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Dying Victims Attack Tag 2: Hexenbrett, Megaton Sword, Hexecutor, Nocturnal, Venator, Armory, Karloff, Toronto, Sex Mag, 15.04.2023 in Essen, Turock - Bericht von Matt Greasejar

Dying Victims Attack Tag 2, 15.04.2023 in Essen

Dying-Victims-Labelfest in Essen, die Zweite. Nachdem gestern zu Black(ened)/Speed/Heavy/Thrash-Klängen von fünf Bands das Don't Panic zerlegt wurde, gibt es heute einen Musik-Marathon mit neun(!) Bands im benachbarten Turock. Das kann natürlich in puncto Atmosphäre (und Getränkeauswahl) nicht mit dem intimen Punkerclub nebenan mithalten. Aber es passen halt ungefähr drei mal so viel Leute rein, und ein Festival dieser Güteklasse rechnet sich nur über genug verkaufte Tickets; do the math... 
Für Freunde des bodenständigen Rumasselns ist dennoch gesorgt. Der Veranstalter empfiehlt den Plattenladen Yeah! Records schräg gegenüber zum Vorab-Treffen, und für den Fall, dass das jemand zum Vorglühen nutzen könnte... lässt er extra zehn Kisten Hansa rankarren. So geht Streetcredibility. In der Jazz- und Blues-Abteilung komme ich schnell mit attraktiven älteren Herren ins Gespräch, aber die wollen natürlich wieder nur mit mir knattern.
Nachdem der schönste Lehrer im ganzen Land zur Reisegruppe gestoßen ist und mit einem Ticket versorgt wurde, geht's rüber ins schon am frühen Nachmittag respektabel gefüllte Turock, wo Sex Mag aus Byton in Oberschlesien den Opener machen.
Die Jungs mögen, wie man sieht und hört, den ganz alten, thrashigen Black Metal von Venom, Bathory und Hellhammer, aber auch okkulten Heavy Metal a la King Diamond.
Der Pogo-Mob braucht etwas mehr Warmlaufzeit als Tags zuvor im Panic. Andererseits... kerr, es ist halb vier. Dafür ist die Stimmung dann doch schon ganz gut.
Es folgen Tø​ronto. Speedmetal aus Göteborg/SE und, wenn man dem Bekloppten B. glauben darf, die erste Band, die man unbedingt sehen muss. 
Biertrinken ist wichtig, ...
... Haareschütteln aber auch.
Für mich ist das eher grundsolide-plus. Da haben mir Sex Mag mehr gegeben. Aber das Niveau ist heute halt auch durchgehend hoch; da landen Kapellen, die man bei einer Clubshow gefeiert hätte, schon mal unter "haben auch gespielt". [Fun Fact: Während ich das hier schreibe, läuft das aktuelle Album der Jungs, und ich frage mich ernsthaft, was es daran nicht abzufeiern gab. Vielleicht hatten sie live nicht ihren besten Tag.]
Das würden wohl auch einige Leute über die Metalpunker Karloff aus Oldenburg sagen. Keine aufwändige Bühnenshow, wenig Variationen in Tempo und Stimmlage, wer mag sowas schon... also, außer den ganz wenigen Leuten, die z.B. Motörhead, Ramones, Mayhem oder Wolfpack mögen...
Ernsthaft: ich hatte nach den Platten und kurzem Reinhören im viel zu vollen kleinen Raum der Markthalle beim Hell Over Hammaburg sehr hohe Erwartungen, und bekam genau das, worauf ich gehofft hatte. Einen angeschwärzten, punkigen und auch irgendwie crustigen Dampfhammer, der von Anfang bis Ende einfach nur durchhämmert. 
Und wie das so ist, bei Bands, die einen so richtig mitreißen: Man stellt hinterher fest, dass man kaum spektakuläre Fotos davon hat. Zum einen, weil es gar nicht so viel Spektakuläres zu fotografieren gab; die Jungs haben halt Rock'n'Roll gemacht und nicht Kirmes.
Und zum anderen, weil man kaum von der Tanzfläche weggekommen ist. Denn zu Karloff bricht zum ersten Mal an diesem Abend der Pogo-Mob los. Wobei "Abend" relativ ist; ein nachträglicher Blick auf die Running Order verrät mir, dass es gerade mal halb sechs am Nachmittag war. Egal.
WAHNSINNHÖLLEHÖLLEHÖLLE! 
Nach kurzer Trinkpause gibt es wieder Speedmetal aus Göteborg, diesmal von Armory. 
Ist es das niederknienswerte Auftreten mit Neon-Schweißbändern und Hank-Turbonegro-Gedächtnisplautze, oder bin ich zwei Stunden und ein, zwei Bier später einfach in Speedmetal-tauglicherer Stimmung?
Jedenfalls weiß dieser Auftritt mich dann doch ziemlich mitzureißen.
"Prolls und Außerirdische, vereinigt euch", hat ein Dieter-Nuhr-Imitator aus Wattenscheid mal gefordert, als er noch ein relevanter Punksänger war. Armory erhören diese, von der Person losgelöst, völlig nachvollziehbare Forderung. Sehr gut!
Es folgen Venator aus der oberösterreichischen Abdreher-Metropole Linz, siehe auch gestern Eisenhand und heute Hexenbrett. Vom wohl bekanntesten Band-Spross dieser Stadt gibt es ganz klassischen Heavy Metal, wie mit der Zeitmaschine aus den 80ern rüber gebeamt. Essen, acht Grad, Regen, die Spandexhose sitzt. Und die Fellstulpen über den Cowboystiefeln des jungen Wolle Petry am Mikro ebenfalls.
Das Album Echoes From The Gutter wurde jetzt schon zum zweiten Mal nachgepresst und dürfte einer der erfolgreichsten Outputs von Dying Victims sein. 
Entsprechend heftig kocht die Halle mittlerweile. Venator geben der Meute, was sie braucht.
Natürlich sind sie mit ihrer schnauzbärtigen Breitbeinigkeit ein bisschen drüber. Aber "genau darum geht's doch im Metal - drüber sein" merkt ein begeisterter Kollege an. Ja gut, da hat er irgendwie auch wieder Recht.
Stagediver fliegen im Sekundentakt in die Menge, Fäuste werden gereckt, viele grölen textsicher mit. 
Jeden Tag könnte ich mir diesen Sound nicht geben, aber in der Qualität, wie Venator ihn rüber bringen, ist das schon was feines.
Nach dieser Lehrstunde in Sachen Power Metal wird es wieder schwärzer. Hexecutor aus Rennes/FR sind mit dem Satan und dem frühen Quorthon im Bunde. 
Es wird also wieder ein bisschen dreckiger. Habbich kein Problem mit. Die vielen Kuttenträger im Turock auch nicht.
Breitbeiniges Posen ist allerdings auch hier weiter angesagt. Jau, guter Auftritt, allerdings setzen bei mir langsam erste Anzeichen von Übersättigung ein.
Dem schönsten Lehrer geht's ähnlich, und da sich bei ihm auch so langsam der Rücken meldet, verabschiedet er sich noch vor dem Auftritt von Megaton Sword.
Die Schweizer bringen zumindest mal wieder Abwechselung rein. Epischen Powermetal im Stil von Visigoth, Eternal Champion und frühen Blind Guardian hatten wir heute noch nicht. 
Wer bei Burgen, Drachen und Barbarenkriegern auf dem Plattencover nicht die Flucht ergreift, wird von Megaton Sword auf technisch höchstem Niveau bedient.
Dem Großteil des Publikums gefällt's, Mir eigentlich auch, aber meine Neugierde auf die Live-Umsetzung dieses Stils ist damit auch fürs Erste gesättigt.
Da sind Nocturnal, vorletzte Band des heutigen Abends, schon eher meine Tasse Bier. Die wurden 2000 im schwäbischen Rosenfeld gegründet und spielen angeschwärzten Thrash Metal im Stil von frühen Sodom, Kreator, Destructuion oder Desaster.
Mit "Tyranizer" hatten sie von 2008 bis 2015 als eine der ganz wenigen Bands in diesem Genre auch eine Sängerin, die zum Beispiel auf dem Album Violent Revenge zu hören ist. 
Das hätte ich gern mal live gesehen, kann aber auch nicht sagen, dass Nachfolger "Invoker" seinen Job schlecht machen würde. 
So langsam kommt vor der Bühne auch wieder Pogo auf. Überhaupt ist das Publikum erstaunlich fit dafür, dass mittlerweile Band Nummer acht auf der Bühne steht. 
Mir hätte das heutige Programm ja auf zwei Tage verteilt noch ein bisschen besser gefallen (ableistisches Boomershaming bitte in die Kommentare). Aber die letzten Bands zu verpassen, ist halt auch keine Option. Schon gar nicht, wenn der Headliner Hexenbrett heißt.
Die kommen, wie Eisenhand und Venator, aus Linz und bringen den Abdreher-Faktor in noch mal ganz andere Sphären. Angeblich steckt hinter den Platten das Pärchen Josto Feratu und Scarlettina Bolétte, während live ganz andere Musiker zu sehen und zu hören sind.
Äh... nee. Der Gesang - übrigens vom Schlagzeuger - ist dann doch sehr erkennbar der selbe wie auf dem Album
Sphärische Keyboard-Teppiche und gezielt eingesetzte Samples tragen die düstere Atmosphäre der Songs - aber Hexenbrett widerstehen der Versuchung, daraus die technisch problemlos mögliche Halbplayback-Show zu machen, wie es im Black Metal viel zu oft passiert.
Apropos Black Metal - im weitesten Sinne geht das, was sie machen, wohl als genau das durch, orientiert sich aber eher an den Anfängen des Genres, zitiert gerne mal okkult-schwermetallische Vorläufer wie Mercyful Fate / King Diamond und treibt ganz allgemein die Kauzigkeit auf die Spitze.
Ansagen gibt's nicht, stattdessen wird vor jubelndem Publikum ein Song nach dem anderen abgefeuert. 
Und so unvermittelt, wie alles angefangen hat, ist es dann auch zu Ende: Fast schon abrupt beenden Hexenbrett ihren letzten Song und kehren in die Anonymität zurück. 
Zugaben gibt's nicht, und das ist auch gut so, denn nach der regulären Spielzeit war alles gesagt und kein Rockstarzirkus mehr nötig. Da darf sich so manche Punkrockband gerne ein Beispiel dran nehmen!
Jau, das war's dann also mit dem ersten Dying Victims Attack. Jedenfalls für mich; die Aftershowparty schaffe ich nicht mehr. Publikum und Veranstalter waren zufrieden; in Lokalzeitungen würde man jetzt "voller Erfolg" schreiben. Nächstes Jahr soll's eine zweite Auflage geben, und das ist auch gut so. Gerne wieder mindestens einen Tag im kleineren Don't Panic, und wegen mir gerne mit etwas weniger Bands als den neun, die sich am heutigen Samstag die Klinke in die Hand gegeben haben. Aber das sind Luxusprobleme.

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