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Thees Uhlmann:
Die Toten Hosen
Ich hatte mir irgendwann geschworen, Thees Uhlmann zu ignorieren, genauer gesagt, als er Tomte auflöste und solo als Bruce Springsteen aus Hemmoor durch die Republik zog und mit seinem "Fischlied" (so bezeichnet er in dem Buch seinen Hit "Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf") relativ erfolgreich war, aber auch ebenso meine Nerven mit seinem noch nöligeren Gesang als sonst strapazierte, wie Chilischoten meinen Magen. Schon die letzten Tomte-Platten, die ich mir pflichtbewusst gekauft hatte, denn diese Band habe ich unendlich abgefeiert in den 2000ern, waren eher lau und wurden schnell als vergessene Einheit irgendwo im Musik-Chaos meines Lebens eingeordnet.
Uhlmanns Bücher sind da eigentlich aber was anderes. Schon sein erstes Werk "Wir könnten Freunde werden. Die Tocotronic Tourtagebücher" ist mehr als großartig, witzig und schräg und auch sein Roman "Sophia, der Tod und ich", denn ich aus den oben genannten Gründen fast zwei Jahre ignorierte, hat mich schlichtweg begeistert (bereits der Rückseitentext war so gut, dass ich es dann doch lesen musste). Ähnlich verhielt es sich, als ich mitbekam, dass er wieder ein Buch verfasst hat - auch noch über die Toten Hosen, die sich den Schlager-Vorwurf zu recht anhören müssen und wenn Mensch dachte, "Tage wie dieser" war ein Ausrutscher, weil sie das Gitarren-Riff mochten und sonst keine Ideen hatten, der höre sich die neueste Single "Feiern im Regen" oder so an: Und nein, dass ist nicht Matthias Reim, der da singt (und im Video mitspielt). Diesmal habe ich mich aber nur knapp drei Wochen gewehrt und dann war ich zu neugierig auf das Buch und da ich eh alles elektronisch lese und ein Opfer einer großen Online-Kauf-Plattform bin und da es die Möglichkeit der Leseprobe gibt und die gut war, habe ich also schnell klein bei gegeben und mir das Buch gekauft. (Mir ist erst hinterher eingefallen, nach einem Rezensionsexemplar zu fragen, aber erst wollte ich das Buch auch nicht besprechen.) Zumal ich vor gar nicht so langer Zeit zum zweiten Mal die letzte Hosen-Bio gelesen hatte und dann zugeben musste, dass ich doch auch bis "Opium für das Volk" sehr textsicher bin und ich diesen Teil meiner Pseudo-Zecken-Zeit auch nicht einfach wegwischen kann aus meinem Leben.
Und das Buch ist gut. Nicht so gut wie die ersten beiden Werke, die ich allen Punks, Zecken und auch allen anderen wärmsten ans Herz legen möchte. Und unbedingt viel sympathischer sind mir die Hosen jetzt auch nicht geworden, aber es ist einfach Uhlmanns skurrile Art zu schreiben, deren Charme ich mich nicht entziehen kann. Inhaltlich sind die Geschichten, die er über sich und die DTH erzählt, nicht so spannend. Interessant ja, manchmal ganz lustig, aber sie hauen einen nicht so krass vom Hocker.
Er war in den 80ern auf einem Konzert, hat sich betrunken und es ging ihm gut dabei und dann hat er sie nach und nach kennengelernt und jetzt sind sie dicke Freunde und er hat diesen furchtbaren Song "Band Aid 30 Germany - Do They Know It's Christmas (2014)" mitgeschrieben und weiß selber ganz genau, dass der stinkt wie die Schwarzgeldkonten der CDU und dass die ganze Sache ziemlich panne war, aber was solls, Bier aufgemacht und gut ist - wie die CDU halt.
Aber die Dialoge und Ausführungen, die er in und um diese Geschichten herum baut, sind großartig. Beispiel? Bitte:

Es geht um Patrick Orth, den Manager der Toten Hosen, und Uhlmann berichtet seiner Mutter am Telefon davon, dass der bei ihm im Label-Büro war
TU: "Der Manager von den Toten Hosen war heute da, Mutter!"
Mutter: "Und der von den Ärzten?"
Scheitern kann man nur im Alltag


Es geht um eine Freundin namens Jessi
"[...] und im Hintergrund läuft BBC 7 aus Schottland, weil sie Schottland so liebt und selbst da noch Englisch verstehen kann, wo The Edge schon mit den Schultern zuckt"

Kiki Ressler auf einer Beatsteaks Aftershow Party zu TU über den Band Aid Song:
KR: "Das hat doch mit Punk nichts zu tun, was ihr da gemacht habt!"
TU: "Ich weiß! Aber Punk hat auch noch nie um Erlaubnis gefragt! Und nach der Erlaubnis von Punks schon mal gar nicht."


So driftet TU von einer Geschichte in die nächste, erklärt seine Lieblingslieder der Toten Hosen und versucht sie bei jeder Gelegenheit sympathisch zu machen. Und Deppen sind das ja auch nicht, keine Frage, aber irgendwie wird's auch nicht so viel besser, zumal sie gerade eben den oben erwähnten Schlagersong veröffentlicht haben und nun so ne Akustik-Nummer machen, die bei Metallica schon derbe peinlich war und eigentlich bei allen peinlich ist, außer bei Die Ärzte und the Cure - und manche Lieder von Bryan Adams.

Das Buch ist ein good Read, wie wir ex-Englisch-LK-Homies immer sagen. Nicht immer schön, aber dafür interessant zu lesen und naja, hätte mir auch gewünscht, es ginge um The Cure, die Ärzte oder vielleicht Fischmob, aber Mensch nimmt halt, was er bekommt.
Tatsächlich nervt mich nur das ewige Bier-Gelaber von TU: Bier hier, Kippe da: "dann hab ich mir erst einmal ein Bier aufgemacht..." und so weiter. Ich mag Bier trinken und muss nicht ständig von Leuten erzählt bekommen, wie geil ihr Leben durch das Saufen wird. Weil meistens sind die Leute dann besoffen ziemlich ätzend. Aber das nur so am Rande. Prost!
kraVal 11/2019
Thees Uhlmann
Musikstil: Indie, Pop
Herkunft: Hamburg
Homepage: theesuhlmann.de
Thees Uhlmann - Die Toten Hosen

Stil: Buch
VÖ: 10.10.2019, Buch, Kiepenheuer & Witsch



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