Christian Steiffen, 26.02.2015 in Dortmund

Fö: Vizewochenende! Oder wie auch immer man das nennt. Donnerstag halt. Schon das zweite Mal diese Woche, dass wir das FZW besuchen, aber ich weiß nicht, ob das jetzt für uns oder für das FZW spricht. Heute ist es sogar ausverkauft, womit ich nicht wirklich gerechnet hätte - Christian Steiffen scheint nen ordentlichen Popularitätsschub erhalten zu haben. Was mich ja einerseits freut, andererseits aber auch etwas skeptisch macht, was für ein Publikum da wohl so auftaucht.
Schlossi: Hach. Mensch. Ich bin schon den ganzen Tag so aufgeregt! Heute Abend endlich wieder ein heißes Date mit dem Godfather of Schlager! Im ausverkauften FZW. Mit BIER FÜR VIER EURO!!!! Ohne Pfand. Unverschämtheit! Aber davon lass ich mir ja die gute Laune nicht verderben, Christian Steiffen geht auch nüchtern. Vor dem Publikum hab ich allerdings ein bißchen Angst. Naja, zur Not geht man eben in die Bar. Da sitzen Menschen, die sich anschauen, wie andere Menschen Computerspiele spielen.

Fö: Keine Vorband (Christian Steiffen braucht keinen Aufheizer) und zeitiger Beginn irgendwann kurz nach 20 Uhr. Herr Steiffen höchstpersönlich checkt nochmal kurz die Lage auf der Bühne, bevor er sich selbst ankündigt - der Mann ist einfach ein DIY-Tausendsassa. Wie gut dass du hier bist!

Fö: Darf aber auch nicht fehlen: Das Haseland-Orchester unter der Leitung von Dr. Martin Haseland. Ein sportlicher junger Mann, der ständig über die Bühne rennen muss, um von einem Keyboard zum anderen zu wechseln.
Schlossi: Dr. Martin Haseland wird übrigens vor jedem Konzert vier Stunden lang "auf alt" geschminkt, in Wirklichkeit ist das noch ein total junger Hüpfer. Logisch, sonst würde er die Rennerei ja gar nicht durchhalten. An dieser Stelle mal ein großes Kompliment an die Maske.

Fö: Zeit, den Blick durchs Publikum schweifen zu lassen. Hmmm...also ich sag mal so, einigen merkt man durchaus an, dass sie auch gerne mal den Sommer am Ballermann, Christi Himmelfahrt am Bollerwagen und den Junggesellenabschied in der Düsseldorfer Altstadt verbringen. Beim letzten Mal gab's wenigstens noch betrunkene Punks, das finde ich ja deutlich atmosphärischer. Aber wie Christian Steiffen schon sagt: Man kann sich seine Fans nicht aussuchen.

Fö: Der eloquente Showmaster sagt sowieso relativ viel! Das läge an den neuen Medikamenten, erzählt er. Finde ich gut. Ich hatte schon befürchtet, dass wir hier lediglich mit ner Stunde Spielzeit abgekaspert werden, aber so streckt sich das Programm ganz angenehm. Und wer hört diesem Mann nicht gerne zu?

Fö: Dem hört man sogar gerne beim Telefonieren zu. Zwischendurch bimmelt sein Handy, sein Cousin ruft an und lässt sich entschuldigen. Christian Steiffen hat auch für ihn ein offenes Ohr.

Schlossi: Doch am allerliebsten hören wir Herrn Steiffen singen und auch dieser Wunsch bleibt natürlich nicht unerfüllt. So säuselt der Garant der guten Laune mit samtener Stimme einen Hit nach dem anderen: Arbeiter der Liebe, Champagner und Kaviar, Eine Flasche Bier, Sexualverkehr, Ich hab dir den Mond gekauft...

Schlossi: ...Selbstmitleid, Ein Leben lang, Ich hab die ganze Nacht von mir geträumt. Aber auch bei der größten Hitdichte, einer fehlt. Jesus Christus aka "Mein bester Freund". Ein Lied, das gerade jetzt, zur Fastenzeit, vielen Menschen Kraft gegeben hätte. Schade.

Fö: Dr. Martin Haseland ist ja ein Meister der Goldenen Trompete, und so packt er sie auch heute wieder zu "komm und bedien dich bei mir" aus - welch süßlicher Klang in unseren Ohren! Aber irgendwas scheint mit dem Teil nicht zu stimmen. Ein zufällig im Publikum anwesender Instrumentenbauer kann da auch nicht weiter helfen, also wird das Teil in die Ecke geschmissen. Schade.

Schlossi: Eigentlich sollte die Tröte ja mit den positiven Energien aus dem Publikum aufgeladen werden, aber irgendwer scheint hier schlechte Schwingungen zu verbreiten. Vielleicht der lustig verkleidete Trupp junger Männer schräg neben uns, der es schafft, jedes musikalische Kleinod Steiffens wie ein Wolle-Petry-Lied klingen zu lassen? EY, WIR SIND HIER NICHT AM BALLERMANN, EIN BISSCHEN MEHR RESPEKT!!!

Fö: Als Entschädigung bekommen wir ein neues Lied serviert! Yeah! Das neue Album steht quasi schon in den Startlöchern und soll 2019, im Herbst, erscheinen. Das Lied war eine Ode an Arschlöcher und war "Du hasst die Menschen einfach gern" betitelt, was ich sehr schön fand.
Schlossi: Ja, textlich sehr stark. Noch stärker fand ich allerdings den zweiten neuen Song des heutigen Abends. Hieß, glaub ich "Ein Glück, dass wir nie was miteinander hatten". Wer würde das nicht gern mal sagen?

Schlossi: Bei "Ich fühl mich Disco" gibt's dann kein halten mehr: vor, zurück, dreh dich im Kreis und schon bist du heiß! Das sind Textzeilen, die muß man sich erst mal trauen! Selbst Fö tanzt mit, ich hab's genau gesehen!

Fö: Das Bad in der Menge darf nicht fehlen, aber auch zwischendurch geht unser Held immer wieder auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Ein kleines Augenzwinkern hier, ein Fingerzeig da, er weiß einfach wie er jeden einzelnen Konzertgast so um den Finger wickeln kann, dass sich dieser auf seiner eigenen ganz persönlichen Christian-Steiffen-Show wähnt.

Schlossi: Irgendwann knöpft er dann sein Hemd auf...huiuiui....mir ist auf einmal ganz heiß.

Fö: Juhu, Polonaise! Im ausverkauften FZW gar nicht mal so einfach, sich dort in eine vernünftige Schlange einzureihen. Aber die Polonaise ist ja auch bekannt als Gegenentwurf zur Chaostheorie.

Schlossi: Oh. Polonaise. Ich muß mal kurz weg.

Fö: Man kennt das ja mittlerweile - Polonaise aus dem Laden raus und durch den Hinterausgang wieder rein. Aber jetzt bitte die Fluchtwege frei machen!

Schlossi: Ein Abend voller Emoción, voller Esprit und Witz. Hier wird Entertainment auf ein neues Level gehoben, danke an einen der ganz Großen der Showbranche, danke an Christian Steiffen! Und, ja, weint ruhig, wenn er geht!

Fö: "Wir sehen uns in der Zugabe", ruft er, und wir sehen uns sogar in der zweiten Zugabe. "Es war ein schöner Abend mit mir und Dr. Martin Haseland", verabschiedet er sich. Alleine für diesen Satz muss man ihn einfach lieben.

Fö: Am Schluss holen die Fans nochmal alles aus sich raus.

Schlossi: Sei immer du selbst. Es sei denn, du kannst Disco sein. Dann sei immer Disco.

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