Atlas Losing Grip, 01.04.2011 in Recklinghausen

April April. Erstaunlicherweise hat heute keiner versucht, mich in den April zu schicken. Find ich gut. Bin ja eh der Meinung, dass dieses Datum überbewertet ist. Die Politiker verarschen uns ja schließlich auch das ganze Jahr über, ohne aufs Datum zu gucken. Hähä.
Heute gibts mal wieder mehrere Alternativen zur Abendbeschäftigung. Normalerweise endet das darin, dass einfach keine von diesen wahrgenommen wird, und das zeichnet sich irgendwie auch heute ab. Erstaunlicherweise ergibt sich aber doch sowas wie ein Konsens - nämlich nach Recklinghausen! Helna und Maddin reisen sogar "extra" aus Darmstadt an und Frau Wolfram und Bönx aus Berlin.

Das heutige Konzert wurde äußerst kurzfristig angesetzt, nachdem Atlas Losing Grip ihr Konzert in Mönchengladbach wegfiel. Dafür halt hier im schnuckeligen AKZ für 5 Euro Eintritt und zwei Supports, die sich sichtlich freuen, mit den Schweden auftreten zu dürfen. Erste Band: ZOMBIE INVASION!

Das ist wohl heute die lokale Band. Kannte ich bisher nicht. Den Bandnamen find ich aber schonmal großartig! Und sie haben verdammt geile Shirts als Merch. Leider habbich kein Foto davon. Naja, egal. Die Musik ist Hardcore-Punk, geht ordentlich nach vorne und auch mal gegen Nazis und ähnliches Gesocks.

Etwas dünn kommt mir der Gesang vor. Zwar ganz nettes Geschrei, aber keine Offenbarung. Denkt sich wohl auch das Publikum, das hält sich nämlich ziemlich zurück, was fast schon etwas schade ist. Auch die Versuche des Sängers, ein wenig Stimung in den Laden zu bringen, scheitern an mangelnder Resonanz.

Wirkt irgendwie so, als wären die Anwesenden gerade erst aus dem Bett gekommen. Die Musik wird fleißig beklatscht, hier und da gibts auch mal ein paar gut gemeinte Zwischenrufe, aber so richtig in Bewegung will hier keiner kommen. Ich finds aber rührend, wie begeistert der Sänger jede noch so kleine Reaktion erfreut zur Kenntnis nimmt.

Eine aktuelle Sache kommt auch noch zur Sprache und wird mit großem Applaus honoriert: Nämlich ein Zwischenfall letztes Wochenende in Essen. Bei ner Show von Trapped Under Ice fühlte sich der Sänger durch einen Stagediver belästigt und schlug ihn kurzerhand aus Notwehr krankenhausreif. Super Aktion, um mal eben die komplette Hardcore-Szene gegen sich aufzubringen.

Also schön, dass sowas angesprochen wird, ein dickes "Fuck You" geht raus an TUI und die Zombie Invasion bekommt die nächsten Sympathiepunkte. Netter Auftakt zum heutigen Abend, hat mich aber nicht wirklich vom Hocker gehauen. Aber immerhin hat die Band geile Shirts!

Anschließend erstmal raus, Luft schnappen. Hier drinnen ist es nämlich nicht nur stickig ohne Ende, es wird auch noch abartig viel geraucht. Sauerstoff Mangelwahre. Und das, obwohl sich das Publikum bisher nicht mal viel bewegt hat...naja, das kann es ja dann bei der nächsten Band: POSITIVE STRIKE!

Geile Hardcore-Kante ausm Pott. Oldschool-Gebretter, das schon deutlich versierter vorgetragen wird als bei Zombie Invasion. Find's ja offen gestanden etwas übertrieben, vor Atlas Losing Grip gleich zwei Hardcore-Supports spielen zu lassen, auf Dauer fehlt mir da nämlich das Melodische. Aber so kurzfristig wie die Show klargemacht wurde, will ich da mal nicht meckern.

Zudem können Positive Strike durchweg begeistern. Bringen selbst auch mächtig Elan in die Show, auch wenn die Songs sich nicht unbedingt an Abwechslungsreichtum überbieten. Wer braucht schon Experimente in der Musik, wenn man auch gnadenlos nach vorne knüppeln kann.

Das Publikum taut auch langsam auf. Sogar einen kleinen Circle Pit kann die Band inszenieren. Zwar zahlenmäßig nicht so amtlich, aber man merkt dass das Publikum seinen Spaß hat.

Recht kurzweilige Show. Zwischen den Songs kann der Sänger ein wenig rumlabern, sorgt für den einen oder anderen Lacher und erklärt sogar, was besser ist als arbeiten: Auf der Facebook-Seite von Trapped Under Ice die Kommentare durchlesen. Der Vorfall scheint echt Wellen (und nicht nur das) geschlagen zu haben...

Ein wenig Mitsing-Action gibts auch. Der Song "Breakout" eignet sich auch wirklich vorzüglich dazu. Sind nämlich zwei Silben, die tatsächlich einfach über die Lippen gehen. Und auch sonst darf Disobey-Klaus öfter mal ein paar Shouts ins Mikro brüllen. Jau, geiler Auftritt! Und wieder raus, wieder Luft schnappen...

Die nächste Band ist dann endlich ATLAS LOSING GRIP. Wer sie nicht kennt: Melodycore aus Schweden, am Gesang Rodrigo Alfaro - ehemals tätig bei den Satanic Surfers. Was dann auch als Referenz genügen sollte. Zugegeben, für diesen Musikstil ist es etwa 15 Jahre zu spät, aber so richtig aussterben wird er wohl trotzdem nie, was die zahlreichen auch jüngeren Zuschauer heute zeigen.

So richtig zünden wills aber trotzdem nicht, was zunächst einmal dem miserablen Sound anzukreiden ist. Kein Wunder, dass Bassist Stefan die Band kurzerhand als Noise-Band bezeichnet. Zu allem Überfluss scheinen auch die Mikrofone nicht wirklich ihren Dienst erfüllen zu wollen, so dass alle nach und nach mal durchprobiert werden.

So dauert es dann auch eine Weile, bis der Gesang überhaupt laut genug ist, um sich im Musikmatsch bemerkbar machen zu können. Nach und nach kommt dann auch das Melodische durch, das den eigentlichen Sound der Band so charakteristisch macht.

Nunja, wollen wir mal darauf nicht weiter rumhacken. Die Band gibts seit etwa 5 Jahren, Rodrigo ist allerdings erst seit der letzten EP "Watching The Horizon" dabei - deren Songs heute selbstverständlich auch gespielt werden. Dazu aber auch jede Menge älterer Stücke. Ob die jetzt mit "neuem" Sänger besser klingen, kann ich nicht beurteilen...

Im Mai erscheint das neue Album "State Of Unrest", von dem heute auch ein paar Stücke wie "All in a days work" oder "Different hearts, differend minds" gespielt werden - kennt noch keiner. Aber egal. Dafür kenne ich die meisten älteren Sachen nicht.

Sorry, aber ich muss nochmal auf den Sound zurückkommen. Diese ganze Melodic-Punkrock-Geschichte heißt ja so, weil es um Melodie geht. Und die wird gerade in den Refrains nunmal gerne durch mehrstimmigen Gesang und "catchy background-vocals" transportiert. Jene sind aber heute kaum zu hören, weswegen der Musik einfach das i-Pünktchen fehlt.

Die Band macht trotzdem das Beste draus, bedankt sich artig bei Vorbands und Veranstaltern und macht durch Spiellaune einiges wieder wett. Aber so aus Zuschauer-Sicht muss ich sagen, dass bei mir persönlich nur wenige Songs gezündet haben. Mag daran liegen, dass ich die meisten Lieder nicht kannte, aber irgendwie klang doch alles ziemlich gleich.

War ja auch nie großer Fan der Satanic Surfers und auch Atlas Losing Grip habe ich bisher nur so am Rande mitbekommen. Die Meute vor der Bühne scheint aber begeistert zu sein, ergreift zum Ende hin sogar öfter mal das Tanzbein oder auch das Mikrofon. Scheint für einige echt ein Lebenstraum in Erfüllung zu gehen, diese Band für nen Fünfer umme Ecke zu sehen.

Am Ende das übliche Spiel mit der Zugabe. Wobei der Sänger wiederholt darauf hinweist, dass seine Stimme heute etwas im Arsch ist. Und so provoziert er das Publikum mit der Aussage, sich schonen zu müssen für den morgigen Auftritt auf einem Festival mit bestimmt der dreifachen Menge an Zuschauern, deswegen würde es keine weitere Zugabe geben.

Diese Ansage (war es etwa ein Aprilscherz? hahahaha) lockt das Publikum nochmal etwas aus der Reserve, und so kommt zumindest zur Zugabe die Stimmung in den Laden, die ich mir eigentlich von Anfang an gewünscht hätte.

Fazit: "Netter" Auftritt, aber ich bin fast geneigt, Positive Strike heute besser als den Hauptact gefunden zu haben. Trotzdem beachtliche Leistung von Atlas Losing Grip! Die Tour geht noch bis tief in den Mai hinein, wer die Chance hat sollte sie ruhig wahrnehmen (und auf besseren Sound hoffen), und wie man hier sieht waren auch heute die Besucher mehr als angetan.

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