Detlef, Die Lockeren Schrauben, 30.11.2024 in Bochum, Wageni - Bericht von der Redaktion
Detlef, 30.11.2024 in Bochum
Langsam geht das Jahr dem Ende entgegen, aber bevor wir das Wageni in die wohlverdiente Winter-Konzertpause schicken, stehen noch ein paar lohnenswerte Veranstaltungen auf dem Zettel. Wie heute Detlef! Planung im Vorfeld entspannt, nur 1-2 Tage vorher wird's dann doch verwirrend, akuter Facharbeiter*innenmangel an der Personalfront und selbst das Catering muss ich eigenhändig rüber balancieren, weil die Köchin das Bett hüten muss. Zum Glück erklärt sich Matze, größter Punkrocker Dortmunds, bereit, mitzukommen und an der Kasse auszuhelfen. Sonst läuft eigentlich auch alles. Sind halt doch Profis.
Nach Freitag wieder mal spät ins Bett muss ich mit Samstag ganz schön aufraffen. Aber Detlef im Wageni ist ein Geschenk, das ich mir nicht entgehen lassen kann. Also raus aus den Federn und irgendwie so rechtzeitig hingefahren, dass die Hütte hoffentlich nicht schon voll ist. Furcht war unbegründet, denn ich komme quasi zeitgleich mit Detlef an, die uns mit den Worten "Ist das hier das Wageni?" und "Die scheiß Bayern." begrüßen. Ich kann beides bejahen. Klirrendkalte 1 Grad, aber zum Glück sind es nur knapp 10 Minuten zum Wageni. Die sind schnell gefahren und angekommen, kann man sich die Kälte gleich mit lecker Bierchen am Lagerfeuer vertreiben.
Nun muss ich zugeben, dass ich irgendwie so einen kleinen Konzerttick entwickelt habe. Vorbands gefallen mir in der Regel besser als der Hauptact. Und die mir bisher komplett unbekannten "Die Lockeren Schrauben" bestätigten mich erneut. Ein herrlich durchgeknallter Sänger, den ich in anderer Klamotte eher im Hochsauerland verortet hätte als in einer Punkband. Shame on me. Denn der Kollege hat Feuer und Tanzbein.
So wurde die zunächst noch verhaltene Menge von roundabout 80 Mennekes zunächst noch zum Tanzen aufgefordert, dann wurde mitgepogt, oder zur Not mit der aufblasbaren Luftgitarre "verprügelt". Die Schmerzen konnte man sich dann gleich an der von den "Schrauben" spendierten Schnapspulle am Bühnenrand wegtrinken. Wieder einmal blöd von mir, mit dem Auto gekommen zu sein. Musikalisch geben die "Schrauben" auf die 12, auch wenn die Texte vornehmlich auf Fun Punk Niveau sind. Warum nicht, denn so muss das, wenn man dem Alltag einfach mal beschwingt bei Musik & Brause entfliehen will. Kracher wie "Krankenschein" und eine Lobeshymne😁 auf Rüttenscheid verfeinern diesen herrlichen Auftritt. Ganz ehrlich? Hier ist der Name Programm. Ich fand's super.
Hab den Namen vorher n paar mal gehört und der klingt eben nach nicht allzu ernst gemeintem Punk, was genau mein Ding ist. Die Band war schon deutlich früher im Punk Business aktiv als ich, also kann ich von denen sicher was lernen. Musikalisch scheinbar nicht, aber textlich und attitüdisch ja. Würde gern wissen ob die Songs erst heute auf dem Klo oder vor 30 Jahren geschrieben wurden, beides möglich. Drummer kann nur einen beat, den dafür lange. Sänger macht das was er sollte, nämlich anheizen und meckern über die scheiß Gesellschaft.
Ich bin auch wieder mal angetan von den Lockeren Schrauben! Auch wenn ich's, glaube ich, nicht komplett in die Fun-Punk-Ecke schieben würde, was Taxi da von sich gibt. Aber Witz hat es durchaus. Mein persönlicher Hit des Abends geht ungefähr wie "Beweg deinen Arsch, sonst zünd ich dir den Bart an". Eine Anti-Superreichen-Hymne namens "Schwanz aus Geld" war auch dabei. Toll!
Ich gönne mir einen von dem Rest der übrig bleibt. Danach kurz meine Zunge taub und ich wechsle auf Cola. Gesund! Hatte geschmacklich tatsächlich was speckiges. War vielleicht in den 80/90ern das was heute der Pfeffi ist. Den dargebotenen Schnaps will zunächst niemand anrühren, mit der Zeit finden sich dann aber doch ein paar Testsubjekte. Vielleicht waren aber auch alle so zaghaft, weil niemand sagen konnte, ob "Klarer mit Speck" auch für Vegetarier*innen geeignet ist.
Dass es so strikt abgetrennte Zonen gibt, war mir auch nicht bewusst. Zum Glück hab ich's durch die Grenzkontrollen geschafft. Danach spielten dann "Detlef" ihren Gig mit den ja schon eher bekannten Songs. Hier überlasse ich gerne jemand anderem die Schreiber-Bühne. Insgesamt schon recht professionell, wogegen ja nichts einzuwenden ist. Nur dass man in der blauen Zone des Potts ernsthaft mehrheitlich Gelbe erwartet, zeigt wieder mal, dass linksrheinisch dann doch die Provinz beginnt. Insgesamt ein angenehm rauer Abend, an dem man ordentlich auf die Ohren bekommen hat.
Konzert macht Laune, ist gut gefüllt, was willste mehr? Drei Typen, die oft unterschiedliche Stimmen, Töne und Themen rüberbringen, aber trotzdem harmoniert das prächtig. Nicht alles Themen die ich unterschrieben kann, aber was da so alles an Alltagsbeobachtungen zu Musik gemacht wird, toll. Detlef sind auf der Bühne einfach ne stabile Nummer. Sie machen ihr Ding, gehen ihren Weg, stehen zusammen und lassen sich niemals unterkriegen. Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.
Ich finde schon, dass die Hits haben. "Männer die gern tanzen", "Nur die besten sterben dumm" oder "Kopenhagen", mal so als Beispiele. Wenn Detlef sich auflösen würden und die Nachfolgeband würde in genau der gleichen Besetzung weitermachen, würde ich mich jedenfalls über diese Songs im Set freuen. Sonst natürlich auch. Detlef natürlich ein Brecher. Die Jungs bewegen sich kein Stück aber das passt genau dahin. Manche Bands brauchen die Leute nicht anheizen, das passiert von selbst. Ich persönlich bin eher ein Supernichts-Connaisseur, aber ein paar Songs bauen die Jungs ein. Das Set ist vermutlich deckungsgleich mit denen vorheriger Konzerte, was nicht falsch ist. Setlist sagt 33 Songs. Verdammte Songs-Maschinen sind das. Die schreiben keine Hits, die schreiben Songs. Der Rest kommt von selbst.
Erstaunlich kurzweiliges Konzert. Guter Sound, passendes Licht, und die Leute gehen ab ohne dass es ihnen irgendwer befehlen muss (höchstens der Alkohol). Außer einer super soliden Rockshow passiert auch nichts. Außer vielleicht 1-2 übereifrigen in der sehr engen Moshpit. Detlef müssen nicht viel tun um cool zu sein. Textlich gibt es nach wie vor einen erstaunlich klaren Block auf die Gesellschaft und den Alltag, egal ob man jetzt Punk oder Eigenheimbesitzer ist. Detlef sind glaube ich beides. Da kann man nur den Hut ziehen. Wir sehen uns sicher nächstes Jahr irgendwo.