Fucking Angry, Masche 3000, 24.05.2024 in Bonn, Kult 41 - Bericht von maks
Fucking Angry, Masche 3000, 24.05.2024 in Bonn
Vielleicht bin ich sogar vom Medium Fanzine genervt, so wie wir es kennen und lieben oder - in meinem Fall - vielleicht auch nur noch "mal geliebt haben". Ich fühl mich in dem ganzen Kontext derzeit irgendwie nicht mehr so "zu Hause", wie es mal war, auch wenn es durchaus progressive Nischen gibt, die ich natürlich schon sehe und wo ich gerne mitgehe. Aber die Müdigkeit ist derzeit irgendwie größer. Dabei bin ich als endless privilegierte Person nicht einmal betroffen (bezogen auf den ersten Absatz). Wie muss es da erst den anderen gehen, die so viel Energie in ihre Kämpfe stecken und soviel Gegenwind und Gehate ertragen müssen.
Vielleicht ist es aber auch die Summe aus vielen Kleinigkeiten, inklusive eigenen Baustellen, die gefühlt auch nicht weniger werden. "Jammern auf hohem Niveau", ja, natürlich, zumindest was das Punkding angeht und meine eigene Person. Ist aber halt meine Lebensrealität. Und wird hoffentlich auch wieder anders. Für Selbstmitleid reicht es zum Glück nicht, weil ich muss ja nicht jeden Scheiß mitmachen und überall dabei sein, und das Leben ist zum Glück viel mehr als das.
Aber warum sollte es in der Punkszene auch anders sein, als im Spiegelbild Gesellschaft ansich? Hach ja, gähn, das Spiegelbild. Ach ja, weil "wir" ja deswegen Punks sind oder Teil dieser "Szene", weil wir eben nicht so sein wollten wie "Die". Klappt leider nur noch in vereinzelten Ecken, weil Punk eben auch oft konservativ (gähn?!) ist und viele sich auf das "früher" berufen. "Punk stand schon immer für blablabla". Hatte ich heute eigentlich schon gegähnt? Das Wort "reaktionär" ist mir selten so oft durch den Kopf gesprungen, wie in den letzten Monaten. Oder sind es inzwischen sogar Jahre?
Es ist doch überall der gleiche Scheiß: Überall wo sich jemensch (etwas) mehr engagiert, als der Rest, fühlen sich Teile dieses "Restes" direkt angegriffen und gehen zum Gegenangriff über. Auch wenn es vorher gar keinen Angriff in dem Sinne gab. Es reicht das Erwähnen einer sozialen Überzeugung, die andere nicht tragen. Oder noch schlimmer: Die ganz persönliche praktische Umsetzung, die andere nicht mitgehen. Oft eben auch ohne das auch nur anzufragen, geschweige denn einzufordern. Mein Paradebeispiel ist da immer Veganismus, denn selbst innerhalb derjenigen, die sich zu diesem Verzicht bereits entschieden haben, gibt es dieses Phänomen. Fragt ein vegan lebender Mensch im sozialen Netzwerk in einer Gruppe in aller Sachlichkeit und Neutralität, ob in einem angepriesenen Lebensmittel Palmöl drin ist, kommt wie auf Kommando der Vorwurf, mensch würde Veganer:innen in "bessere und schlechtere" unterteilen wollen. Obwohl es nur ne Frage ist, um für sich selber eine "Kauf-Entscheidung" (haha) zu fällen.
Bist du irgendwie irgendwo aktiv oder hast für dich entschieden, gewisse soziale Themen umzusetzen, musst du damit rechnen, zur Angriffsfläche zu werden. Du kannst Dinge noch so vorsichtig ansprechen, einfach nur erwähnen, bestenfalls als Gedankenanstoß, und schon musst du mit Gegenwind und Anfeindungen rechnen. Alleine dein Entschluss für dich alleine, selbst ohne andere zu kritisieren, führt häufig dazu, angegriffen zu werden. Bloß nicht mehr machen, als dein (digitales) Gegenüber. Das ermüdet zunehmend, auf so vielen Ebenen. Aber genau das ist ja auch oft so gewollt.
Ich weiß, zu weit ausgeholt. Sorry fürs Ertragen müssen. Daher zurück zum Punk(t): Und wenn dann doch der Arsch irgendwann platzt, weil es nicht mehr anders geht, wenn es um Diskriminierung, Chancengleichheit oder ähnliches geht, weil das ewig währende Anrennen gegen Windmühlen in aller Freundlichkeit über lange, lange Zeit nix gebracht hat, dann kommt das in einer verletzenden Vehemenz zurück, dass die Ohren wackeln. Und dann fragste dich wieder, wofür Punk denn wirklich steht: Für 1:1-Abbildungen von früher, obwohl die Welt sich weiter gedreht hat? Oder um Intentionen wie Gleichheit, die sich dann doch zwangsläufig an die sich weiter drehende Welt orientieren müssten? Am Ende vielleicht auch einfach nur noch um Musikgeschmack, natürlich objektivem.
Ja, dafür, dass ich eigentlich nur ein Bildchen im Monatsrückblick hochladen wollte, ist das doch schon wieder viel zu viel geworden und hat so gar nix mit dem Konzert zu tun. Manchmal müssen Dinge dann wohl auch dahin, wo sie halt noch weh tun. Und manchmal kommen beim Schreiben solche Gedanken halt, da kommste von Hölzken auf Stöcksken und Dinge kommen an die Oberfläche und gehen ganz automatisch in die Tastatur über. Auch wenn wir vom Thema inzwischen wohl Meilenweit entfernt sind. Offtopic nennen Profis sowas und das ist natürlich auch immer ein tolles Argument, um sich nicht mit Themen beschäftigen zu müssen. Reicht jetzt trotzdem.
FUCKING ANGRY (inzwischen ohne Sternchen an Stelle des "U") nehmen einen besonderen Stellenwert in meinem aktiven Punkdinx ein. Als ich sie vor Jahren das erste mal im AKZ Recklinghausen gesehen und gehört habe, war ich nach wenigen Minuten fest entschlossen, ihnen so lange hinterher zu rennen, bis sie sich "freiwillig" dazu entscheiden, ihr erstes Album auf meinem damaligen DIY-Label namens RILREC heraus zu bringen. Das hat zum Glück tatsächlich geklappt und die Zusammenarbeit war mit die beste, die ich während meines 10jährigen Schaffens dort erleben durfte. Wer mal ein Label gemacht hat, weiß sicher, wie anstrengend es ist, wenn das nicht alles - zumindest halbwex - Hand in Hand geht. FUCKING ANGRY sind noch immer auf RILREC, welches inzwischen von meiner Freundin Tüddel viel besser gemacht wird, als ich es je gemacht habe. Das gerade erschienene Album "STILL FUCKING ANGRY" wird dermaßen abgefeiert, dass es mich mit ganz viel Freude erfüllt. Das gönne ich Tüddel und diesen durch die Bank mega sympathischen Band-Members sowas von! Entsprechend muss ich mich heute auch nur bei einem Socken motivieren und spätestens als ich zur Übergangsjacke greife, fange ich an, Bock auf den Abend zu kriegen.
Das sind MASCHE 3000 und die spielen heute ihr drittes Konzert, was nur schwer zu glauben ist. Alleine was die Sängerin für eine Bühnenpräsenz und positive Ausstrahlung hat, ist schwer beeindruckend. Das einzige, womit manche "alte Punks" (wie z.B. ich) wohl weniger anfangen können, sind die Animationsbestrebungen (mitsingen etc.) und die gibt es hier in überdurchschnittlichem Maße. Macht aber gar nix, solange viele da Bock drauf haben und das ist trotz des überraschend hohen Altersdurschnitts hier durchaus der Fall. Nur die Frage, ob wir Bock hätten, uns jetzt mal alle auf den Boden zu setzen (Grund war ein ruhiger Song und nicht dieses Hochgespringe) oder eher nicht, wurde mit ein paar Kopfschüttlern beantwortet. Ich werte das Stellen dieser Frage mal als Mitleid hinsichtlich erwähnter Altersstruktur im Publikum.
Zugegeben: Die Bühnenpräsenz kommt angesichts der innerhalb einer Zehntelsekunde entstandenen zwei Fotos (mehr hab ich nicht gemacht), nicht so ganz rüber. Aber das täuscht. Die Band macht riesigen Spaß, die Texte sind witzig, politisch und feministisch ("Alte Männer zum weinen bringen."). Punkrock, wie ich ihn mir in 2024 wünsche. Bitte mehr davon und danke dafür!
Pause. Jetzt aber echt mal setzen, aber auf einen Stuhl bitte. Ein Relikt ganz alter Tage weist mir den Weg.
Und dann FUCKIG ANGRY. Und es ist wie immer eine riesige Freude. Soviel Energie, so druckvoll, mega!
Das Set ist perfekt gemischt aus alten und neuen Songs. Heute ist offiziell eine von vier RECORD RELEASE SHOWS und Bonn ist Heimspiel, denn bis auf Schlagzeuger Gabriel sind alle Members (inzwischen wieder) hier zu Hause. Die anderen drei Gigs finden in Köln, Berlin und Hamburg statt. Für letzteren (am 22.06.) gibt es noch ein paar Restkarten und zwar hier.