CHUB, Bozos, Colour of Bone, 16.09.2024 in Bristol (UK), The Exchange - Bericht von Gerdistan
CHUB, 16.09.2024 in Bristol (UK)
Aufgrund der Tatsache, dass Random Hand sich aus dem Grab erhoben haben und sich selbst zu Ehren in London ein zweitägiges Festival veranstalten, zieht es mich auf die Insel. Damit sich die lange Zugfahrt auch lohnt, fahre ich aber fast eine ganze Woche früher los und gucke mir noch andere Orte an. Zunächst mal: Bristol. In der Nähe von Bristol wohnt ein Freund von mir auf einem Bauwagenplatz. Er macht aktuell leider Heimaturlaub in Österreich, aber bewaffnet mit seinen besten Ausgehtipps gucken wir uns das Städtchen (naja, fast 500k Einwohner:innen) am Fluss Severn an. Nah genug am Meer, dass es Möwen gibt.
Und auch ansonsten ne Menge zu sehen, bspw. Originale-Banksys, Museen und Banksys in Museen. Die ganzen Museen umsonst, da kann man sich mal ne Scheibe von abschneiden!
Wie der Zufall so will, landen wir am Anreisetag in einem schönen Pub, auf dessen Klo ein Flyer fürs Konzert am Montag hängt. "Wow, was für ein Glück" denkt man sich, man ist an einem Montag in der Stadt und genau da findet ein Konzi statt, aber - in diesem Exchange ist so gut wie jeden Tag was, manchmal sogar mehrere Sachen. Unglaublich.
Am Sonntagabend besuchen wir zunächst mal das BASE, einen linken Infoladen am Stadtrand von Bristol, denn dort kochen heute die MENSTRUAL CRAMPS, eine Band, die dem geneigten Manchester-Besucher nicht unbekannt ist. Heute spielen sie aber nicht, sondern kochen halt nur vegan für alle, die Lust haben. Es gibt Chili, Cornbread, Reis, Salat und zum Nachtisch noch Crumble mit Custard. When in Rome, do as the romans do! Zunächst müssen wir mal rausfinden, wie wir die Spende fürs Essen entrichten können, denn Bargeld kriegt man am Automaten nur mit absurd hohen Aufpreisen. Glücklicherweise hat der Laden aber eine Paypal-Adresse und so überweise ich ihnen 13,12 £ - dieser Gag kommt auch recht gut an. Wie es in linken Läden so üblich ist, gibt es zur angegebenen Zeit natürlich noch nichts, weshalb wir die Möglichkeiten des Obergeschosses untersuchen. Neben Werkstätten für Fahrräder und Stencil-Druck hat man hier auch eine gigantische Bibliothek mit anarchistischer Literatur und sonstiger linker Theorie, gut sortiert und ausleihbar. Wahnsinn. Sogar ein Regal mit Kochbüchern gibt es, in denen die Rezepte mit "man schneide 10 kg Zwiebeln" anfangen. Das Publikum ist bunt gemischt, zugegebenermaßen gehören wir noch zu den normaleren/spießigeren Leuten, aber das ist doch auch mal schön. Das Essen schmeckt, besonders das Cornbread gehört hervorgehoben. Dann wieder mit dem Doppeldeckerbus zurück in die Innenstadt und ab ins Bett. Es folgt: Montag.
Nach einem Tagesausflug nach Cardiff (das ist in Wales) trinken wir erstmal zwei Bier von Lidl in einem Park unweit der Location. Das ist in England oft verboten, aber ich gebe zu, dass ich das an diesem Montag einfach vergessen habe. Man sieht zwar niemand anderen Bier trinken, aber zahlreiche Leute mit Joints laufen vorbei. Überhaupt laufen viele Leute vorbei, denn es ist Mitte September und in England sind strahlende 22° über Null. Die ganze Woche! Geil.
Im Exchange angekommen - die Tickets hatten wir noch schnell online gekauft, um 2 £ zu sparen - stehen schon ein paar des üblichen Klientels vorm Laden. Schnell Bier geholt - mit 7 £ für zwei Pint inner Dose so ziemlich das günstigste auf der ganzen Reise - und ab in den Keller. Ein Herr mit Vollbart und Iro steht an der Kasse, erklärt uns aber, dass wir auf jemand anderen warten müssen, weil er nicht weiß, wie das hier alles geht. Da kommt dann auch jemand und nach wenigen Minuten fängt die lokale Supportband BOZOS an. Der Raum ist winzig, die Anlage laut, obwohl der Gitarrist "nur" über den Tiny-Terror-Amp von Orange spielt. Aber es gibt gratis Ohrstöpsel.
Die BOZOS sind drei Jünglinge aus Bristol, die viel zu viel Motorhead gehört haben und uns ziemlich metallastigen Punkrock um die Ohren klatschen. Aber geil, die haben richtig Bock und blasen einem ne halbe Stunde lang den Boden unter den Füßen weg. Irgendwann auch der Sänger sein T-Shirt. Und irgendwer aus dem Publikum darf auch mal ans Mikro.
Danach kurz raus, frische Luft, vom 7 £-Angebot Gebrauch machen und wieder nach unten. Jetzt erklärt sich auch, warum der Herr vorhin am Einlass nichts mit unseren Tickets anfangen konnte - es ist der Sänger von CHUB aus Brighton. Die sind jetzt sogar zu viert, Gitarre, Schlagzeug, Bass, Gesang - und eine Samplemachine, über die Simpsonszitate und ähnlicher Quatsch abgespielt werden.
Die Band spielt Partymetal und könnte gut als Vorband von Insanity Alert herhalten. Zunächst wird sich am Thema Lohnarbeit abgearbeitet: "quit your shitty job and tell your boss to fuck off" - ein schmissiger Refrain. Mit "poo on the job" geht's nochmal in dieselbe Kerbe, bevor es mit "Carolina Reaper" auch um scharfe Chilischoten geht. Man kann bei jedem Lied nach kurzer Zeit mitsingen und die ca. 25 Leute im Raum haben auch mächtig Spaß, besonders die zwei freiwilligen, die vor der "Bühne" (ich bin mir nicht mehr ganz sicher, entweder war die 5 cm hoch oder ganz ebenerdig) Bierbong saufen durften. Der Abschlusshit ist dann die Ballade von Microwave Dave, leider konnte ich mir die Geschichte danach nicht mehr erzählen lassen.
Während unten dann die ersten Klänge von COLOUR OF BONE erschallen, die eher so nach Post-Grunge anmuten, lassen wir den Abend aufgrund des langen Tages auf dem Sofa in der Hostellobby ausklingen.
Toller Konzertladen, interessante Stadt. Bristol, gerne wieder!