The Sensitives, 08.10.2022 in Augsburg

Mein Wecker klingelt heute früh, da jedoch Samstag ist und ich eh Ferien habe, kann Arbeit nicht der Grund sein. Stattdessen geht es nach Augsburg. Abgesehen von einer langen Flixbus-Fahrt sind das ziemlich gute Aussichten. In Augsburg werde ich mich nämlich mit den Sensitives treffen, die wiederum gerade aus Prag kommen und dort eine absolute Chaos-Show gespielt. Noch chaotischer wurde es dort wohl nur am heutigen Tag, als die Cops mal eben den Laden komplett mit SWAT-Team, Hunden usw. geräumt haben, aber dies ist nicht unsere Geschichte. Unsere Geschichte beginnt um 8 Uhr am Dortmunder Hauptbahnhof und hat eine Stunde Umstiegszeit am Stuttgarter Flughafen. Da diese neun Stunden der Reise eher unspektakulär sind, erspare ich sie euch und springe lieber direkt zu dem Part, wo mich der Flixbus auf einem Park+Ride-Industrieparkplatz am Rande des Augsburger Stadtgebiets ausspuckt. Nachdem ich das lokale Ticket-System ausgiebig studiert habe und mich der Prof. von und zu Nahverkehr mit einem summa cum laude und einem Einzelfahrschein entlässt, geht es auch schon mit der Straßenbahn in Richtung Provino Club. Eigentlich sollte das Konzert ja in der Ballonfabrik stattfinden. Eine Location, die nun auch schon wieder etwas länger auf meiner Bucket List steht. Aufgrund eine versehentlichen Doppelbelegung soll es jedoch zumindest heute dort nicht klappen. Naja, den Provino-Club habe ich auch noch nicht gesehen, was jetzt nicht unbedingt überraschend ist, schließlich war ich bis dato auch noch nie in Augsburg.

Am Provino angekommen, stelle ich fest, dass es sich um eine Kegelbahn handelt. Den Raum durchziehen, einem Catwalk ähnlich, erhöhte, länglich durch den Raum laufende Holzplattformen. Im Vorfeld wurde sich nicht mal die Mühe gemacht, die Kugeln und die Pins wegzuräumen...oder die Menschen in Augsburg können sich im Gegensatz zu Zuhause einfach benehmen. Trotzdem sehe ich die Gefahr von Knochenbrüchen bzw. Verstauchungen befeuert in erster Linie durch erhöhten Alkoholkonsum und Hindernisse im Raum. Egal, dafür sieht's hier cool aus.

Eigentlich sollten heute als erstes die Bloodstrings spielen, mussten aber aufgrund von Erkrankung des Drummer leider absagen. Spontan eingesprungen sind die Jungs aus dem lokalen Skatepunk von THE INNOCENT PROSTITUTES.

Bereits jetzt hat sich die Kegelbahn ganz gut gefüllt und zwischen Bahn 2 und 3 wird auch ganz gut abgezappelt. Musik ist so leicht prolliger Skatepunk mit Oi!-Anleihen. Ich fühle mich irgendwie stark an die Lünener von Meals On Wheels erinnert. Auch hier gibt es schnelle Songs mit nicht immer allzu ernsten Texten, wie das Lied über die gescheiterte Beziehung zu einem Skinhead-Mädchen und ein oder zwei Lieder zum Thema Saufen gab es auch zu hören.

Der Auftritt ist dementsprechend auch manchmal ganz unterhaltsam, manchmal zum Fremdschämen und generell ist vieles an der ein oder anderen Stelle noch ausbaufähig. Wenn man aber einfach nur ein Bierchen trinken will und dazu Pogo tanzen möchte, dann sind die Innocent Prostitutes (abgesehen vom beschissenen Namen) wirklich eine gute Wahl.

Im Anschluss gehen die Lichter aus für THE SENSITIVES. Heilige Scheiße, warum ist es denn jetzt so dunkel in diesem Laden?! Egal, dafür heizen Martin, Paulina, Magnus und zwischendurch auch immer mal wieder Johanna an den Keys so richtig schön ein!

Ansonsten frage ich mich gerade, was denn in diesem Medium noch nicht über die Band geschrieben wurde. Wie kann man denn nur so eingespielt sein und dabei auf der Bühne noch so abgehen?! Aber das wurde hier bereits öfters erwähnt.

Der Sound ist heute aufgrund der Location etwas matschig und besonders die Becken scheppern ordentlich, das will aber niemanden so richtig stören. Außerdem an dieser Stelle ein großes Lob an den Soundmenschen, der wirklich alles aus dem Pult rausholt, was rauszuholen ist.

Trotz der Konkurrenz-Veranstaltung in der Ballonfabrik ist der Provino Club sehr gut gefüllt. Ich vermisse ein wenig die Weinkarte und ihre Kenner*innen, aber dafür vernichten die Anwesenden jede Menge lokales Bier.

Am Ende gibt es dann noch "Kick A Hole In The Sky", was zunächst als verrückte Rock'n'Roll-Jamsession dargeboten wird und dann zum gewohnten Mitgrölen und Ausrasten animiert.

Hier nochmal fürs zu Hause mitpogen. Den erwähnten Anfangsteil habe ich mir mal geklemmt. 4 Minuten sind aber ja auch wirklich mehr als genug für eure Aufmerksamkeitsspannen.

Am Ende gibt es dann noch ein bisschen Abtanzen zu Musik aus der Dose, wobei sich die Menschen, denen man die Macht über die Musik übergeben hat, nicht wirklich einig werden können, zumindest werden die wenigsten Songs mal komplett laufen gelassen. Am Ende werden dann die noch verbliebenen Besucher*innen ordnungsgemäß aus der Location gekehrt, während wir unser Nachtlager beziehen dürfen. Ganz lieben Dank an dieser Stelle an Anna, Tis und Nachwuchs. Das war alles schwer korrekt!

Weiter geht es von Augsburg aus nach Leipzig auf den Wagenplatz. Ein verrückter Ort, der aussieht wie die Kulisse eines postapokalyptischen Action-Films inkl. Black Metal Soundtrack über die Lautsprecher-Anlage. Aus Respekt vor Bewohner*innen ist dies das einzige Foto, was ich gemacht habe. The Sensitives spielen heute als erstes, damit alle die lange Fahrt gen Norden so einigermaßen gut überstehen. Danach spielen noch zwei Bands. Die Band danach hatten einen merkwürdigen Namen mit "K" den ich jetzt aber nicht mehr auf die Kette kriege, wussten mir aber sehr gut zu gefallen. AZ-Deutschpunk mit Wechselgesang und laut Paulina auch die erste Band mit Frauen, mit denen sie sich auf dieser Tour die Bühne teilen. Eigentlich wollten wir alle nur mal kurz reinhören und dann abdüsen. Im Endeffekt gefällt es uns aber so gut, dass wir uns das komplette Set anhören. Zu hören gibt es nicht nur politische Songs, sondern auch einen Song, dessen Refrain nur aus den Worten "Hase tot!" besteht. 1A Unterhaltung, genau wie die sportliche und sehr ausgedehnte Zigarettenpause der Drummerin.

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