Fortuna Ehrenfeld, 08.12.2017 in Dortmund, Bibliothek des Dortmunder U - Bericht von Fö
Fortuna Ehrenfeld, 08.12.2017 in Dortmund
Zum Abend geladen hat André, der sich seinen Arbeitsplatz, die Bibliothek im Dortmunder U, in den letzten Monaten ziemlich fein einrichten konnte und hier monatlich Singer/Songwriter, Poetry-Slammer und Autoren vortragen lässt. Und heute eben mal zur Abwechslung ein etwas "bekannterer" Act, zumindest, wenn man Indie mag. André mag Indie und kennt sich vermutlich besser damit aus, was da in den letzten 10 Jahren so raus kam. Auch wenn ich mir manchmal nicht sicher bin, ob er Rotz von Herz unterscheiden kann, heute vertrauen wir mal seinem Urteil.
Die Bibliothek. Es wurde etwas mehr Platz freigeräumt als bei den Feierabendsalon-Veranstaltungen, aber es gibt weiterhin Getränke und durch die Glasfront eine herrliche Aussicht auf die Nordstadt. Wer Höhenangst hat, kann sich mit der herrlichen Aussicht auf ein paar Bücherregale beglücken. Und irgendwo dazwischen: FORTUNA EHRENFELD!
Dabei handelt es sich um ein Trio. Minimalistisch also, was ich per se schonmal gut finde. Der Sänger sieht aus, als hätte er die beiden anderen zufällig zwischen zwei Korn in seiner Stammkneipe gefunden. Wobei, nee, Anfangs, als er in seinem Pyjama und den übergroßen Bärentatzen reintapst, sieht es eher aus, als hätten die beiden ihn Sonntag morgens im Rinnstein gefunden und kurzerhand entführt. Man kann nur zusammenfassen: Da haben sich wohl drei gefunden.
Die Musik ist ziemlich ruhig und ohne nervigen Ballast, getragen von sonorem, teils eintönigem Gesang. Irgendwie entfesselt das ne ganz angenehme Stimmung. Das Keyboard zaubert ganz schöne Melodien dazu, entfacht zusammen mit den Drums aber auch mitunter schön stampfende Kopfnicker-Vibes (bei Bedarf sind auch Hüftschwünge erlaubt). Das hat was, echt! Irgendwie so grob Richtung ClickClickDecker, vielleicht auch Element of Crime. Ohne deren Größe zu erreichen, aber auf jeden Fall erfreulich unaufgeregt. Da muss sich keiner mehr beweisen.
Nachdem der Sänger noch anmerkte, dass er ewig die Aussicht hier genießen und dem Bahnverkehr zuschauen könnte, beginnt es so langsam, draußen zu schneien. Ziemlich geile Art, den Wintereinbruch zu zelebrieren, hier im fünften Stock. Draußen Schneesturm, drinnen Wohlfühl-Indie.
Fortuna Ehrenfeld haben in diesem Jahr ihr zweites Album rausgebracht und so einige große und kleine Konzerte gespielt, Anfang 2018 geht's nochmal auf richtig fette Tour (worüber wir aber noch nichts erfahren dürfen) und so beschloss die Band, den Dezember durch ein paar Wohnzimmerkonzerte zu überbrücken. Praktisch, dass so eine Bibliothek ja auch einen gewissen wohnlichen Charakter hat. Mit ungefähr 30 Leuten ist es hier auch noch ziemlich angenehm gefüllt, keiner tritt sich auf die Füße und alle haben Spaß.
Hauptaugen- und -ohrenmerk natürlich auch auf die Texte, die meist nachdenklich und mit mächtiger Bildsprache wunderbare Sätze fabrizieren. Vermutlich geht es eher um Alltags-Erlebnisse, um so wirklich in die Themen einzusteigen bräuchte ich ein Textblatt. Aber manchmal reichen ja kleine Sätze, um Texten das Attribut "gut" zuzuschreiben.
Dazu herrlich ehrliche Ansagen mit Witz und Charme, die auch mal ein paar Neckereien im Bandgefüge zulassen. Ja doch, kann ich nichts gegen sagen! Denke ich mir so, als plötzlich der Schellenkranz rausgeholt wird. Schellenkränze sind der "Achtung Kind an Bord"-Sticker unter den Instrumenten, da will man doch einfach nur aus Prinzip auffahren! Aber ich halte mich mal zurück.
Diverse Zugaben müssen noch gewährt werden. Heute hat man wirklich den Eindruck, als würde jeder einzelne der Anwesenden das nur aufs Herzlichste begrüßen, und so darf Herr Ehrenfeld am Ende noch ein wenig in die Tasten hauen, bevor wir in die Nacht entlassen werden. Ach, wobei...draußen isses kalt und es sind ja noch Getränke in der Minibar...