Plastic Bomb Party: The Baboon Show, Rasta Knast, Riot Brigade, Abfukk, Hysterese, WolfxDown, Hysterese, 02.06.2012 in Oberhausen, Druckluft - Bericht von Fö
Plastic Bomb Party, 02.06.2012 in Oberhausen
Also dann. Plastic Bomb Party. Druckluft Oberhausen. Wie immer ein formidables Line-Up und da sich, herbeigelockt durch die überwältigende Live-Präsenz der Baboon Show in der vergangenen Woche (z.B. hier) noch viele Leute haben überzeugen lassen, heute spontan und später und ohne Ticket anzureisen, bin ich früh da, um ihnen die Tickets (bzw. Bändchen) schonmal vorab besorgen zu können.
Die Zeit vergeht beim Händchenhalten mit Nat trotzdem wie im Fluge, und so dauerts nicht lange bis zur ersten Band: WOLFxDOWN. Nein, ich habe keine Ahnung, ob man das "x" mitspricht oder ob das nur son stylisches Straight-Edge-Ding ist. xEdgerx xhauenx xsonx xxx xnämlichx xüberallx xhinx. Sowas wie der Heavy-Metal-Umlaut, der bei Deutschsprachigen ebenfalls immer für Verwirrung ob der Aussprache führt.
Nachfolgeband von Skink or Swim. Kenn ich nicht. Musik: Hardcore halt. Also eine dieser moderneren Varianten, ich blick da bei den Unterscheidungen eh nicht durch. Nennt man sowas Beatdown? Wobei die metallischen Einflüsse auch etwas an die gute alte New-Yorker Schule erinnern. Angekündigt werden sie als politischer Vegan Straight Edge Hardcore, ob das nun Stilrichtung ist oder nicht.
Gibt dementsprechend auch ne kurze Ansage darüber, auch als Nicht-Veganer bei den veganen Fressständen was zu probieren, das lecker zu finden und sich vielleicht davon überzeugen zu lassen, zukünftig auf tierische Produkte zu verzichten. Naja, immerhin das Wort "vielleicht" rettet die Band davor, zukünftig als arrogante Gutmenschen-Klischee-Veganer gesehen zu werden.
Meine Meinung: soll jeder essen und trinken was er will. Darf ja schließlich auch jeder Frisuren tragen, wie er will. Ansonsten wissen WolfxDown zu gefallen. Werden gut abgefeiert. Witzig ist ein Sturzbetrunkener (anscheinend gefällt die Musik auch nicht-Straight-Edgern), der konsequent jeden anrempelt, sowie ein Typ, der sogar mal die Windmühle auspackt (bei Violent Dancing ist meine Toleranzschwelle ja ziemlich streng, aber das hier war eher noch harmlos-witzig).
Achja, wer's noch nicht bemerkt hat: Da singt ne Frau - mit nem ziemlich amtlichen Organ. Respekt! Der möchte ich nicht im Dunkeln begegnen. Zumindest nicht, wenn sie mich anschreit. Weil ich grad nen Käfer totgetrampelt habe oder so. Highlight, und damit spielt sich die Band endgültig in mein Herz: Sie spielen "Vaterland" von Vorkriegsjugend, der halbe Saal brüllt mit und ich bin begeistert.
Danach Vaterlands unterste Schublade: ABFUKK! Spielen ja viel zu früh, wenn ihr mich fragt. Aber egal. Asi, Arrogant, Abgewrackt und trotzdem so ungeheuer sympathisch. Deutschpunk mit Hardcore-Sozialisation. So klingt das, wenn man Black Flag mit Kommando Vollsaufen kreuzt - und das, obwohl Abfukk nichtmal Texte übers Saufen haben.
Die Band macht einfach Bock, scheint selbst auch Bock zu haben und rotzt in rücksichtsloser Geschwindigkeit massig Gossenhits auf die Meute. Schön dreckig, aber eben auch versiert und druckvoll dargeboten. Und wie Sänger Marcel über die Bühne wirbelt, ist einfach immer wieder schön anzusehen.
Gibt sogar nen Circle Pit. Mit Ankündigung. Okay, Circle Pits gibts mittlerweile auch auf Konzerten von Billy Talent und vermutlich auch Lady Gaga. Passt hier dann doch etwas besser hin. Das Publikum frisst der Band artig aus der Hand, einige Textsichere brüllen fleißig die Refrains mit, Spaß kommt hier nicht zu kurz.
Was das Konzerterlebnis deutlich abschwächt: Das Hauptmikro hat nen Wackelkontakt und teilweise müssen lange Songpassagen ganz ohne Gesang auskommen. Echt schade. Auch beim meiner Meinung nach stärksten Song der Band, "Keine Kompromisse mehr", wobei hier das mitgrölende Publikum einiges rettet.
Apropos "Keine Kompromisse mehr"! So heißt ja auch die immer noch aktuelle EP. Großartige Scheibe und must-have, sag ich mal! Meiner Meinung nach noch ne ordentliche Steigerung zum Album. Ich freu mich über jedes Lied daraus.
Kurze Standup-Einlage: Der Gitarrist erzählt von einem Freund, dem der Penis tropft, schließlich sehen hier alle so aus, als würden sie sich mit Geschlechtskrankheiten auskennen. Vielleicht sind sie sogar asozial genug, um Abfukks Freunde zu werden. Ja, äh, soviel dazu. Geiler Auftritt von Abfukk, nur die Mikro-Probleme haben den Spaß echt deutlich abgemildert.
Danach: HYSTERESE aus Tübingen! Hm. Ich verweise zunächst mal auf den hier zu hörenden musikalischen Output. Das habe ich im Vorfeld auch getan, hat mich aber nicht vom Hocker gehauen, ließ aber hoffen, dass die Musik live etwas mehr Druck entwickelt.
Ist aber irgendwie nicht so. Zumindest bei mir zündet da nix. Son klassischer Fall, wo alles um mich rum das irgendwie total abfeiert und ich da irgendwie ein wenig daneben stehe. Ist schon irgendwie gut und nett, Punkrock halt, mit Garagencharme, Melodie und mehrstimmigem Gesang (was ja nicht die falschesten Zutaten sind), aber halt unspektakulär.
Aber wie gesagt: Soviel nur meine Meinung. Ist nämlich beachtlich was los vor der Bühne und die Zuschauer sind angetan. Ich Banause, ich. Aber auch die etwas starre Live-Präsenz haut nicht wirklich was raus.
Die nächste Band überschneidet sich, was Gitarrist (der mit der Flying V. Geil!) und Schlagzeuger betrifft, mit Hysterese: RIOT BRIGADE! Wie der Name schon sagt, geht's hier etwas wütender zu. Punk mit Straßenköter-Attitüde, politischem Bewusstsein und der Faust am richtigen Fleck.
So die Ecke Restarts, Anti-Flag, Class War Kids. Zwischendurch auch immer wieder Ansagen, die die Songs erklären, die Szene loben oder Missstände kritisieren, und auch arrogante Gutmenschen-Klischee-Veganer kriegen was zu hören. Musik knallt gut, die Ansagen, obwohl wichtig, mir aber teilweise etwas zu oberlehrerhaft.
Publikum: Mal wieder in totaler Pogo-Laune! Im Gegensatz zu mir sind bei einigen sogar die Lieder einigermaßen verankert, es wird hier und da mitgesungen und ansonsten fleißig mit Körperteilen um sich geschwungen.
Teilweise ist das Publikum auch ziemlich betrunken. Im Eifer des Gefechts fliegt irgendwann sogar ne Monitorbox von der Bühne und dieser junge Herr auf die Bühne, was zu einigen Schmunzlern sorgt. Mehr dazu eventuell in einem Video, das Schoko eventuell in Kürze hochladen wird.
Bereue ja ein wenig, ungefähr die Hälfte des Auftrittes verpasst zu haben, weil's draußen ja auch irgendwie schön ist. Aber egal. Lieber kurz und intensiv als dass es irgendwann eintönig wird. Gute Band, diese Riot Brigade.
Der Höhepunkt dann zum Schluss: Sie covern tatsächlich die Terrorgruppe, und schon als sich die ersten Akkorde heraus kristallisieren, ist kein Halten mehr. "Die Gesellschaft ist schuld" wird dargeboten, großartig! Ich weiß genau es geht wieder schief...
Dann aber: Das Highlight des Abends, auf das ich mich seit spätestens Donnerstag Abend unbändig freue: THE BABOON SHOW! Endlich spielen sie mal im Pott, und die Masse an Leuten, die sich schon Minuten vorm Auftritt vor der Bühne sammelt, spricht wohl für sich.
Ja, wat soll ich dazu noch sagen? Einfach das beste, was in Sachen Musik und Livepräsenz in den letzten Jahren passiert ist. Und ihr Ruf greift langsam um sich, die Freude auf den Auftritt ist einigen Leuten deutlich im Gesicht abzulesen, während andere, die die Band bisher nur vom Hörensagen kannten, von anfänglichen Skepsis ziemlich schnell zu euphorischer Freude wechseln.
Cecilia präsentiert heute neue Schuhmode: Ihre Schuhe haben am dritten Tourtag nen Riss bekommen, weswegen sie jetzt, ganz modisch, mit Tape getragen werden. Sehr stylisch. Aber sicherlich auch notwendig, damit bei Cecilias Turnübungen nicht ständig die Schuhe quer durch den Raum fliegen.
Konzert: Geil! Am Anfang noch etwas zu viel unkoordiniertes Geschubse vor der Bühne, aber nachdem sich das einigermaßen normalisiert (also "normal" für Baboon-Show-Verhältnisse) hatte, stand dem Spaß nichts mehr im Wege. Die Band gibt ihr Bestmöglichstes, und das ist tatsächlich meilenweit über dem, was man sonst so auf den Bühnen dieser Welt sieht.
Zugegeben, der Auftritt in Köln hat mir noch deutlich mehr Spaß gemacht, aber eben auf einem Level, das eh nicht mehr zu toppen wär, also ist auch heute wieder die volle Feierlaune angebracht. Mir fällt auf, dass bei den Mitklatsch-Parts tatsächlich viele Anwesende zu überlegen scheinen, ob sowas noch Punk ist. Mir inklusive. Aber irgendwann reißt es einen trotzdem mit.
Wie gewohnt Hit an Hit (was anderes hat die Band einfach nicht), Setlist ähnlich wie in Köln. Die neue Single "Dancehall Killers" war dabei, ansonsten größtenteils Lieder der "Punkrock Harbour" und vom Bestof-Album. Übrigens, wo wir grad dabei sind: Yakuzzi Tapes bringt in Kürze das Diskographie-Doppeltape in schicker Holzschatulle raus, bestellbar hier und nur noch wenige Exemplare verfügbar!
Stimmt mal wieder alles, ich bin begeistert. Okay, um das etwas abzumildern: Es gab durchaus Leute, die den Auftritt einfach nur "gut" fanden. Aber da bin ich tolerant. Für die Meute vor der Bühne ist das eh egal, die genießt den Moment.
Zwischendurch macht Cecilia sich noch lustig über kranke und sexuell überstilisierte Automaten an Autobahnraststättentoiletten, und auch mit Håkans Aussage, dass sie eine Working-Class-Band sind, gewinnen sie mal wieder die Herzen der Zuschauer.
Vor der Bühne: Chaos. Alle feiern fleißig über dem Limit, die einhellig geforderte Zugabe gerät zum endgültigen Siegeszug, und ich werde fast schon traurig, dass die Baboon Show bald wieder das Land verlässt.
Auf Deutschland-Tour gehts wohl erst wieder im Winter, mit nem kurzen Festival-Ausflug im August, man darf gespannt sein. Ebenso gespannt sein darf man aufs neue Album. Und irgendwie hab ich ja echt Angst, dass die Band bis dahin sowas von durchstartet.
Anschließend: RASTA KNAST! Sind ja im Herzen auch Schweden, wie Gitarrist Martin betont. Also bleibts schwedisch. Zu Beginn hab ich trotzdem leichte Probleme, dem Auftritt etwas abgewinnen zu können, da immer noch zu geflasht von der Baboon Show. Das gibt sich aber irgendwann, als Rasta Knast ihre Hitkeule rausholen.
Die drei Frontmänner wechseln sich wie gewohnt ab am Gesang, was den Hymnen nochmal ne gewisse Eigenständigkeit verleiht. "Wir leben noch", "Katze beißt in Draht", "TV", "Kein Licht" - einfach enorm, was für großartige Punkrock-Kracher Rasta Knast mal wieder vom Stapel lassen.
Auch wenn das meiste Material mittlerweile schon ein gutes Jahrzehnt hinter sich hat. Aber es gibt Hoffnung, im nächsten Monat soll das lang erwartete neue Album "Trallblut" erscheinen und ich bin seeehr gespannt darauf. Einige neue Lieder gibt es heute zu hören, und die klingen genau nach dem, wofür man Rasta Knast liebt: Melodische Hymnen, rau und druckvoll. Geil!
Publikum: Wie man sieht, wird ordentlich gefeiert, aber lange halte ich es nicht vorne aus. Keine Sekunde vergeht, ohne dass irgendwer auf der Bühne steht und nen Stagedive ausführen will, was irgendwann nur noch nervig ist. Ständig fliegen irgendwelche Füße über die Leute, so wirklich auf die Band konzentrieren kann man sich da nicht.
Naja, wat solls. Vielleicht bin ich einfach zu nüchtern für den Scheiß. Konzert ansonsten klasse, dem Publikum merkt man den Spaß an und der Band sowieso. Hatte ja vorher ein klein wenig die Befürchtung, dass Rasta Knast sich etwas totgespielt haben und die Lieder keiner mehr hören will, werde aber eines Besseren belehrt.
Weiter hinten. Jens ist voll in seinem Element - mit Betonung auf voll. Dabei wollte er heute gar nicht trinken! Wir einigen uns darauf, dass Rasta Knast einfach unheimlich gut sind, jedes Lied ein Ohrwurm, alles schön und alles geil.
Auch hier darf die vielfach geforderte Zugabe nicht fehlen, gemeinsam stimmen wir fleißig "Ostberlin" an, und dann ist das Konzert auch schon vorbei. Wow. Fazit: Mit The Baboon Show und Rasta Knast haben wir heute echt mal zwei live absolut überzeugende Bands gesehen! Auch sonst tolle Bands, geiles Drumherum und schön viele bekannte Gesichter bei der diesjährigen Plastic Bomb Party. Fantastisch!