Snuff, Dan Ganove, 24.02.2024 in Oberhausen, Zentrum Altenberg - Bericht von der Redaktion
Snuff, 24.02.2024 in Oberhausen
24.02.24, 6:12 Uhr: Ich werde schweißgebadet wach. Meine Vorfreude auf meine "one and only band, aside from ABBA" scheint mir die eh nicht gerade allzu gut funktionierenden Sinne jetzt auch schon nachts zu vernebeln. Und zwar ging der Traum so: Ein Raum, komplett bestuhlt. Die Reihen reichen von der Vorder- bis zur Hinterwand, von der rechten bis zur linken. In Reihe eins eine weiblich gelesene Person, die ohne instrumentelle Unterstützung lautstark singt. Und dann wird über unseren Köpfen eine schwangere Frau, die zusätzlich ein Baby um den Oberkörper geschnallt hat, mit diesem nach unten hängend, über unsere Köpfe getragen. Die Arme der sitzenden Träger:innen sind lang genug, damit dem Baby nichts passiert. Chair Diving sozusagen. Und dann werden es immer mehr. Wer hätte denn ahnen können, dass der Abend genauso endet? Aber der Reihe nach. Anreiseformalitäten heute: Meine Bahn hat eine Minute Verspätung! Eine Minute! Was man in der Zeit alles machen kann! Ansonsten wenig zu berichten. Eigentlich war vorher noch der Besuch eines anderen, eher konspirativ ausgerichteten Konzertes geplant, aber das wurde genauso konspirativ abgesagt wie angekündigt. Leider ergibt sich dadurch für mich die Möglichkeit, mich etwas früher als ursprünglich geplant auf den Weg nach Oberhausen zu machen.
Hab irgendwo kürzlich gelesen, dass ein typischer Bierschinken-Bericht daraus bestehen würde, die Vorband zu verpassen. Das stimmt doch gar nicht! Ich versuch meistens, mir alle Bands anzuschauen. Was sich selten als Fehler herausstellt. Außerdem halten sich weiterhin die Gerüchte, bei Bierschinken würden immer alle Bands verrissen. Auch da sehe ich absolut keine Evidenz für. Trotzdem, um diese Ausführungen mal zusammen zu fassen: Ich wünschte, ich hätte die heutige Vorband verpasst.
Vorband ist natürlich übertrieben, es ist nur eine Person, und zwar DAN GANOVE. Er vereint alles, was ich an Singer/Songwritern kacke finde, und mischt es gekonnt mit allem, was an Fun Punk scheiße ist. Achja, und er covert sehr viel. Die meisten Coverbands find ich übrigens auch scheiße. Er ruft zum Mitsingen auf (mega unangenehm), die Witze und Sprüche sind zum Fremdschämen, und er spielt viel zu lang. Bevor sich jemand beschwert: Das ist alles natürlich nicht meine persönliche Meinung, sondern Resultat einer Vielzahl von objektiven Studien, die wir bei diversen unabhängigen Forschungsinstituten in Auftrag gegeben haben. Ist also einfach nichts dran zu rütteln, oder wollt ihr als Wissenschaftsgegner*innen dastehen?
dickstinction.com
Wir rätseln außerdem, was da auf seinem Shirt steht. Also, irgendwas mit Dickpic oder? Aber was fürn Zeichen ist da unter seinen Wursthaaren? Bestimmt alles sinnbildlich für seinen Humor, klar. Der Transparenz halber: Ich hab Dickpics auch mal fürn Witz gehalten, bis mir irgendwann gewahr wurde, dass das gar keine urbane Legende ist sondern ein real existierendes Problem. Trag doch beim nächsten Mal lieber ein Shirt von
Okay, ich glätte auch mal: Ja, natürlich gibt es auch Singer/Songwriter, die ich gut finde. Vielleicht sogar Funpunk-Bands, da fällt mir bloß grad kein Beispiel ein. Ähm ja. Ich versuche mal die Wogen ein wenig zu glätten (was sich selbstverständlich nicht auf das Dickpic-Thema bezieht). Zu einer Gegenrede wird es dennoch kaum reichen, daher die Betonung auf "versuche". Die Stimme ist eigentlich ziemlich geil und es gibt so einige Singer/Songwriter, die ich richtig gut finde, z.B. Chester Bingley oder James Bar Bowen, um nur mal zwei zu nennen. Das hier erinnert mich allerdings mehr so an Altenheim-Bespaßung. Da werden Songs angestimmt, dann schweigen Sänger und Gitarre und das Publikum soll weitersingen. Das alles auf dem Niveau respektive mittels Songs wie z.B. "Always Look on the Bright Side of Life". Puh. Zugegeben: Das Publikum ist in Teilen heute überraschend sehr alt und erinnert hier und da an Inhaber:innen von Theaterabos, die dann halt zu jeder Aufführung gehen, egal was dargeboten wird. Aber es waren doch wirklich noch genug andere da...
Unterm Strich war das leider so gar nicht meins und der Laden wird sich über einen erhöhten Alkoholverkauf während dieser Zeit sicher gefreut haben. Und wenn es nur durch mich war. Ein Humor, der so gar nicht meiner ist, Songs die so gar nicht meine sind, gepaart mit Animationen, die ich persönlich ganz schlimm finde. Aber solange es dafür Abnehmer:innen gibt, liegt es mir sehr fern, eine Daseinsberechtigung in Frage zu stellen. Ich frage mich nur, was so ein Vorprogramm hier und heute (und bei den anderen aktuellen Snuff-Acoustic-Shows in Berlin und Bonn) zu suchen hat. Obwohl große Teile des Publikums die Darbietung mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen (in welchem Verhältnis aus Überzeugung vs. aus purer Freundlichkeit entzieht sich meinem Wissen), kippt in der allerletzten Reihe (also noch eine Reihe hinter uns) gegen Ende des Sets die Stimmung und "Buuuh, verpiss dich!"-Rufe kommen auf. Allerdings auch nur von einer Person, sofern ich das mitbekommen habe.
Ich auch, haha. Dann SNUFF! Und zwar Snuff mit einem Akustik-Set im Rahmen einer kleinen 3-Konzerte-Tour, die sie gestern ins ausverkaufte Bonner Bla und heute ins eher mäßig gefüllte (aber auch deutlich größere) Zentrum Altenberg führt. Überhaupt, das Publikum heute. Gefühlt mehr Leute, die wegen "Acoustic Show" da sind als wegen Snuff. Aber immerhin senke ich den Altersdurchschnitt.
Akustik-Album rausgebracht, das habe ich gar nicht mitbekommen oder ignoriert. Die Besetzung aber eigentlich, soweit man das bei dieser Band beurteilen kann, ist die aktuelle Bandbesetzung inklusive Saxophonistin Flo Redmonds, die aber heute Cello spielt. Und Duncan hat das Schlagzeug verlassen, um vorne die Akustikgitarre zu bedienen. Also alles ein wenig bunter gemischt! Weitere Besonderheit: Duncans Stimme ist heute etwas angeschlagen, weswegen die Backings von Bassist Dan etwas mehr in den Vordergrund kommen.
Ich steh da als "Überfan" - auch wenn ich das Wort Fan im Musikkontext so gar nicht mag - natürlich mit Gänsehaut. Snuff haben kürzlich ein
Ich steh da als "Überfan" - auch wenn ich das Wort Fan im Musikkontext so gar nicht mag - natürlich mit Gänsehaut. Snuff haben kürzlich ein
Wenn Flo ihr Cello schwingt, wird damit der Raum dermaßen imposant gefüllt, dass ich vollkommen ins Schwärmen gerate. Schade, dass ich davon keine vernünftigen Fotos habe, so dass ich diesen albernen Retrofilter drüber legen muss, damit es überhaupt irgendwie rüberkommt. Flo ist übrigens eine von drei Redmonds. Ihr Vater Dave bedient sonst die Posaune (heute auch, gelegentlich plus Trömmelchen), während Duncan ihr Onkel ist.
Und doch schreit mein Körper, denn er will bei dieser Band, bei diesen Songs, natürlich immer in voller Ekstase total krass mitwippen und wartet darauf, dass es "losgeht", also so aus seiner Sicht. Dazu ist so ne Acoustic-Show natürlich nicht wirklich gemacht. Und dennoch ist es wunderschön.
Manchester auch gebracht haben und bei denen das eine absolut großartige wilde Schellenkranz-Party wurde, dagegen ist es heute harmlos.
Die Band ist ja eigentlich noch viel größer. Eigentlich spielen heute nämlich ALLE mit, nachdem Orgelist Lee eine Ikea-Tüte voll mit Rasseln, Schellen und anderen Krimskrams ans Publikum verteilt. Es gab sogar ein Shake-Ei und eine Banane! Er selbst spielt, neben Keyboard, ganz virtuos den Salatkopf. Das ganze Gerassel vor, neben und hinter mir nervt teilweise, kommt aber auch manchmal ganz gut. Ich fühle mich an Stöj Snak erinnert, die das letztes Jahr in
Ich kann mich dem eigentlich nur anschließen und freu mich, dass ich heute nicht derjenige war, der den Bericht gestartet hat. Denn so kann ich die Tastatur ein wenig schonen, denn Fö hat eigentlich schon alles gesagt, respektive geschrieben. Ich fand das super, klasse Arrangements und fantastische Gesangslinien oder wie das alles heißt. Perfekt wäre es gewesen, wenn nach 10 Minuten Pause das ganze Set plus X nochmal so richtig eingestöpselt dargeboten worden wäre. Gerne mit ein paar weiteren Zuschauer:innen, die genau darauf Bock haben. Ich muss zugeben, ein voll verstärktes Programm wäre mir dann doch lieber gewesen, auch wenn ich auf diese Form der Darbietung gespannt war. Zu den positiven Seiten zählt auf jeden Fall, dass vieles an Musikalität und gerade die mehrstimmigen Gesänge in diesem Setting überhaupt erst richtig zur Geltung kommen. Auch ihren Witz und die Spontanität haben Snuff nicht verloren, der Entertainment-Faktor kommt jedenfalls nicht zu kurz!
Der Vollständigkeit halber auch noch ein Bild von Loz, auch wenn er sich geschickt hinter einem Mikrofon versteckt hat.
Von mir aber, allerdings nur in Form von weiteren Fotos und zwar hier.
Gute Nacht! Zugabe gibt's nicht, is' ja ne Punkband. Sehr gut!