RVIVR, Naive, 15.10.2015 in Frankfurt/Main, Klapperfeld - Bericht von Fö
RVIVR, 15.10.2015 in Frankfurt/Main
Geschickt mache ich im Vorfeld zu sämtlichen Aktionen, die von den anderen initiiert werden, gute Miene, so dass ich schließlich mit dem Knallerargument, dass ich ja auch bei ihrem Scheiß mitmache, ihnen gut genug ins Gewissen einrede, dass sie von sich aus dafür stimmen, nach FFM zu fahren. Super!
Zweiter Teil der Einleitung: Ein paar Worte zur Lokalität. Das Klapperfeld ist ein relativ zentral gelegenes linkes Zentrum in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Gefängnisses mit heikler Vergangenheit - nicht nur zur NS-Zeit, sondern auch darüber hinaus. Wie die Sängerin von NAIVE erzählt, lohnt sich eine Führung. Konnten wir leider nicht, gehört aber auf die Todo-Liste für Frankfurt! Jeden Samstag 15-18 Uhr. Mehr Infos: www.klapperfeld.de
Weitere Worte zur Lokalität: eigentlich alles ganz nett hier. Schön verwinkelt und das Konzert in einem gemütlichen Kellerraum, den man als "überschaubar" bezeichnen könnte, wenn sich nicht direkt vor der Bühne ein Raumteiler in Form dieser Säule befinden würde. Für Sichtverhältnisse eher suboptimal, und für das Gruppengefüge der Band vermutlich auch. Die Band, das sind die eben schon erwähnten NAIVE, die heute die Vorband machen.
Das Dargebotene würde ich mal in die Postpunk-Ecke stellen. Manche sagen auch Wave-Punk, ich selbst sage eigentlich auch gerne Wave-Punk, ich habe keine Ahnung ob es da Unterschiede gibt. Manchmal fühle ich mich an Joy Division erinnert, das Gitarrengepicke hat aber auch manchmal was von No Weather Talks. Soviel zur ersten Einordnung.
Das Tolle, wenn andere Fotografen anwesend sind: Ich muss nicht meinen eigenen, für Konzerte eher ungünstigen, Blitz verwenden sondern brauche einfach nur den Moment abzupassen, in denen jemand anders fotografiert. Easy. Beleuchtung heute ist ansonsten in einfarbigem Grünton gehalten - mit Licht, das die Band vermutlich von hinten besser anstrahlt als von vorne. Aber Licht is' ja auch son Stimmungsding, für Post-Punk nicht unwichtig!
Mir gefällt das gut! Die Vorrecherche auf Bandcamp konnte mich zwar nicht überzeugen, aber live sieht das schon ganz anders aus. Eingängige, melancholisch-melodische Songs die sogar gut in die Beine gehen. Durchaus tanzbar! Platz zum Tanzen wäre ja, aber außer Mark sind hier alle zu schüchtern.
Kurz mal ein paar Schritte auf die andere Seite, um auch mal einen Blick auf den anderen Teil der Band zu werfen. Hallo Bica! Kenne ich sonst bisher nur von vor der Bühne. Öfter mal was Neues!
Schöner Auftritt und auch weder zu lang noch zu kurz. Und zumindest 1/4 der Reisebegleitung ist ebenfalls angetan, der Rest sitzt im Thekenraum und daddelt aufm Smartphone. Meine Freunde sind Banausen.
Irgendwann weiter mit RVIVR! Leider versäumt, rechtzeitig vor der Bühne zu stehen. Dieses vorm-Konzert-Handtuch-auslegen ist eh nicht so mein Fall, wäre aber heute angebracht, da es erstens voll ist und zweitens die Sicht von hinten dürftig ist - wegen der erwähnten Säule, wegen der zweiten Säule weiter hinten, und wegen der ebenerdigen Bühne.
Desweiteren legen RVIVR ja bekanntlich Wert darauf, dass insbesondere kleinere Leute auch was vom Konzert mitkriegen und daher nach vorne gehören. Ist natürlich richtig und gerecht, aber die Thematisierung dieser Forderung bringt mich Durchschnittsriesen in die missliche Lage, direkt ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mich ein paar Zentimeter weiter nach vorne wage, wie sehr ich dabei auch bemüht bin, niemandem die Sicht zu versperren. Also verzichte ich darauf, mich zu strategisch günstigen Positionen vor der Säule oder an der Wand durch zu zwängen - einfach nur aus Angst, mich vor Leuten rechtfertigen zu müssen, an denen ich eigentlich nur vorbei will, weil da vorne noch Platz ist.
Schwieriges Thema, ich bin da auch sehr zwiegespalten. Einerseits stehe ich gerne möglichst weit vorne (sofern da Platz ist), andererseits will ich sonst niemanden stören - ein altbekanntes Dilemma. Zumal einige dieses durchaus gerechtfertigte "Rücksicht auf andere" verwechseln mit einem "stocksteif Rumstehen", das ich zur Musik von RVIVR eher unpassend finde. Bevor ich mich selbst allzu sehr in die Defensiv-Haltung dränge, hake ich das Thema aber mal ab und beschließe, das Konzert einfach so zu genießen, wie es sich mir darbietet. Und, seien wir mal ehrlich, es ist ja nun auch wirklich voll heute. Zum Konzert selbst: Sehr sehr toll! RVIVR spielen einfach nur Hits. Kleine catchy Perlen, viel Mitsing-Potential und eine sympathische Band.
Songauswahl: Super. Größtenteils Songs der letzten beiden Veröffentlichungen "The Beauty Between" und "Bicker and Breathe", die ich persönlich sowieso für die besten halte, was aber damit zusammen hängen könnte, dass ich die Band zuvor einfach eher selten gehört habe. Insofern vom Programm her ähnlich der letztjährigen Tour (damals in Bielefeld gesehen), wobei ich jetzt konkrete Unterschiede in der Setlist nicht benennen kann, so sehr Fan bin ich nun auch nicht. Hier im Bild übrigens: Die Säule!
Der Rest meiner Reisetruppe hat wegen mangelnder Sicht auf die Bühne noch schlechteren Stand, die kennen ja nicht einmal Lieder der Band. Und sind ganz enttäuscht, als sich das angetäuschte Nirvana-Cover als Finte entpuppt. Humor hat die Band ja. Von den Ansagen kriege ich eher wenig mit, das sind so Sachen die in der zehnten Publikumsreihe irgendwie an mir vorbei sirren.
Natürlich muss unweigerlich am Ende noch ne Zugabe gegeben werden, aber auch danach wird das Publikum nicht müde, nach mehr zu schreien - was aber leider nicht gewährt wird. Wäre ja auch echt übertrieben. So fand ich das Set dann doch ein wenig kurz, aber das Leben ist ja bekanntlich kein Wunschkonzert.
Fazit: Netter Laden mit interessanter Geschichte, gute Vorband, super Hauptband, aber irgendwie zu voll, um auf solch kleiner Bühne Jeden zufrieden zu stellen. Für mich hat sich der Trip jedenfalls gelohnt. Der Rest der Reisetruppe behauptet, das ähnlich zu sehen, also scheine ich doch mal gar nicht so viel verkehrt gemacht zu haben. Entspannte Rückfahrt, da (fast) alle pennen. Tschö.