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Boysetsfire, Strike Anywhere, Michael Rudolph Cummings, 01.10.2024 in Berlin, Huxleys Neue Welt - Bericht von matsch

Boysetsfire, 01.10.2024 in Berlin

Als mich die Kunde ereilt, dass Strike Anywhere wieder in Berlin spielen, will ich mir sofort ein Ticket organisieren und verschiebe das dann doch auf später. Sie spielen nämlich als Support von Boysetsfire für doppelt so viel wie im letzten Jahr. Das Abwägen beginnt, am Ende gewinnt die vorhandene Sympathie für Boysetsfire und ich überrede mich mit dem Argument, dass es ja diesmal auch zwei Bands sind (und ein weiterer angekündigter Support). Außerdem habe ich durch die grundsätzlichen Preissteigerungen ein bisschen die Orientierung verloren, was angemessen ist und was wuchert. Hier veranstaltet Landstreicher Konzerte, wird also mutmaßlich im Rahmen sein. Durch mein langes Zögern hole ich mir die Karte erst an der Vorabendkasse, indem ich die Anreise zum Huxleys mit einem Abstecher bei der wunderbaren Koka36 verbinde. So schlendere ich schon kurz nach Einlass über das Tanzparkett des ehemaligen Bierpalasts. Hoffentlich füllt sich das noch, ausverkauft war es ja vor einer halben Stunde noch nicht.
Kurzer Blick zum Merch, an dem vor allem Bekleidung feilgeboten wird. Später wird Boysetsfires Nat Gray auf einen neuen Song hinweisen, der am Merchtisch via QR-Code ausliegt und auf einer digitalen Split mit All Else Failed enthalten ist, mit deren Verkauf für einen an Krebs erkrankten Freund (Gene Shaw) Spenden gesammelt werden.
Pünktlich um acht bummelt ein bärtiger Pennsylvanier auf die Bühne. Er stellt sich als Mike vor, der Geschichten erzähle. Michael Rudolph Cummings steht auf dem Banner und seine mit tiefer Stimme gesungenen von einer akustischen Gitarre begleiteten Songs erinnern mich an einen Australier, der mit ähnlichem Setup dunkelschöne Stücke vorträgt. Countryesk bluesige Folkmusik vom Weihnachtsmann. William Crighton heißt die australische Referenz, habe ich grade nochmal im CD-Regal recherchiert.
Mike ist auf jeden Fall glücklich, Teil der Tour zu sein und für seine Freunde* zu eröffnen. Auch glücklich stimmt ihn ein Avail-Shirt und eins einer Metalband im Publikum. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat er mal bei Avail gespielt oder mit Leuten von Avail. Ebenso mit oder bei der Metalband. Passend dazu spielt er in einem Song den Refrain vollverzerrt. Der erste Durchlauf irritiert mich, beim zweiten finde ich es witzig und am Ende sogar irgendwie gut.
Strike Anywhere eröffnen mit "We Amplify". Unerwartet guter Sound, spitzen Energie und erstaunlich viele Songs, die mir nicht bekannt vorkommen. Ich muss allerdings gestehen, dass ich die in den 2000ern eher so nebenher gehört habe und auch im letzten Jahr die Clubshow im Badehaus ziemlich unvorbereitet besucht habe, danach aber begeistert war. Erstaunlich viel Platz auch vor der Bühne. Die meisten sind dann wohl für Boysetsfire gekommen. Bei mir ist es eher umgekehrt. Ich schwinge das Punkbein.

Thomas und Co schaffen es trotzdem ziemlich direkt, fünf bis zehn Leute zum Pogo zu animieren. Zwischendurch auch mehr als das. Vor der Bühne kein Vergleich zur Clubshow im letzten Jahr, auf der Bühne aber genauso energetisch und wütend melodisch.
Der Schlagzeuger war beim letzten Mal spontan als Ersatz eingesprungen, diesmal ist er wieder dabei. Die Punx wirken eingespielter und offerieren eine halbe Stunde auf den Punkt melodischen Hardcoreskatepunk. Vielleicht auch länger, ich habe nicht auf die Uhr geschaut, was ja immer ein gutes Zeichen ist.
Viel Bewegung und die Scheinwerfer bringen meine Smartphonekamera an ihre Grenzen.
"We try
To defend
Together Together!"
Hier ließe sich prüfen, warum ich so viele Songs meinte nicht zu kennen. Habe mich aber geirrt, eigentlich hätte ich zumindest melodiensicherer sein müssen. Vielleicht hat der Bühnengraben was verschluckt.

Umbau, Stille, Musik vom Band, Boysetsfire!
Ohne mich je ausführlich mit der Band beschäftigt zu haben, war eine Grundsympathie und die Tomorrow Come Today in der heimischen Sammlung vorhanden. Die ersten Takte lösen direkt Bewegung aus.
Die Band klingt frisch und heavy. Diesen Sound habe ich lange nicht mehr gehört und vergessen, wie gut er tut. Die gedroppten Gitarren riffen sich durch "After the Eulogy" und "Cavity". Beim dritten Song stellt sich die erste Gänsehaut ein. Ich bin völlig überrascht, dass ich "Requiem" vollständig mitschreie und erinnere mich, dass der mal, über eine Visions-/Slamzine-/WasimKleinstadtKiosk2006soverfügbarwar-Compilation auf dem Mixtape für den Schulbus landete.
Die Newarker* strahlen und freuen sich sichtlich, mit dem Publikum quer durch die Diskografie zu tanzen (behaupte ich, die Setlist ist noch nicht vollständig) auch wenn sich letzteres insgesamt etwas unterspannt gibt.
Hier sieht man gleich zehn Bandmitglieder.
Genug Platz zum Bewegen, glückliche Gesichter, rücksichtsvolles Geschubse, eine eher gemütliche Hardcore-Show. Beim Durchschnittsalter Thirty and Counting ist der Rückenschmerz ja eh ständiger Begleiter. Vor mir ruft jemand bei jedem zweiten Song ihren (vermutlich) Lieblingsmenschen an und hält begeistert das Telefonat in die Luft. Mitgesungen wird oft und viel.
Emotionale Ansagen zwischen den Songs lassen den Abstand durch den Bühnengraben verschwinden. Fuck transphobia!

Gitarrist Chad Istvan (müsste das sein) erleuchtet.
Gitarrist Chad Istvan (müsste das sein) vernebelt.
Gitarrist Joshua Latshaw grinst vor sich hin und verteilt immer wieder Handherzen. 🫶 Auf einmal sind es nur noch zwei Songs und die Band verschwindet.
Das Publikum klatscht zurückhaltend aber ausdauernd, bis eine akustische Gitarre vom Band einen ruhigen Boysetsfire-Song anstimmt (ich glaube "Walk Astray"). Eine echte akustischen Gitarre mischt sich dazu und Mike Cummings kommt auf die Bühne. Die fünf anderen folgen und Mike übergibt die Bretter wieder für die letzten Songs des Abends.
Später lese ich, dass mein erstes Boysetsfirekonzert wahrscheinlich gleichzeitig mein letztes gewesen sein wird. Nat Grey hat seinen Ausstieg angedeutet, um sich auf The Iron Roses zu konzentrieren. Das Tourmotto Thirty and Counting bezieht sich dann wohl eher auf das Vermächtnis.
Mit einem Ohrwurm von "One match" ("it’s you and me and the gasoline") verlasse ich die Halle. Aus dem Späti vor der U-Bahn ballert eben jener noch einmal und ich verschwinde im Schacht.
"This fight begins as it will end."

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matsch
(matsch)
07.10.2024 23:10
Bei Bild 12 präzisiere ich nachträglich: Fuck queerphobia!
alexanderdavide
(alexanderdavide)
08.10.2024 13:46
Mich hat der Ticketpreis (München) tatsächlich ferngehalten.

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