felix Gebhard hängt heute nämlich auch wieder hier rum).
Ich glaube, Kunst. Vielleicht auch Statement. Da sind die Grenzen ja fließend. Wie Bier. Die Proberaumfreundinnen von Muff Potter haben musikalisch abgeliefert und mich mit ein paar Fragen zurückgelassen: Was sollen die angeklebten, blauen, langen Haare unter den Achseln? Und was hat es mit diesem riesigen Bild auf sich, welches irgendwann enthüllt wurde? War ich bei den Antworten ständig Bier holen? Oder ist das Kunst?
Ich muss zugeben, das hier ist erst mein zweites Muff Potter Konzert und ich bin dementsprechend voll freudiger Erwartungen und Bier.
Ich finds gar nicht so schlimm, dass es kein neues Album gibt. Klar fände ich es auch spannend, neues Material zu hören, aber so offen und supportive wir uns auch geben: Wir wollen doch eh alle nur die alten Sachen hören... Dann spielen MUFF POTTER. Mit gemischten Gefühlen wartet man auf den Auftritt. Die Band hat ja genug Hits und auch super Alben. Aber halt auch ne Reunion, schon die zweite Tour danach und kein neues Album.
Mir gefällt das auch alles ziemlich gut. Vielleicht auch, weil ich mit eher niedriger Erwartung und gemischten Gefühlen her gekommen bin.
Die Band ist ja gut im Tourmodus grad, haben gerade ne kleine Rutsche an großen Hot-Water-Music-Konzerten mitspielen dürfen und haben wohl eigentlich damit gerechnet, danach tot zu sein. Merkt man nicht viel von, außer an Nagels Stimme, aber das Krächzen gibt dem Auftritt genau den Spirit den ich gerade brauche.
Der Auftritt gefällt mir aber tatsächlich von Anfang an sehr gut. Die vier Herren scheinen auch Spaß zu haben.
MUFF POTTER heute mit einem wirklich zufriedenstellenden Set. Die Band kann sich sogar den ein oder anderen etwas ruhigeren Song leisten, ohne dass es gleich lahmarschig wirkt. Außerdem hat Nagel heute auf einem Dienstag echt gute Laune. Die Geschichten mit dem letzten Konzert im alten Fzw und dem ersten wieder im neuen kannte man allerdings schon. Schön dass es viele Songs der Bordsteinkantengeschichten gibt.
Wie Bolle erzählt, immerhin mehr "alte" Lieder als bei den Nostalgie-Konzerten mit Hot Water Music, hätte ich nicht gedacht. Die Songauswahl fand ich ganz gut soweit, klar, wie immer kein Wunschkonzert (also, naja, das Lied schon, glaube ich), aber da waren schon einige geile Stücke dabei. Unkaputtbar, Wir sitzen so vorm Molotow, I Love Fahrtwind, Den Haag - dass ich die kompletten nächsten Tage diverse Ohrwürmer habe, spricht ja schon für sich. Schade, dass kein Lied vom 1. und 2. Album gespielt wurde, kann man doch die Platten endlich wieder für 20 Euro auf dem Konzert ersteigern, sorry kaufen.
Ich finde, die Stimmung im Publikum könnte insgesamt ein bisschen besser sein, erwarte ich bei diesem Konzert doch nicht weniger als dass sich Leute weinend in den Armen liegen und beim nächsten Song schon wieder gegenseitig anschreien.
Ich war überrascht über den doch relativ niedrigen Altersdurchschnitt! Würde sagen, bestimmt so einige dabei, die Muff Potter "damals" noch nicht sehen konnten. Und die emotionalen Schunkel-Bartträger gab's ja trotzdem... Als "Wir sitzen so vorm Molotov" gespielt wird, kommt richtig Bewegung ins mittlerweile doch einigermaßen gefüllte FZW. Schönes Kotzreiz-Cover...:-)
Durchaus! Auch mit dem Zusatz "eigentlich sind alle unsere Lieder gegen Nazis". Wobei auch zu merken war, dass Nagel sich bemüht hat, keine abgedroschene Formulierungen zu verwenden. Fand ich auch sehr gut. Die Anti-Nazi Ansage fand ich auch sehr gut. Ist bei einer Band dieser Größe auch nicht mehr Standard (leider).
Kommt nochmal besser, wenn die Stimme angeschlagen ist. Einer meiner Ohrwürmer die nächsten Tage war übrigens "Die Guten" und ich hatte ständig im Ohr, wie Nagel das Wort "bluten" eher als "bluhhen" rausbrüllte. Was war da los? Bei den Songs fällt mir immer wieder auf, wie sehr mir Nagels rauchige und stets etwas melancholische Stimme gefällt.
Fotoautomat kam auch noch. Ich fühlte mich auf einem Dienstag Abend sehr gut unterhalten.
100 Kilo, Fotoautomat, kann alles sein. Irgendwo dazwischen fanden sich aber noch ein paar Zeilen von Clickclickdeckers "Wer hat mir auf die Schuhe gekotzt", und das war wirklich sehr passend.
Das fand ich auch gut! Und natürlich ein Fragment "kleine Welt" ganz am Schluss. Aber eines muss ich noch loswerden: Ist es mittlerweile tatsächlich standard, dass man gleich zwei Zugaben gibt? Zumal die letzte Zugabe mit "100 Kilo" den meiner Meinung nach größten Hit der Band zu bieten hatte. Wie soll das bloß weiter gehen mit dem Rock'n'Roll? Wird es in 10 Jahren so viele Zugaben geben, dass ins reguläre Set nur noch 2 Lieder passen? Wir müssen das beobachten! Den Schlusspunkt des Abends setzt dann 100 Kilo und ich bin sehr zufrieden damit.