Sick of Society, Asynchron, Snakes in the Pit, 19.04.2025 in Hamburg, Gängeviertel - Bericht von Fö
Sick of Society, 19.04.2025 in Hamburg
Ich war tatsächlich noch nie auf nem Konzert im Gängeviertel, nur mal so nach nem Konzert oder gänzlich ohne Konzert. Und ich hab auch keine Ahnung was es hier so alles an Lokalitäten gibt (irgendwo gibt es ne Karte). Ist schon ein interessantes "Viertel", oder eher Häuserblock, mitten zwischen prunkvollen Bankgebäuden und anderen Hochhäusern. Also so vom Grund-Vibe schon sehr sympathisch. Das Konzert heute findet statt in der Fabrique. Am Einlass werden uns ein paar Infos mitgegeben, wie man hier angenehmes Konzerterleben für alle schaffen will. Unter anderem dadurch, dass man keine Fotos machen soll - außer die Person, die exklusiv von der Konzertgruppe dafür vorgesehen ist. Finde ich in Ordnung, die Regels sind die Regels nicht wahr? Demzufolge kommt dieser Text ohne Fotos aus. Ätsch!
Die Konzertgruppe, das sind Beyond Borders, die hab ich zumindest schon häufig auf irgendwelchen Flyern wahrgenommen. Buchen gute Bands, müssen als gute Leute sein. Etwas irritierend noch eine Durchsage vom Band(!) vor Konzertbeginn, wo erneut auf Regeln hingewiesen wird. Finde ich an sich natürlich auch okay, solang die Regeln dafür da sind, dass alle sich wohl fühlen und alle nen besseren Abend haben, aber so vom Band, das hat was von Durchsagen am Bahnhof, da kriegt man direkt Angst dass der Zug ausfällt oder wir evakuiert werden.
Ich hätte noch einen weiteren Vorschlag, mit welcher Regel sich auf einen Schlag sehr viele Leute sehr viel wohler fühlen würden: Wenn einfach in Konzerträumen nicht mehr geraucht werden würde! Das erwähne ich häufiger, eigentlich immer wenn geraucht wird, manchmal sogar wenn nicht geraucht wird (wie gestern) und natürlich muss ich noch den Disclaimer einfügen dass ich halt aus NRW komme, wo es ein Rauchverbot gibt, das es in Hamburg aber (leider) nicht gibt. Das Rauchverbot ist super, das haben hier mittlerweile bis auf ein paar Ewig-Gestrige auch die meisten gecheckt. Selbst in abgeranzten illegalen linken Punkerschuppen, wo sich sonst an keinerlei Regeln gehalten wird, ist es selbstverständlich, zum Rauchen raus zu gehen. Wer sich einmal aufs Rauchverbot eingestellt hat, will gar nicht mehr ohne, und ja, auch die Raucher*innen die ich so kenne, finden das Rauchverbot positiv. Warum also verhalten sich also Subkultur-Orte in beispielsweise Berlin oder Hamburg so konservativ-asozial? Die Luft ist ekelhaft, das Atmen fällt schwer, die Augen jucken, die Klamotten stinken - wenn ich nach Hamburg fahre, muss ich unbedingt immer mindestens einen Pulli und ein Shirt mehr einpacken, nur wegen diesem ekelhaften Gerauche! Und gerade wenn so viel Wert auf Awareness und Rücksichtnahme gelegt wird, verstehe ich nun wirklich nicht, warum dann nicht auch darauf verzichtet wird, andere Leute vollzuqualmen.
Heute ist es zum Glück eh nicht so megavoll, glaube es sind sogar einige zum Rauchen rausgegangen, aber die Luft ist trotzdem zum Schneiden. Denkt da doch einfach mal drüber nach.
Okay, erste Band: ASYNCHRON. Den Namen hab ich schon mal gelesen und es lag sogar schon mal ne CD in den Redaktionsräumen, aber mehr sagt mir das alles nix. Das Set beginnen sie mit einer Anleitung zur Herstellung von SCHLACKE (uns spätestens bekannt seit diesem Sampler) - ich will nicht schon wieder Spielverderber sein, aber muss denn diese Alkoholglorifizierung wirklich...ja gut, bisschen witzig find ich's schon. Hat auch irgendwie was von Teenie-Mutproben, wie sie sich alle dieses eklige Zeug in den Rachen kippen und dann das Gesicht verziehen, als hätten sie nicht schon vorher gewusst, dass das scheiße schmeckt.
Jedenfalls, dann spielen Asynchron, und dafür dass ich dachte, sie würden stumpfen Funpunk machen, find ich das sogar sehr annehmbar. Ordentliche Geschwindigkeit, amtliches Gekloppe, musikalisch schon eher in die Amipunk/Skatepunk-Schiene schielend. Erinnert dadurch auch mal an Gedrängel, in den schlechten Momenten wieder an Montreal, aber insgesamt wärs auf ner Skala von 1 bis 2 eher ne 2. Mir zu sehr auf witzig getrimmt, aber ansonsten super.
Aber jetzt das Highlight: Ihr kennt ja diese Plapper-Hamster, diese Plüschfiguren die alles nachsprechen was man sagt, nur eben mit Hamster-Stimme? So einen hatten die auf der Bühne! Und ich kann mir nicht helfen, mit Plapper-Hamster kriegt man mich halt einfach. Da muss das Vieh nichtmal ein eigenes Mikro kriegen, mir reicht es schon es da hinten auf der Box wackeln zu sehen, während die Band ihre Musik darbietet. Ich schieß mich weg ey! Plapper-Hamster, die retten jeden Gig. Unfassbar witzig, mehr davon!
Zweite Band: SNAKES IN THE PIT! Zum Einstieg eine Theorie, deren Urheber aus Datenschutzgründen hier nicht genannt wird: Der Sänger ist eigentlich der Plapper-Hamster der vorherigen Band, nur eben als Mensch. Und leider auch nicht so witzig. Snakes In The Pit kannte ich vorher nicht, dachte da würde uns so richtiger Haudruff-Hardcore erwarten, aber es ist eher - ja, was ist das denn? So als würden die Animateure vom Mallorca-Cluburlaub ne Band starten und sich nicht zwischen H2O und Die Kassierer einigen können. Show, die, wenn es ne Parodie wäre, total gut funktionieren würde - aber ich befürchte, die meinen das ernst! Ich will jetzt nicht zu sehr haten, aber das ist schon alles sehr, äh, fernab meines persönlichen Geschmacks. Die Lieder handeln von "Saufen" und von "Sex, Drugs & Rock'n'Roll", und dann wird da rumgesprungen und animiert und ne Show abgezogen als würden sie grad die Barclays-Arena füllen. Was soll das sein? Ihr Album hört auf den Namen "Hamburg City Hardcore", und alles an dieser Eigenbezeichnung lässt bei mir die Alarmglocken klingeln. Da ist der enthaltene Lokalpatriotismus noch das Harmloseste. Aber andererseits, für Hamburg spricht das eh nicht unbedingt. Und für Hardcore auch nicht.
Zum Positiven: ich glaube es gab auch 2-3 "ernste" Texte, und musikalisch/technisch ist das auch nicht verkehrt, nur eben alles furchtbar drüber. Ihre Fans feiern's. Könnte wohl auch als Vorband von Electric Callboy oder Zebrahead funktionieren.
Dritte und letzte Band: SICK OF SOCIETY. Die kommen aus Ulm und um Ulm herum, und es gibt sie schon ne ganze Weile. Gegründet 1993, aber ich hab keine Ahnung wie viele Besetzungswechsel es seitdem gab. Laut Homepage sind sie aktuell zu viert, spielen aber auch manchmal zu dritt, wie auch heute. Gespielt wird Deutschpunk, der immer mal gen Hardcore und Metal schielt, so richtig knalliger Schlachtrufe-Sound also. Das weckt doch die müden Geister! Ja wirklich, ich war innerlich darauf eingestellt, nach ein paar Songs Bene anzutippen dass ich doch mal langsam pennen gehen würde, aber dazu kommt es nicht. Stark! Flott, geradlinig, aggressiv, politisch und alles andere als aufgesetzt. Bin angetan, sehr erfrischend. Die angesprochenen Themen folgen natürlich den Vorgaben simpler Deutschpunk-Welt (gegen Nazis, gegen Bullen, gegen Grauzone und so weiter), aber hat auch durchaus Aktuelles zu bieten, bis hin zu Gentrifizierung und Mental Health Issues. Ansagen soweit auch sympathisch, Tempo auf Anschlag und eine angenehme Setlänge. Positive Überraschung des Abends.
Und dann? Ja, dann bleiben wir auch nicht länger, das Bett ruft. Aber bleibt festzuhalten: Gängeviertel immer nen Besuch wert, Rauchen doof, Hamster toll.