Böiler, Linx, Fegyelmezö Részleg, TbOi, 22.01.2022 in Budapest (HU), Dürer Kert - Bericht von Zwen
Böiler, 22.01.2022 in Budapest (HU)
Da ich mich vorsorglicherweise gestern nicht komplett weggeschossen habe, bin ich am Samstag-Morgen fit für eine Wanderung durch die Berge im Umland von Budapest. Ganz witzig ist, dass ich mir um 7:30 Uhr gerade die Schuhe und Jacke anziehe, während Vici gerade zur Tür hereinkommt und etwas von "Zivilbullen" faselt. Hallo und gute Nacht! Ich mache mich also auf den Weg zur Metrostation, wo ich mir ein Ticket an einem rumpeligen Automaten kaufe und mit diesem in die U-Bahn steigen möchte. Hierbei werde ich jedoch von einer Kontrolleurin aufgehalten, die mir in sehr schlechten englisch erklärt, dass mein Ticket nicht ganz richtig entwertet ist und ich jetzt 20€ Strafe bezahlen müsste. Wow, nicht mal 24 Stunden in Ungarn und noch in kein Verkehrsmittel gestiegen, aber bereits "schwarz" gefahren. Cool, macht mir das erstmal nach liebe Punker*innen!
Ab da klappt dann aber alles sehr gut und nach der U-Bahnfahrt hilft mir noch ein sehr freundlicher Busfahrer, mein Anschlussticket vernünftig zu entwerten. Nach ca. 5 Minuten und einer speziellen Faltung durch den Fahrer hört man endlich das bereitwillige "pling" und das Kunststück mit dem Ticket ist vollbracht. In Nomafa und damit dem Start meiner Wanderung angekommen, kann ich erstmal den ganzen heute Nacht gefallenen Neuschnee bestaunen.
Das erste und krasseste Highlight ist der auf Bild 1 zu sehende Aussichtsturm, der tagsüber geöffnet ist und keinen Eintritt kostet. Der 360° Blick von der Spitze ist wirklich richtig gut.
Dann ging es noch etwas weiter durch den Schnee, durch den Wald und an den Hunden und diesem Kollegen hier vorbei. Insgesamt habe ich so knapp 13 Kilometer geschafft, das finde ich wegen Schnee und ohne richtige Wanderschuhe schon okay. An der Unterkunft wechsel ich erstmal meine nassen Socken und laufe dann zusammen mit Vici - die mittlerweile wach ist - eine Runde durch Budapest. Die Stadt ist soweit ganz nett und sehenswert und erinnert mich ganz stark an Wien, aber Wien und Budapest waren ja ganz lang auch ein und dasselbe...und dann kam der Erste Weltkrieg...Idioten, ey...
Nach einer Stärkung, mache ich mich mit genau dieser Bahn auf in Richtung Dürer Kert. Dort findet nämlich das in der Einleitung von mir erwähnte Konzert statt. Gut, dass ich mir mein Ticket bereits Tage im Voraus gekauft habe, heute Abend ist nämlich komplett ausverkauft. Funfact: Dürer Kert ist der einzige Ort, an dem ich meinen 2G-Nachweis vorzeigen muss. Immerhin werden hier mehr Corona -Regeln eingehalten, als z.B. in Albanien, aber das ist jetzt auch nicht soo schwer.
In Budapest richten sich übrigens die Konzerte in erster Linie an Hunde. Das ist sehr schlau, denn Hunde können bekanntlich kein Covid bekommen. Außerdem schreiben Hunde keine Berichte auf Bierschinken. Ich sehe nur Vorteile!
Als ich den Laden betrete, haben TBOI bereits den Großteil ihres Sets runtergezockt. Zu hören gibt es leicht rumpeligen ungarisch-sprachigen Oi!. Die Mitglieder der Band sehen aus wie aus dem Skindhead-Malbuch ausgestanzt. Fleischmützen und Hosenträger lassen grüßen.
Ansonsten kann ich gar nicht so viel über die Band sagen, da ich nicht so viel gesehen habe. Irgendwann singt der Drummer die Backings, wobei jedes Wort wie "Njähnjähnjäh" klingt. Ansonsten habe ich nichts verstanden. Das soll sich aufgrund der Sprachbarriere auch den Rest des Abends nicht mehr ändern.
Nachdem ich endlich meine Jacke and der Garderobe abgegeben habe - Garderobe ist auch so ein Konzept, dass sehr zukunftsfähig und schlau ist - fangen bereits LINX an zu spielen. Die machen Streetpunk.
Die Melodien sind etwas eingängiger als bei der Band zuvor, dafür bewegen sich die Mitglieder dieser Band fast gar nicht auf der Bühne, sondern zocken einfach nur stumpf ihre Songs runter. Das Publikum nimmt es ihnen aber nicht übel. Im Gegenteil, als der Sänger und Gitarrist sich irgendwann ein großes Herz fasst und seine Arme nach oben reißt, macht der Großteil des Publikums es ihm nach.
Beim Publikum staune ich eh, wie textsicher dieses ist. Ich fühle mich hier fast ein bisschen wie ein Zivilcop, da ich logischerweise nichts mitsingen kann. Schade, während der Rest des Saals bebt, macht das den Auftritt für mich persönlich dann doch etwas langweilig und eintönig. Ich hole mir mal noch ein Bier. Hierzu eine Anmerkung: Die Leute in Budapest sind alle sehr gechillt, weshalb man im Restaurant oder in der Bar auch gerne mal etwas länger auf sein Getränk wartet. Ich gehe deswegen grundsätzlich Bier holen, wenn gerade eine Band spielt, weil dann am Tresen kaum etwas los ist. 2-3 Songs verpasse ich aber trotzdem jedes Mal. Hier gewinnt dann das FZW-Personal aber deutlich.
Als ich dann wieder reinkomme liegt die Party zu LINX dann auch schon in ihren letzten Zügen. Skins und Punks singen kräftig mit. Was bleibt sonst so zu sagen? Aufgrund der Sprachbarriere hatte ich leider wenig Zugang zur Band. Immerhin gefallen mir aber musikalisch der schneidend-knackende Basssound und die vom Gitarristen mal hier und da eingestreuten Melodien.
Die nächste Band mit dem wohlklingend Namen FEGYLMEZ RESZLEG hatte mir beim Reinhören am besten gefallen. Scheinen wohl auch von den vier Bands heute Abend die politischste zu sein. Der Gitarrist hat direkt mal ein Moscow-Death-Brigade-Shirt an.
FEGYLMEZ PRESZLEG sind mir sehr sympathisch. Nicht nur, dass sie politischen Punkrock machen, im Gegensatz zu allen anderen Bands am heutigen Abend, verstehe ich jetzt auch mal was, so kann ich endlich (!) bei "Internationale Solidarität" gepflegt mitgrölen auch auch das "A-Antifascista" geht sehr gut von den Lippen. Ansonsten wirkt die Band v.a. wegen des sehr versierten Drummers Sanyi deutlich professioneller als die Kombos, die zuvor gezockt haben.
Ansonsten scheint heute besonders Sänger Donát richtig Bock zu haben. So läuft er immer wieder über die Bühne, reißt die Arme herum und hält das Mikro auch gerne mal in die Menge. Dass immer mal wieder Leute zum Stagediven auf die Bühne kommen, scheint ihn zusätzlich zu erfreuen.
Dann der Headliner BÖILER, die ich konsequent nur Böller aussprechen werde. Machen ehrlichen Oi!-Punk, auch wenn der Bassist 1:1 aussieht wie Alligatoah. Stimmung ist astrein, Hunde wie Menschen rasten nochmal komplett aus.
Hatte ich noch überlegt die letzte Bahn zu nehmen, entscheide ich mich jetzt bis zum bitteren Ende zu bleiben und zu Fuß zu gehen. Ich brauche gut eine Stunde, es ist bitterkalt und direkt an der Donau begegnet mir ein Fuchs, aber wann sieht man schon mal eine Oi!-Band mit einer Flying V-Gitarre? Der bekannteste Song der Band ist übrigens diese Hymne auf die Stadt an der Donau. Lokalpatriotismus kann und muss man kritisieren. Ich finds jetzt aber nicht so dramatisch, dass es mir den Abend vermiesen kann. Tatsächlich konnte ich den Song aus dem restlichen Programm auch gar nicht raushören.
Ich möchte hier nochmal die Textsicherheit des Publikums hervorheben. Wahrscheinlich hätte man heute zu jeder Zeit jede*n der hier Anwesenden auf die Bühne holen können (außer natürlich mir) und es wäre nicht ein Ausfall dabei gewesen. Großen Respekt an diese Szene.
Natürlich wird noch ordentlich Zugabe gefordert und natürlich wird bei dieser auch erstmal die Bühne gestürmt.
Durchgefroren und total kaputt erreiche ich dann irgendwann so gegen halb 3 die Unterkunft. Das Konzert war natürlich nicht ganz pünktlich zu Ende, in Budapest lässt man sich halt noch Zeit für die guten Dinge. Vici kommt ca. 2 Stunden später und faselt irgendwas davon, dass sie jetzt auf der Fahndungsliste von INTERPOL stünde. Nun gut, wir müssen so oder so um 8 Uhr wieder raus. Das Wochenende ist schließlich vorbei und wir müssen wieder zurück in den Ruhrpott. Bis auf die unnötigen Nahverkehrs-Buletten war es wirklich ein toller Trip. Hoffentlich übernehmen Fluggesellschaften in Zukunft auch den innerstädtischen Nahverkehr, dann wird alles besser!