Xtreme Fest Tag 2: Aerial Salad, Descendents, MakeWar, Moscow Death Brigade, Zebrahead, Guilt Trip, Johnny Carwash, Monde de Merde, Old Time Spooks, 27.07.2024 in Le Garric (FR), Cap Decouverte - Bericht von Dr_Lü-Ken_moderiert
Xtreme Fest Tag 2, 27.07.2024 in Le Garric (FR)
Unten am Strand gibt es zum Glück Sonnensegel und Schirme. Aus Gründen der Gewichtseinsparung habe ich nur eine Notlösung in Form einer ultraleichten Plane dabei und könnte mir ein Mini-Tarp daraus bauen. Ein wenig Wind reicht aber schon aus, um diese Lösung zum Problem werden zu lassen. So kann ich Schwimmen gehen und danach vor den Mörderstrahlen der Sonne fliehen. Das kommt dann auch bei der ersten Band des Tages zum Tragen. Old Time Spook zum Zweiten! Dieses Mal sogar mit Anlage. Und auch heute wieder richtig guter Eindruck. Live geht diese Musik für mich total auf. Punk mit schaurigen Texten über Sex mit Leichen?!. Ich verstehe aber nicht alles. Mein Spanisch reicht dazu nicht aus.
Dann irgendwann wieder hoch zum Gelände. Das Timetable hat sich verschoben und so habe ich etwas Zeit zum Herumlaufen. Hier zu sehen das Zelt vom Awarenessteam in der Mitte des gesamten Geländes am Eingang zur Hauptbühne. Die Menschen sind jederzeit auf dem Gelände und Campingplatz unterwegs. Sie sprechen alle Menschen an und fragen, wie es ihnen geht. Ich komme auch mehrmals mit ihnen ins Gespräch, einfach nur um ein bisschen zu quatschen. Sie besprühen alle, die möchten, mit Wasser, denn es bleibt auch um zehn Uhr teilweise noch unglaublich heiß. Sie verteilen Gehörschutz bis in die ersten Reihen des Festivals. Und nach dem Ende der Shows gibt es Madeleines am Ausgang und Kaffee und Kondome gratis. Ich bin auch Tage nach dem Festival noch total beeindruckt von dieser Umsetzung. Mein Eindruck von meinen Konzerten ist oft, dass Menschen gerne Pogo tanzen und die Energie ausleben würden, sich aber manchmal nicht trauen, aus meiner Sicht eine Mischung aus Unsicherheit, Zurückhaltung, Scham sowie Angst vor der Ansprache durch das Awarenessteam. Hier existiert aus meiner Perspektive nichts davon. Es ist so, dass Menschen völlig eskalieren, aber stets in einem Rahmen, der für mich den Eindruck macht, dass es für alle okay ist. Vorne wildester Pogo (unter größtmöglicher Rücksichtnahme), hinten stehen Menschen, die nichts damit zu tun haben wollen. Rohe Gewalt wie für viele okay, ruhiges Konzerterleben wie für viele okay. Und verhandelt und gesichert von Awareness-Menschen. Ich bin sehr überzeugt von dieser Art. Einfaches Dasein und Ansprechen von allen, präsent sein, wenn etwas ist und Räume lassen. Richtig gut.
Monde de Merde, der Hardcoreopener des Tages für mich. Heute Morgen haben mir zwei Franzosen erklärt, dass sich sich die Band nach einem populären Canal+ Film benannt hat. Von Pop ist bei der Musik nichts zu spüren. Bei Spotify klangen sie noch sehr melodisch für mich, hier gibt es aber eine amtliche Steigerung zugunsten des Hardcore. Die krasse Energie der Sängerin* färbt auf das Publikum ab. Stark.
Dann MakeWar aus Brooklyn, New York mit teilweise kolumbianischen Wurzeln. Irgendwie waren sie mir untergekommen, weil sie bei Fatwreck unterschrieben hatten. Musikalisch sagte die Band mir aber nichts, bis ich auf dem Rad in die Playlist zum Festival gehört habe. Schöner glatter Punkrock, ein bisschen poppig, ein bisschen Hot Water Music Anleihen. Tolle Show, sympathische Band. Das haut mich nicht völlig aus den Latschen, aber diese Form von Musik tut gerade sehr gut.
Ich verlasse MakeWar ein paar Minuten vorher, um mir noch etwas zu essen zu kaufen. Es ist inzwischen 19:30 Uhr und es gelingt mir von den Temperaturen wieder, an Essen zu denken. Es gibt veganen Burrito. Zum Glück nicht scharf. Dabei beobachte ich die ersten Minuten vom Set von Aerial Salad, meinem absoluten Favoriten der Playlist. Parallel spielen noch Who I Am. Die hätte ich auch gern gesehen, aber die Entscheidung war sehr eindeutig.
Aerial Salad sind eine junge Band aus Manchester. Melodischer Punk, ein bisschen Grunge. Das holt mich total ab. Die Energie der Jungs, die Energie der Songs, die Nähe zur Bühne. Absoluter Hammer für mich. Leider nehmen die ganzen Baguette schon so viel Raum ein, dass ich keine Platte mitnehmen kann. Für ein Shirt reicht es gerade noch. So viel Platz muss sein auf dem Rad. Menschen, die Flussradwege fahren, gucken schon ganz pikiert wegen meines ganzen Gepäcks. Und wie ich überhaupt packe. Ich schweife ab. Ich empfehle Virtue, Romance? und Lazy sowie Alone Forever. Die Songs begleiten mich später noch viele Kilometer auf ADFC-Flussradwegen.
Es folgen Moscow Death Brigade. Zu dieser Band gibt es wahrscheinlich nicht mehr viel zu schreiben. Live eine Wucht. Wie sie es in ihren Jogginganzügen aushalten, ist mir ein absolutes Rätsel. Stark.
Polnischer Melodic Hardcore. Kannte ich bislang nicht. Gefallen mir ganz gut. Haut mich aber auch völlig aus den Latschen.
Es folgen Zebrahead. Hatte ich länger nicht mehr auf dem Zettel. Die ersten drei oder vier Alben fand ich mal ganz okay. Heute habe ich nicht mehr viel für sie übrig. Das ist mir zu viel Rockshow. Einzig die Roadies* rechts auf der Bühne gefallen mir. Sie haben ein Mikro und singen die Background-Gesänge.
Ich schaue mir danach nicht die Band Guilt Trip im Käfig an (Hardcore der ganz prolligen Sorte). Nichts für meinen Geschmack. Stattdessen schaue ich Johnny Carwash. Ein lockeres Surftrio mit positiver Stimmung.
Zum Schluss Descendents. In Dortmund zuletzt noch verpasst, hier Headliner des Festivals. Ich bin ein bisschen in Sorge, ob ich die Band live noch gut finde, oder ob sie schon zu sehr in die Schublade Altherrenpunk gehören.
Meine Sorgen stellen sich als unbegründet heraus. Die Band gefällt mir total. Sie spielen eine Stunde (eh einfach eine fantastische Länge für Festivals und Konzerte). Sie bringen eine tolle Setlist mit und spielen direkt als viertes meinen Lieblingssong Bikeage. Große Freude. Auch das Tempo ist wie gewohnt hoch. Kaum oder knappe Ansagen. Ich bin überzeugt.
Abschluss Disco im Bowl, DJane Lou Strummer. Auch dieses Konzept holt mich da ab, wo ich gerade stehe. Oder tanze. Und damit ab zurück ins Studio (mein Zelt). Bis morgen!