Jörg Buttgereit, 07.05.2024 in Stuttgart

Bierschinken goes Hochkultur: Im Rahmen seiner Lesetour zur Autobiographie "Nicht Jugendfrei - Tagebuch aus West-Berlin" gastiert Jörg Buttgereit in Stuttgarts einzigem Metal Club, dem Schwarzen Keiler. Bekannt wurde Buttgereit hauptsächlich durch die Klassiker Nekromantik 1 und 2, sowie dem episodischen "Der Todesking" und dem Serienkiller-Portrait "Schramm". Da er auch der Berliner Punk-Ursuppe entstammt, ist das Event durchaus ein passendes Thema für Euer Online-Fanzine Nr.1 - gehört doch z.B ein gewisser D. Felsenheimer zum Freundeskreis des Regisseurs und Autors und taucht auch in einigen seiner Filme auf. Auch eine Doku über das SO36 geht auf sein Konto - sehr empfehlenswert. Buttgereits letzter filmischer Output ist schon eine Weile her. Aktuell kümmert er sich hauptsächlich um neue Ausgaben des Comics "Captain Berlin", Theaterstücke und seine Arbeit als Autor und Kritiker.

Es handelt sich um keine klassische Lesung, sondern einen recht freien Vortrag, ergänzt durch Filmausschnitte und Fotos. Zur Einstimmung gibt es einen Trailer zu einer Doku über Super-8-Heimkinofilme von Eberhard Nuffer, die hoffentlich bald mal rauskommt. Ist ein richtig schönes Nerd-Thema und Jörg Buttgereit kommt auch drin vor - passt also sehr gut und sieht vielversprechend aus. Der Film ist schon einige Jahre in Arbeit und wohl ein echtes Herzensprojekt. Ich bin gespannt.

Der Keiler ist positiv gesagt "gemütlich" - mensch kann ohne Probleme von einer Wand zur anderen spucken. Trotzdem bemerkenswert, dass die Veranstaltung ausverkauft ist. Schließlich ist Dienstag und ein Konzert isses ja auch nicht. Schön für die Veranstalter und Jörg B. auf jeden Fall.

Die Leute in der ersten Reihe werden ihre Platzwahl noch bereuen, stellt sich doch heraus, dass ihre Rüben genau vor dem Beamer sind, was zu recht unbequem anmutenden Sitzpositionen führt. Ich sitze hinten auf nem Barhocker (was ich im Laufe des Abends noch bereuen werde) und habe bis auf die paar Kabel ganz gute Sicht.

Zur Einstimmung gibt es einen Trailer zu einer Doku über Super-8 Heimkinofilme von Eberhard Nuffer, die hoffentlich bald mal rauskommt. Ist ein richtig schönes Nerd-Thema und Jörg Buttgereit kommt auch drin vor - passt also sehr gut und sieht vielversprechend aus. Der Film ist schon einige Jahre in Arbeit und wohl ein echter Herzensprojekt. Ich bin gespannt.

Dann betritt "Butti" endlich die Bühne. Letztes Jahr kam die Autobiographie raus und seither tingelt er durch die kleinen und großen Venues. Eine "richtige" Lesung wird das heute nicht - eher so ein freier Vortrag. Find ich auch spannender, lesen kann ich das Buch schließlich auch alleine. Er geht chronologisch vor und ergänzt den Vortrag mit vielen Privatfotos und zeigt auch einige seiner Kurzfilme. Musik spielt in seinem Leben ebenfalls eine große Rolle. Wir dürfen somit auch der musikalischen Sozialisation von Morricone über Queen und Kiss bis schließlich zum Punk folgen.

Sehr persönlich ist die Langzeitbeobachtung über seinen Vater bis zu dessen Tod (" Mein Papi") geraten. Ein Foto seines Papis ziert übrigens auch eine Platte von Soilent Grün und wurde für die DÄ Single "Morgens pauken" wiederverwertet. Dank seiner sehr sympathischen und lockeren Art hält Buttgereit die Stimmung immer oben. Schonungslos ehrlich, auch was das eigene Schaffen betrifft. So zeigt er auch "Blutige Exzesse im Führerbunker" - den einzigen Film, den er von Youtube hat löschen lassen, "weil er einfach so schlecht ist". Kleiner Tip für Interessierte: Er ist dort doch wieder zu finden.

Ein großer Teil nimmt natürlich sein bekanntester Film ein: Nekromantik , sowie dessen Nachfolger. Immer noch provokant und mit schwarzem Humor garniert, wird sich hier dem dem Thema Nekrophilie genähert. Einfach toll die ganzen Hintergrundgeschichten direkt vom Regisseur zu hören zu bekommen. Ich habe gelernt, dass man ein günstiges Skelett in den Kleinanzeigen bekommt und man Schlachtabfälle doch besser in Formaldehyd einlegt, statt kostensparend nur in Wasser. Bin gespannt, wann ich das Wissen mal brauchen kann.

Der letzte Teil widmet sich den Begegnungen seiner Karriere mit diversen Stars und Promis aus dem Bereich des phantastischen Films. Denn irgendwann wurde aus der ganzen Underground-Filmerei sowas wie eine Karriere. Leider hat er dem Medium Film (fast) abgeschworen. Als Theaterregisseur, Kritiker und Comic-Autor (Captain Berlin) ist Buttgereit aber noch wie vor schwer beschäftigt. Auch schön zu sehen, dass er immer auch Fan geblieben ist, wenn er strahlend von seiner Godzilla Sammlung erzählt oder eben viele Schnappschüsse mit Ray Harryhausen, Dario Argento oder anderen Helden präsentiert.

Zum Schluss gibt's noch eine kurze Gesprächsrunde. Einige rennen zur Bahn oder zum Bus oder flüchten sich kurz raus, da die Luft inzwischen echt zum Schneiden ist. Ich warte noch brav am Büchertisch und lasse mir mein Buch signieren. Super unterhaltsamer Abend! Jörg Buttgereit ist einfach ein toller Erzähler und brennt nach wie vor für alles was mit Trash, Horror, Comics und sonstigem abseitigem Kram zu tun hat. Sein Buch ist genauso unterhaltsam und liest sich super locker weg.

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