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Toxoplasma, Bluttat, 28.10.2017 in Dortmund, FZW - Bericht von Fö

Toxoplasma, 28.10.2017 in Dortmund

Munterer Deutschpunk-Reigen im FZW! Wie schön, da wird man doch direkt rührselig. Heute spielen Bluttat und Toxoplasma, beides Bands die schon vor meiner Geburt Relevanz hatten. Riecht nach Alte-Leute-Tanztee! Aber ich will nicht lästern, zumindest Toxoplasma haben mich live bisher immer überzeugt, also kann man sich das ruhigen Gewissens mal geben.
Das FZW ist bekanntermaßen kein Punkerschuppen, aber eigentlich freut es mich genau deswegen umso mehr, wenn hier mal Punk stattfindet. Auch wenn der Punk sich den Rahmenbedingungen beugen muss: Wegen der im Anschluss stattfindenden 90er-Party muss das 80er-Konzert um 22 Uhr beendet sein. Heißt also früher Beginn um 20 Uhr. Oder noch früher, wenn man BLUTTAT heißt und lieber früher anfängt als ein zu kurzes Set runterholzen zu müssen.
So weit, so gut! Der Club füllt sich nur zaghaft und insbesondere die vorderen Reihen lassen sich nur erahnen. Dafür staut es sich alsbald hinten umso mehr. Die älteren Leute sind nunmal höflich und lassen vorne Platz für die noch älteren, für Rollstuhlfahrer und sonstwie Beeinträchtigte, für die kleineren und natürlich für die jungen, die noch nicht so viel Punkerfahrung haben wie Generation-Am-Tresen-Stehn und Generation-Auf-Der-Treppe-Lungern. Das Angebot wird aber nicht wirklich angenommen.
Wie auch immer, Bluttat machen das beste draus und Sängerin Atti führt galant durchs Programm, während sie in einer Mischung aus Ruhrpottsprech und Berliner Schnauze Sprüche raushaut und Lieder ansagt. Kommt alles soweit ziemlich erdig und sympathisch rüber, aber die Songs wollen bei mir trotzdem nicht zünden. Aber ich kenne auch außer dem Klassiker "Nötigung" kein Lied, der Rest poltert zwar ganz schön vor sich hin, lässt mir aber keinen Iro sprießen.
Zum Ende hin taut das Publikum dann auch etwas auf (warum nicht gleich so?) und erstmals macht sich bemerkbar, dass hier durchaus Leute sind, die was mit dem Liedgut anfangen können. Auch wenn sich dies vor allem in den Zugabe-Rufen gen Ende manifestiert. Aber wegen dem straffen Zeitplan haben sie da Pech gehabt. Aber dafür scheint die Heizung jetzt auf vollen Pullen zu laufen. Schnell raus in die Kälte...
Als wir den Laden wieder betreten, haben TOXOPLASMA schon begonnen. Achja, straffer Zeitplan, da war ja was! Schnell nach vorne und akklimatisieren. Puh, also, es ist warm hier drinnen, es ist ziemlich gut gefüllt und vorne wird schon ein wenig Ringelreih getanzt. Sehr löblich! Dass sich hinten im Raum und auf der Treppe weiterhin alles staut, muss ich wohl nicht erwähnen. Sind alte Leute, die brauchen halt kurze Laufwege zur Toilette, während sich vorne die Zivis austoben. Achso, Zivis, das gibts ja gar nicht mehr. Mensch bin ich alt. Heutzutage steht das nur noch für "Zivilbulle", oder?
Nach meinen letzten Toxoplasma-Besuchen hatte ich mir jedes Mal vorgenommen, mich auch mal mit den Tonträgern der Band zu befassen. Aber so wirklich verinnerlicht hab ich diesen Vorsatz bisher nicht. Was zum Teil aber auch einfach daran liegt, dass ich kaum noch Tonträger höre, und wenn dann irgendwie lieber von aktuelleren Bands. Die aktuellste Scheibe von Toxoplasma, "Köter", ist mittlerweile immerhin 4 Jahre alt. Die fand ich sogar ganz geil, hab sie trotzdem nicht oft gehört. Ist wohl Musik, die mir live einfach besser rein geht...
Zum Auftritt selbst: Das macht echt Bock! Schön druckvoll, die Band spielt souverän und ohne abgehoben zu wirken, und insbesondere Sänger Wally wirkt agil und kämpferisch wie eh und je. Und ich kenne dann doch erstaunlich viele Lieder, erst recht zum Ende hin, da ist die Hitdichte nun wirklich enorm. "Der Teufel verdirbt die Jugend", "Schwarz rot braun", "Ordinäre Liebe", "Asozial", all das was die Meute so braucht.
Das Publikum auch gut drauf. Einige wohl etwas zu gut, im Sinne von zu tief ins Glas geschaut oder was die sich sonst so reingefahren haben. Schon son bisschen wie im Zirkus, so ne Deutschpun-Show. Pöbelnde Altpunker findet man ebenso wie überdrehte Jungspunde. Größter Fremdscham-Moment, als ein Typ auf die Bühne klettert, um dort seelenruhig Selfies mit Drummer und Sänger zu machen - kriegt aber selbst nicht mehr wirklich mit, dass er zu besoffen ist, um sein Smartphone überhaupt noch bedienen zu können. Achja, die Punx von heute, nech?
Ein Weiterer steht einfach nur gelassen grinsend auf der Bühne rum, setzt sich dann sogar hin - Wally dazu nur ganz trocken: "Soll ich dir noch Tee und Kekse bringen?"
Hier mal das ganze Geschehen aus der Sicht eines normalen Konzertbesuchers. Wie auch immer. Bis auf die paar personifizierten Totalausfälle hab ich absolut nix zu meckern. Energiegeladenes Konzert, guter Sound, euphorisches Publikum, wat willste mehr.
Und schön lange gespielt, wobei es auch durchgehend kurzweilig blieb. So soll's sein. Die Aftershowparty behält uns auch noch ne Weile in ihren Fängen, zumindest länger als der "ein Bier noch"-Vorsatz zu versprechen vorgab, bevor es dann schließlich irgendwann nach Hause geht. Schöner Abend!

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tenpints
(tenpints)
29.10.2017 19:05
Hallo Fö,

ich würde gerne eine Bachelor-Arbeit mit dem Titel "Das geht mir live einfach besser rein - das Musikhörverhalten alternder Punks" schreiben, aber ich bin zu faul für die Empirie. Weißt du zufällig, wie hoch der Prozentsatz dieser Aussage in deinen Berichten ist? Darüber hinaus interessiert mich auch die Frage des Harnverhalt(en)s. Wann müssen Punks nach Beginn zum ersten Mal aufs Klo, wenn sie über 40 sind und vor dem Konzert schon mind. zwei Liter Bier getrunken haben? Und: Können sie es auch ohne schaffen bzw. wenn ja, wie?

Fuck, ich muss auch dringend mal wieder einen Bericht schreiben, glaub ich.

(Fö)
29.10.2017 19:39
ja, schreib mal wieder! Das liest sich als hättest du ganz schön Druck, sowas muss man rauslassen.
marci

30.10.2017 09:22
über 40 jährige müßen einfach häufiger pippi machen. isso.
DER Sascha

30.10.2017 11:43
Das ist Kappes. Mitunter gehe ich - mit einem Bein in der Geriatrie stehend - zum ersten Mal pissen, bevor ich ins Bett gehe. Isso.

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