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Versagernacht: Zymt, Münzmikrowelle, Briefbombe, Awesome Grey, Waste The Days, Wonderful World, 30.04.2023 in Oberhausen, Emscherdamm - Bericht von der Redaktion

Versagernacht, 30.04.2023 in Oberhausen

Fö: Emscherdamm. Da graut es mir immer vor! Anreise und Abreise sind immer irgendwie stressig, weil mit langer Busfahrt verbunden. Aber das soll doch kein Grund sein, auf ein Konzert zu verzichten. Zumal ich gerade deswegen auch Respekt davor habe, hier am hinteren Zipfel von Oberhausen überhaupt was aufzuziehen. Es spielen irgendwas um die 8 Bands, so genau weiß ich das nicht, auf dem Flyer sind irgendwelche Logos, bei denen ich nicht weiß, ob da nur wem der Stift ausgerutscht ist. Aber es ist immer noch ausreichend lesbar, um verlockend zu klingen.
poly: Meine Anreise ist zwar deutlich weniger beschwerlich, ich könnte sogar mit dem Fahrrad fahren. Wenn der Konjunktiv nicht wäre, hätten wir die Welt schon gerettet. Mittels Individualtransport komme ich demnach gegen 19.30 Uhr am Emscherdamm an und bekomme noch den letzten Song von Waste the Days mit. Die Dinslakener Jungs machen immer Spaß, die Spielfreude ist enorm, das Publikum begeistert. Diejenigen, die sie noch nicht gesehen haben, sollten dies nachholen. Aus meiner Sicht klingen sie so, wie die Adolescents wahrscheinlich am Anfang ihrer Karriere geklungen haben. Was durchaus als Kompliment verstanden werden sollte. 
Fö: Das hier soll wohl der Vorschlag eines Zeitplans sein. Da wir noch andere Termine haben (DIY working class muss auch Sonntags ran!), verpassen wir die ersten drei (laut Zeitplan) beziehungsweise die ersten zwei (in real), weil anscheinend bereits jetzt ne Stunde Verzug ist.
poly: Mein working class Dasein beschränkt sich auf die Solidarität damit, dennoch kam ich zu spät. Den Zeitplan sah ich auch und musste somit schnell erkennen, dass es sich wie immer verzögern wird. Naja, das Leben lässt sich halt ungern verplanen.
Fö: Sind also pünktlich da zu AWESOME GREY. Kurz zuvor noch mit T. das Gespräch gehabt, dass es ja immer spannend ist, neue Bands kennen zu lernen, die Spannung aber größer ist, wenn der Bandname cool ist. Und der Bandname Awesome Grey klingt halt mehr nach grey als nach awesome. Aber lassen wir uns davon nicht beirren und unterziehen die Livedarbietung einer Untersuchung!
poly: Lustig, genau das habe ich auch gedacht, um mich zu motivieren, komm, lass Dich überraschen, Du kennst keine Band, vielleicht ist ja etwas Aufregendes dabei? Da ich mich bemühe, mir am Abend direkt Notizen zu den einzelnen Bands zu machen, kann ich ich zum Bandnamen aber nur sagen, dass ich den dreimal nachschauen musste, um ihn mir zu notieren. Er war wie durch Geisteshand immer wieder von meiner Festplatte gelöscht worden. 
Fö: Fröhliche Dudes aus dem Süden der Republik, die so etwas wie Skatepunk machen. Ein Musikstil, der weiterhin nicht ausstirbt, aber ein bisschen darunter leidet, dass nur wenige Bands so wirklich aus der Masse hervor stechen. Awesome Grey jedenfalls können mich jetzt nicht so wirklich begeistern, auch wenn es zum interessierten Mitwippen durchaus reicht und das was die machen, auch Hand und Fuß hat. Sogar mehrere Hände und mehrere Füße, die ihre Instrumente sauber beherrschen.
poly: Unmittelbar notiert habe ich mir: Langweiliger Skatepunk aus Nürnberg, California, musikalisch gut aufeinander eingespieltes Trio, alle Drei singen wenigstens Background. Das Gehabe zwischen den Songs hat mir am wenigsten gefallen, bei derartigen Sound besteht die einzige Chance, in der Masse aufzufallen, darin, wenigstens originell oder auch authentisch rüberzukommen. Das war hier aus meiner Sicht nicht der Fall, fränkische Bands, die englische Ansagen machen. Was soll ich da noch groß zu sagen? Vielleicht "Go Home?"
Fö: Es gibt Mitklatschparts und süffige Spitzen gegen das noch etwas zurückhaltende Publikum. Ist okay aber irgendwie auch, naja, ich mag sowas halt nicht! Jetzt isses raus. Der Aufforderung, etwas weiter nach vorne zu kommen, gehe ich trotzdem nach, lasse mir dabei aber handgestoppte 10 Sekunden Zeit.
poly: Bei mir ist auch dies ähnlich, Aufforderungen, nach vorne zu kommen, ignoriere ich generell. Entweder möchte ich vorne sein oder eben auch nicht. 
poly: Hey, we are Awsome Grey from Nuremberg. 
Fö: BRIEFBOMBE! Relativ neue Band von Tausendsassa Thommy und anderen Protagonist*innen. Das Konzept der Band muss man erstmal auf sich wirken lassen und entfaltet sich mal schneller und mal langsamer. Ein Gespräch hinter mir beim allerletzten Song hat ungefähr den Inhalt "höhö, die Lieder handeln ja alle von Post!"
poly: Die Beteiligung von Loser Youth Musikern hat bei der Versagerbande wahrscheinlich Tradition, wenn nicht sogar erheblichen Einfluss auf die Namenswahl gehabt. Die 7inch der Briefbombe habe ich mir bereits vor der Show geholt, ich war mir sicher, dass es gut wird.
Fö: Musik ist selbstverständlich Post-Punk, aber, wenn man ehrlich sein will, doch eigentlich bloß Hardcore-Punk. Allesamt in Briefträger*innen-Outfits, gibt es Lieder über die Zustände von Qualität, Moral und Personal in Paketlieferketten, aber auch über antifaschistische Brieftauben und terroristische Pakete.
poly: Vor allem bei den Ansagen könnte ich mich kaputtlachen, dermaßen trocken und auf den punk. Beispiel: Urlaub in Porto.
Fö: Apropos Lieferketten: Die Band liefert natürlich ab! Damit wäre dieses Wortspiel auch abgehakt.
poly: Die Band spielt, als ob sie direkt von der Nachtschicht kommen. Unglaubliches Tempo, klar, die Schicht hat geschlaucht, die Postbeamt*innen möchten schnell ins Bett. Das Schlagzeug knüppelt, die Gitarre quietscht und röhrt, der Bass wummert, die Vocals kreischen. Ich bin im power violence Himmel. PLZ Mr Postman überzeugt dann mit Rockeinlagen, an die sich aber nicht gewöhnt werden kann. 
Fö: Auf diesem mit Pfeffi-Filter aufgenommenen Lichtbild surft Versager-Dennis mit einer Schnapsflasche bewaffnet über die Köpfe des Publikums und gießt ein grün schimmerndes Getränk über die Massen. Ich stelle mir wiederholt die Frage, ob dieses Abfeiern des zur Schau gestellten Alkoholismus noch cool ist, aber da wir uns hier auf einer Festivität von und für Versager (oder sagen wir, Versagende) befinden, bin ich mir natürlich auch der brüchigen Ironie bewusst.
poly: ich hab es abgelehnt, der Kult um diese Pfeffi-Plörre hatte sich bei mir nach einer Nacht irgendwann 2005 erledigt. Aber: Versagen ohne Mundgeruch ist immer gut.
poly: Briefbombe: Die Band ist die perfekte Symbiose aus professionellem Stageacting und Punkdasein. Danke.
poly: Während der Rest der Redaktion irgendwie verschwunden ist, schaue ich mir Wonderful World aus Köln an. Einer junge Band, die heute ihren siebten Auftritt absolviert. Musikalisch sind die hervorragend aufeinander eingespielt und auch menschlich kommen die Jungs, übrigens, bis auf zwei Frauen auf der Bühne mal wieder die Norm, sympathisch rüber. Der Sound ist so ne Art Screamo ohne ruhige Parts. Kann ich mir nett anhören, hab ich aber direkt nach dem Auftritt wieder vergessen. Ich hatte mit auf der Heimfahrt dann noch das Demo von denen angehört, tatsächlich habe ich keinen Song wieder erkannt. 
Fö: Oh, hoppla, Reisegruppe kurz und länger hat die Band "Wonderful World" verpasst, um sich eine sättigende Pizza in den Schlund zu fahren, und steht erst wieder pünktlich zu MÜNZMIKROWELLE vor der Bühne.
poly: Das erklärt das plötzliche Verschwinden. Die Münzmikrowelle wird in einem Gespräch, welches ich zufällig mitbekomme, sehr stark gelobt, was meine Spannung erhöht. Kommt jetzt vielleicht die erhoffte, positive Überraschung?
Fö: Habe die Band dieses Jahr noch gar nicht in voller Besetzung gesehen! Entsprechend gespannt bin ich. Auftritt: leider geil. So von der Resonanz her Hauptband des Abends, wobei ich natürlich nicht alle gesehen habe und mir dementsprechend entscheidende empirische Forschungsdaten fehlen.
poly: Gefällt mir auch ganz gut, auf jeden Fall rotzig und nicht zu kompliziert. Die Band ist sympathisch, die Schlagzeugerin schreit immer wieder mit dem Sänger zusammen, der Gitarrist hat Tocotronic auf dem Gurt stehen. Hat zwar nichts mit dem Sound zu tun, fällt mir aber trotzdem auf.
Fö: Die Musik ist weiterhin Punk. Klar kann man sich fragen ob es eine weiter Punkband braucht die eigentlich nur die gleiche Musik aufwärmt, die 1000 andere Bands zuvor schon gemacht haben, aber solange das Aufwärmen mit 600 Watt geschieht, der Drehteller nicht stockt und die Mahlzeit nicht an die Wände spritzt, lässt sich da ja mal ein Auge zudrücken. Ich finde nur leider das Energieeffizienzklassen-Siegel nicht.
poly: Das ist bei den aktuellen Energiepreisen natürlich schlecht. ich hätte da ein Energiespartip. Ah, ok, falscher Blog, wir sind hier nicht bei Stiftung Warentest.
Fö: Vor der Bühne sind tatsächlich Leute, die Texte kennen. Und sie singen diese bereitwillig mit, wenn das Mikrofon kreist. Das ist schon echt erstaunlich, ich mein, das hier sind immer noch Münzmikrowelle und nicht Coldplay.
poly: Das mit dem Mitsingen habe ich auch gehört. Dies bestätigt mich zum wiederholten Male in meiner Meinung, dass die (wirklich) unkommerzielle DIY- Kultur, wenn sie den funktioniert, einfach am meisten Spaß macht. irgendwelcher Bands, direkt aus dem Keller, vielleicht gesegnet mit ein wenig Entertainmentqualitäten hier und da, fertig ist günstiger und vor allem unabhängiger Spaß.
poly: Bock auf Rock? 
poly: Aua Aua AuaMorgen mache ich frei
Schichtarbeit ist scheiße
Morgen bin ich nicht dabei. (Zitat, letzter Zeile geraten)
Fö: Die anschließende Band nennt sich SOUNDCHECK VON ZYMT und ist sehr unterhaltsam. Gefolgt von ZYMT, die sind auch okay.
poly: ich hatte ja kurz ein unangenehmes Gefühl, als Marmor, Stein und Eisen bricht gespielt wurde. Meine Abneigung gegen alles Schlagereske ist so tief, da krieg ich sofort ein Grummeln. Aber Ok, war ja zum Glück nur Spaß.
Fö: ZYMT Ist die neue Band von Leuten, die in zusammenaddiert 876 Bands gespielt haben. Musik ist halt irgendwie so Punk mit Synthie. Erinnert mich an Reiz, mit denen sie kürzlich eine kleine Tour hatten.
poly: Reiz habe ich nur einmal gehört, kann ich nicht viel zu sagen. Ich musste tatsächlich eher an Hammerhead denken, was Ausstrahlung und Bühnenpräsenz angeht, und hier und da konnte ich eine Prise Stikky raushören. Wer die nicht kennt, ultrafaster HC/Punk von 1989, der Typ von Slap-a-Ham Records am Bass und am Gekreische.
poly: Zymt gefallen mir aber tatsächlich ganz gut, nur die langen Pausen zwischen den Songs stören ein wenig, Aus meiner Sicht hätten die ihr Programm am Stück durchhauen müssen, ohne Worte dazwischen. Aber, es ist ja schon spät, der fließen die Worte lockerer heraus.
Fö: Der Auftritt ist irgendwie ein bisschen komisch. Ich weiß nicht ob es am Sound lag, wahrscheinlich schon, aber man hat immer mal das Gefühl, dass die Töne in einem ungünstigeren Verhältnis zueinander stehen, als sie eigentlich sollten. Selbst die Ansagen gehen dabei unter, obwohl die bestimmt unterhaltsam sind, aber meistens verstehe ich erst nach dem dritten Satz, worum es eigentlich geht, und dann geht das Lied auch schon los. Immerhin wurden die Ansagen simultan übersetzt, was es aber auch nicht einfacher macht.
poly: Der Sound war mäßig, die Elektronik kaum zu hören, außer am Ende. Das sehr laute Rauschen, was dann kam, hat mich kurz erschreckt. Ich dachte für einen Moment, die Anlage oder auch meine Ohren wären kaputt gegangen.
Fö: ZYMT - voll okay. Wir sind zufrieden, fahren den Rockmodus runter und machen uns auf den Rückweg. Dabei verpassen wir WORST BAND IN TOWN. Passiert.
poly: Obwohl ich vor dem Auftritt von Zymt noch eine kurzes Gespräch mit dem Sänger von Worst Band in Town habe, währenddessen ich ihm verspreche, die letzte Band auch noch anzuschauen, muss ich nach Zymt schnell nach Hause. Ich möchte weder sitzen noch stehen, nur die Horizontale kann es mir recht machen. Um dies an Ort und Stelle zu tun, fehlt mir die alkoholische Aufladung. Es hat mir aber großen Spaß gemacht und allein die Tatsache, dass hier am A. der Welt so viele Leute für ein kleines Punkkonzert zusammen gekommen sind, hat mir Freude gemacht. Dank an die Versagerbande. Auf in den solidarischen 1. Mai. Bumm.

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