Rites of Spring Fest: Blind Girls, pg. 99, Jota, La Petite Mort/Little Death, Øjne, Oakhands, 12.04.2025 in München, Kafe Kult - Bericht von alexanderdavide
Rites of Spring Fest, 12.04.2025 in München
Die Abendkasse ist mir treu (danke) und so geht es gleich um 17 Uhr los mit JOTA, auf die ich mich schon gefreut habe. Der Screamo aus Halle ist mit den zwei bisher verfügbaren EPs "COLD" und "HAVEN" eine spannungsgeladene Mischung extremer Gefühlsdarbietung, Sphäre und Härte. Live gibt es nichts zu vermissen: Jota klingt so gut wie von der Scheibe und die Band wirkt genauso sympathisch wie authentisch.
OAKHANDS spielen diffiziler und unaufgeräumter von krachenden Melodien über langgezogene Instrumentalpassagen bis hin zu kompromisslos vorangehenden Elementen. Die Band aus München lässt uns wissen, dass für sie das Ausleben von Gefühlen über der Formperfektion steht. Sturm & Drang! Ich kann nicht festhalten, wie wichtig und richtig ich das finde. Es ist nämlich genau das, was Bands mit einer soliden musikalischen Basis letzten Endes wirklich begeistern lässt.
Selbiges habe ich bei ØJNE in ihrer EP "Sogno #3" vernommen. Der eingängige Mix aus Screamo und Punk fährt mir live und in Farbe erfreulicherweise genauso vorzüglich in die Knochen. Die Gruppe aus Mailand ist mit den später folgenden Blind Girls auf Reisen und hält heute zum dritten Mal. Diese Tour ist gleichzeitig die Premiere des Vocals-Menschen, wie wir erfahren. Nichtsdestotrotz geht die Show mit einem unglaublichen Selbstverständnis über die Bühne.
Bei angenehmen Temperaturen schmeckt das alkoholfreie Augustiner auch vor dem Kafe Kult, das übrigens ein tolles DIY Ambiente hat. Audiophile kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Ob im Café oder in der Halle, der Sound ist tipptopp.
Bei den ersten Songs von LA PETITE MORT/LITTLE DEATH weiß ich erst nicht, wie mir geschieht. Wie mich die stark verzerrte Stimme und die rasenden, aber tanzbaren Rhythmen so anlärmen, beginne ich langsam zu begreifen. Jeder Song dieses eher experimentellen Skramz entpuppt sich als Überraschung und weiß auf wundersame Art zu überzeugen. Außerdem finde ich den Kontrast zwischen der besessenen Gitarre und dem Bass als Ruhepol sehr unterhaltsam.
BLIND GIRLS brettert durchs Set bis irgendwann Begrüßung und Verabschiedung in einem Satz fallen: "Hey, we're Blind Girls and this is our last song." Bis auf Songs wie "The Ghost in My Eye" ist es mir persönlich zu fahrig.
PAGENINETYNINE zieht mit 9 Menschen in die Schlacht, wenn ich richtig gezählt habe. Mit Ausnahme des Schlagwerks ist alles zwei- bis vierfach besetzt, was sich entsprechend krass im Klangbild niederschlägt.
Die unkonventionelle Performance ist arg mitreißend. Dazu tragen auch Chris' Ausflüge auf die Lichttraverse bei. In Folge dessen gehen Flaschen zu Boden, aber Chris hilft unmittelbar beim Aufräumen. So lobe ich mir das.
Gegen halb 12 falle ich aus dem Kult und Heidewitzka, das war perfekt: erstklassiges Lineup, wundervolle Atmosphäre, faire Ticket- und Getränkepreise, lecker veganes Essen gegen Spende, kleiner Platten-Flohmarkt und mit Viva con Agua war eine NGO vertreten. Mit super gutem Gefühl mache ich mich auf den Rückweg.