The Kurts, Strom Aufwärts, 22.01.2010 in Solingen, Cobra - Bericht von Chris Crusoe
The Kurts, 22.01.2010 in Solingen
Ankunft pünktlich in der Kantine der Cobra. Acht Schleifen kostet der Spaß. Man ist gespannt, ob es das wert sein wird.
Zunächst Irritation. Unglaublich "normales" Kneipenpublikum, BWLer-Fressen und Speisegäste. Die haben doch bestimmt nicht alle Eintritt gezahlt, oder etwa doch?
Stop Laughing! Irgendwie ist die Atmosphere so garnicht konzertig und ich seh auch nicht ein einziges Holzfällerhemd oder sowas. Und auf ein Bier wartet man SEHR lange, sogar wenn man vehement aber höflich am Tresen steht und um Getränke bittet. Ätzend... wollen die unser Geld nicht?
Strom Aufwärts. Aha, es gibt also eine Vorband. Immerhin. Den Eintritt für nur eine einzige Band hätte ich auch mit Wohlwollen nicht gerechtfertigt gefunden. Mal sehen.
Noch bevor die erste Band beginnt, ist die Stimmung recht trotzig. Laden Arsch, Leute Arsch, Getränkeversorgung Arsch. Grummel grummel...
Es geht los. Strom Aufwärts aus Duisburg spielen sehr poppigen Punkrock auf deutsch irgendwo zwischen Farin Urlaub und Blink0815. Sehr melodisch, aber ganz furchtbar glatt und vorhersehbar. Fühle mich an Zapping (Montevideo) nur ohne deren schöne Chöre erinnert.
An Showelementen wie Bill-Kaulitz-Perücken zum Tokio-Hotel-Diss-Lied oder Strohhüten und Blumenketten zum Sommer-Lied wird nicht gespart.
Ein running Gag: das Paar-Sekunden-Lied "Pizza" wird immer wieder eingeflochten und es gibt sogar eine kleine Choreografie. Zu Gute halten muss man dem Quartett, dass sie sich redlich bemühen, Stimmung in die Bude zu bekommen.
Ein Lied darf die junge Dame dann gegen Ende singen. Da regen sich einige der dörfischen Besucher doch noch und zeigen spontan Interesse an der Band. Was für Bauern! Bei vier (!) Sänger/innen in der Band hätte ich etwas häufiger mehrstimmige Parts schön gefunden, und vielleicht auch die ein oder andere pfiffigere Melodie. Naja... Wurst. Immerhin sind noch mehr Fotografen am Start. Die Punkrockpresse?
Die Essen und Trinken-Gäste essen und trinken erstmal unbeeindruckt weiter und nur eine Hand voll Neugieriger stellt sich in die Nähe der Bühne. So richtig was los ist aber irgendwie nicht und die Stimmung wird nicht besser.
Wir haben uns recht bühnennah positioniert, falls es versehentlich doch noch geil werden sollte. Wird es aber nicht und so machen wir Fotos von allem möglichen Unsinn, von uns selbst und trinken schnell und zügig Bier.
Ah, ein altes N.B.T. Plakat. Da werden schööööne Erinnerungen an vergangenen Juli wach... hab auf dem Hinweg eben noch davon geschwärmt.
Nächste Episode an der Theke: "Macht ihr Bananenweizen?" - "Das geht nicht, wenn es nicht in die Kasse programmiert ist." - "Kannst du mir nicht einfach ein Weizen machen und da ein bisschen Saft reinkippen?" - "Dann muss ich dir aber ein ganzes Glas Saft extra berechnen." - "WAS?" - "Ja, das würde ja dann fehlen bei der Abrechnung..." - "*fassunglos* Dann mach einfach ein Kölsch. Und Danke!"
Dann geht es ganz schnell. THE KURTS fangen an und eingangs beschriebene Skepsis und Erwartung wird weggepustet bzw. mehr als erfüllt. Top! Es werden natürlich Nirvana-Songs gespielt und zwar aus allen Epochen. Das hüpft das Herz!
Im ersten Moment halte ich Schlagzeuger Mike für Axel Schulz aber aus der Nähe sieht er natürlich ganz anders aus. Und ein netter Kerl ist er auch, wie ich später feststellen darf.
Sänger Henry macht seine Sache großartig, besonders wenn man bedenkt, mit was für einer Vorlage er zu konkurrieren hat. Absolut überzeugend!
Basser JJ ist ebenfalls ein Bühnensympath. Er animiert das Publikum und verbreitet Freude an der Sache. Wir freuen uns mit.
Auch der Gitarrensound ist authentisch und die Lieder kommen "wie original" rüber. Toll! Einziger, winziger Unterscheidungspunkt im Gesang ist vielleicht das ganz schwach an Scott Stapp erinnernde Timbre, was aber nicht wirklich ein Rolle spielt. Im Gegenteil, wenn man nicht hinsieht ist die stimmliche Ähnlichkeit zum Ur-Kurt wirklich beeindruckend.
Die Band ackert mächtig und bringt eine perfekte Mischung von allen Alben und vernachlässigt auch nicht die Frühwerke der Bleach-Ära.
Stimmung super, fast ein wenig melancholisch an manchen Stellen. Und es gibt Bier von der Band ausgegeben für die Stagediver. Für so einen kleinen Laden ist es doch beeindruckend, dass sich tatsächlich ein kleines Pogo-Rund und diverse Stagediver einfinden.
Alle drei beherrschen Ihre Instrumente vortrefflich und spielen die Nirvana-Songs bis aufs Detail genau. Trotzdem wirkt es nicht bloß "nachgespielt" sondern kommt spontan und enthusiastisch rüber. Man merkt der Band die Liebe zum Vorbild an, und das lässt sämtliche Bedenken und Skepsis verpuffen.
Es wird getanzt, geschoben und gesprungen. Alles wie früher, hehe. Viele singen natürlich auch mit. Ich frage mich, ob das tatsächlich die selben Leute sind wie vorhin, oder ob da noch einige gute Menschen dazugekommen sind. Egal, es macht riesig Spaß!
Fotos machen nicht vergessen vor lauter Freude. Frustus van Wermelsbergen ist der Kopfbedeckungsgewinner des Abends. Später wird er den schönen Hut nur noch abfällig "Asi-Mütze" nennen und tut diesem prachtvollen Accesoir damit sooooo unrecht! Good Hat!
Jule greift sich auch mal für eine Bild meine Mütze zwischen zwei Liedern. Ist wohl Kopfbedeckungs-Zeit. Aber es ist ja auch Winter...also! Trés chic!
Henry zeigt sich im cobainischen Outfit, dafür ganz ohne Kopfbedeckung. Das Ringelshirt und die Chucks habe ich auch... vielleicht geh ich zu Karnval mal als Cobain. Oder als Courtney-Rache-Zombie. Immerhin hat die Olle ihn ja umgebracht oder umbringen lassen oder so. Hoffentlich passiert Henry nichts, fällt mir dabei ein.
Ich kann gar nicht sagen, wie lang die Band spielt, weil die Zeit buchstäblich wie im Flug vergeht. Hängen sich auf jeden Fall vorbildlich rein, die drei.
Vorne ist es doch immer am schönsten. Echt unglaublich, wie sich die Szene in der Kantine der Cobra von eben noch "Arsch" zu jetzt "unglaublich geil" umgekehrt hat. Obwohl die bessere Bierversorgung da natürlich auch eine Rolle spielen mag.
Vom Saufen alleine wird man aber nicht so euphorisch, also muss es wohl doch an der Band respektive an den einfach unbeschreiblich guten Songs liegen. Ich halte Nirvana trotz Hype und allem Drum und Dran immernoch für die unangefochten Geilsten. Zumindest bei mir persönlich drücken die Lieder immer einen Knopf, den sonst nichts drückt.
Frustus trägt zwischendurch in seiner kannibalischen Gesangskunst ein paar Zeilen zum Liedgut bei, um den Heny-Kurt zu entlasten. Überhaupt singen eigentlich alle die ganze Zeit mit. Viel schöner bei solchen Liedern, als im Bierzelt zu Bierzeltmusik. Aber geh'n wir ja auch nicht hin ^^
Ein kleines Weilchen geht es gut, bis er offenkundige Textlücken preisgibt. So sind sie, die Die-Hard-Fans... alles nur halb drauf haben und so.
Alles geil gewesen, alle abgekämpft und glücklich. Wir trocknen noch einen Moment und machen uns dann Richtung Bahn auf den Heimweg.
Irgendwann gegen Ankunft Zuhause bekommt Chris dann aus heiterem Himmel einen Axl-Rose-Depri bzw. Welthass auf alles und geht lieber schonmal heim und lässt seine Laune an einem Zettel aus. Die anderen nehmen noch ein Bier in der Absackeria und kommen dann auch um Schlafplatz und Zettel in Empfang zu nehmen. Morgens ist Chris dann wieder mit dem Planeten versöhnt und freut sich immernoch über das großartige Konzert. :-) Lachsmiley!