Berlin is not Salzburg: The Toten Crackhuren im Kofferraum, 11.07.2025 in Berlin, Campus für Demokratie - Bericht von der Redaktion
Berlin is not Salzburg, 11.07.2025 in Berlin
Vorab: Ich hab keine Ahnung von der Zauberflöte. Ich habe im Anschluss an die Veranstaltung versucht, den Wikipedia-Artikel zu lesen, aber ich weiß immer noch nicht worum es in der Zauberflöte geht. Im Original ist es jedenfalls eine Oper. Ein Protagonist nennt sich Papageno, den Namen habe ich zumindest schon mal gehört. Achja, und im Verlaufe des heutigen Abends bekomme ich mit, dass dieses Lied im Film "Das fünfte Element", das von der blauen Wursthaar-Diva gesungen wird, im Original tatsächlich von der Zauberflöte kommt. Das war aber auch schon alles was mir bekannt vor kam. Den Rest der Handlung verwechsel ich eh mit dem Rattenfänger von Hameln, also versuche ich gar nicht erst, das irgendwie nieder zu schreiben.
Ich freue mich in erster Linie erstmal, dass Fö zu Besuch ist, mich dankenswerterweise schon von meiner ausufernden Donnerstagabendveranstaltung abholt und sicher nach Hause bringt. An dem Abend erfahre ich auch erst, dass für dieses dreitägige Theaterevent sogar Echi nochmal auf der Bühne zu bestaunen sein wird! Die Tickets für den Freitag haben wir natürlich auch schon im Vorfeld ergattert und nachdem ich am Freitag Vormittag noch ziemlich durchhänge, irgendwie meinen Arbeitstag aber rumbekomme, freu ich mich, dass wir es eigentlich sogar rechtzeitig los schaffen. Aber die Bahnen machen uns, wie so oft an diesem Wochenende, n Strich durch die Rechnung… Und dann geht's mal wieder nach Berlin! Der Grund meiner Reise ist natürlich kultureller Natur: "Berlin is not Salzburg" nennt sich die Veranstaltung des Wochenendes und ist natürlich volle Kanne Berlin durch und durch. So eine Art Theater/Musik/Performance-Festival . Findet statt in der ehemaligen Stasi-Zentrale(!) und die beteiligten Gruppen und Kollektive haben die Aufgabe, zu einem bestimmten Thema Aufführungen zu erarbeiten. Und das Thema in diesem Jahr lautet: Mozarts "Zauberflöte"! Verrückt. Unter diesen Gruppen befindet sich auch eine mit dem wohlklingenden Namen "The toten Crackhuren auf der Einhornfarm", und fleißige Leser*innen dieser Seite werden wissen, welche zwei Bands sich hinter diesem Namen verbergen. Jedenfalls klingt das alles verrückt genug, dass ich dem beiwohnen will. Das Festival findet an drei Tagen statt, uns reicht der heutige Auftakt.
Ja, Touriprogramm für deinen nächsten Besuch! So kommt man als Berliner auch mal dazu, sowas zu machen. Stasi-Zentrale von innen. Kannte ich bisher nur aus Filmen… Also, die ehemalige Stasi-Zentrale, mittlerweile "Campus für Demokratie" genannt, da gibt es diverse Häuser, eines ist heute beispielsweise das Stasi-Museum. Gibt heute auch ne Führung, die verpassen wir aber weil die Bahnen komisch fahren. Hat aber immerhin Interesse geweckt, das mal nachzuholen.
Durch die Veranstaltung führen, ich hoffe ich hab die Namen richtig auf dem Schirm, BroKolya und Kaey, die das auch ganz unterhaltsam machen. Aber zunächst mal bringen sie uns bei, dass das Wetter heute eher mäßig ist und der erste Beitrag daher drinnen stattfinden wird, im Haus 22. Anscheinend wurde gestern spontan beschlossen, fürs schlechte Wetter noch spontan ne zweite Indoor-Bühne zu basteln. Krass.
Nee, hast du dir richtig gemerkt. Kasino und gleichzeitig Speisesaal. Das hat man damals so genannt. Heute würde man einfach „Mehrzweckraum“ dazu sagen. Nutzlastansatz 3-5 kN/qm. Sorry, kurz abgeschweift… Also rein da! Lokalität ist ein ehemaliges Offizierskasino. Was es nicht alles gab damals! Vielleicht war es auch nur ne Kantine, ich weiß nicht ob ich die Begriffe hier einfach nur durcheinander werfe. Jedenfalls muss man dafür einige Treppenstufen rauf.
Übrigens, der Backdrop da, also das was hier als Bühnenbild fungiert, stellt zwei überdimensionierte, gekreuzte Blockflöten (oder wohlmöglich Zauberflöten?!) dar. Freudsche Assoziationen komplett ausgeschlossen!
Erster Betrag: Schüler*innen der Mildred-Harnack-Schule haben da mal was vorbereitet. Ein Theater-Stück mit viel Witz und Verkleidung. Die Handlung hab ich nicht verstanden, damit hat das Stück schon mal viel gemeinsam mit der Zauberflöte. Aber es war unterhaltsam!
Puh, bin ich froh, dass du das sagst. Ich dachte einfach nur mein Gehirn ist aufgrund meines gestrigen Alkoholkonsums einfach noch nicht aufnahmefähig genug. Wobei ich auch hier auf dem Teppichboden sitzend, schon wieder das zweite Bier im Plastikbecher genieße. Als dann anmoderiert wird, dass der nächste Beitrag wieder auf der Außenbühne stattfinden wird, habe ich die Befürchtung, dass das hier alles noch in Sport ausartet. Mein eines Bein ist aber auch schon eingeschlafen, also besser wieder die Treppe runter!
Also wieder raus zum nächsten Beitrag: hannsjana & Theater Thikwa sprengen jetzt komplett alle Show-Grenzen. Ein inklusives Theater-Ensemble mit bunten Kostümen, das über die Zauberflöte sinniert. Highlight: Im Publikum werden Blockflöten verteilt, irgendwas um die 20-50 Stück. Es klingt einfach total toll, wenn 20-50 Personen so schief wie geht auf einer Blockflöte flöten. Mozart würde sich im Grabe rumdrehen, aber ich vermute mal das hat er verdient.
Ich habe derweil den perfekten Platz am Bierwagen gefunden. Mein Blick auf die Bühne ist frei, die Abluft der Bierkühlung wohlig warm, und die kleine Tischfläche vor mir sogar überdacht. So lässt sich das Gequietsche zur Not auch mit ein paar netten Gesprächen mit den mittlerweile eingetroffenen Nachzüglern der Freundesschar übertönen.
ein flötenzauber" gibt es schon seit mindestens 2 Jahren, wurde also nicht speziell für dieses Wochenende geschrieben. Ist aber nicht schlimm. Ich bin trotzdem froh, das zu sehen. Und ich weiß gar nicht, wie man das beschreiben soll, das sprengt das enge Korsett meiner musikalischen Auffassungsgabe.
Dann: Die Schlangenknaben! Hier schlägt erstmal die unerbittliche Recherche-Maschine zu: Ihr Programm "
Es ist jedenfalls alles sehr wild, sehr verrückt, sehr durcheinander, aber auf hohem Niveau. Die können tatsächlich singen! Tanzen auch, inklusive Poledance und Schwingen auf ner Abrissbirne, dazu schlüpfen sie in verschiedene Rollen (vermutlich aus der Zauberflöte), die Kostüme sind bunt und ausgefallen, die Requisiten auch (Schlange!), mega!
Also die überdimensionierte Mozartkugel hab ich auch gesehen, aber wurden da etwa auch welche zum Essen verteilt? Und wenn ja, warum hab ich keine abbekommen???
Nee, ich meinte diese flauschigen Flugbälle. Einmal Mozart, einmal Schikaneder. Bestimmt nicht sonderlich bekömmlich, zumal sie zwischendurch auch in Regenpfützen lagen. Und für alle, die darauf gewartet haben: Es gibt Mozartkugeln! Außerdem eine Schikaneder-Kugel. Schikaneder, das war der, der das Libretto geschrieben hat, sagt jedenfalls Wikipedia. Und damit ihr das nicht auch noch nachschlagen müsst, das Libretto ist der Text einer Oper. Wieder was gelernt.
So ganz nebenbei erfahren wir, dass die Zauberflöte auch hier und da kritisch zu sehen ist, wegen Rassismus und Sexismus, zumindest wird immer wieder darauf angespielt (wie auch in den vorangegangenen Performances auch), aber so ganz blick ich das nicht, bei Wikipedia steht auch nix, und offen gestanden interessiert mich Mozart auch einfach nicht genug. Alleine schon dass es damals Trend war, weiße Perücken zu tragen, um noch älter, noch weißer und noch männlicher zu wirken, ist mir suspekt. Oder was waren die Gründe?
Wieder hoch zur anderen Bühne! Die Bühne, oder der Raum, muss noch einen Namen bekommen, es wird sich (glaube ich) auf "Flötenraum" geeinigt. Verrückt. Aber zunächst mal: Der nächste Beitrag! Es gibt eine Dragqueen-Show von den "König*innen der Nacht".
Hier weiß ich schon wieder nicht, was das mit der Zauberflöte zu tun hat, ist aber echt unterhaltsam. Viel Tanz, Artistik, ausschweifende Kostüme, und es wird sogar gesungen - meist Playback zwar, aber das ist auch witzig.
Ja verdammt. Obwohl ich mich auf den Part schon gefreut hab, dann doch verpasst, weil ich meinen Platz am Bierstand irgendwie nicht so schnell aufgeben konnte und irgendwie auch nicht mit lauter nassen Menschen so eng gedrängt in einem Raum verbringen wollte. Also danke für die Bilder!
Mein Stichwort, als der dröhnende Bass das Intro einläutet: noch mal ne Festivalpelle aka Frischhaltefolie über die Jacke gestreift, Notfallregenschirm in die eine Hand, Bier in die andere und vor zur Bühne! Dann die Crackhuren! Deren Show findet draußen statt, weil nur diese Bühne das richtige Feeling bietet. Man kann sich aber in der Stasi-Zentrale Regenschirme klauen oder Regencapes mitnehmen, die sind da nicht so.
Ey, in diversen Fenstern standen die! Hab mich zwischendurch auch n paar mal erschrocken… man fühlt sich nur ein klein wenig beobachtet.
Man munkelt, dass bei einem Lied der Zauberflötenkontext doch irgendwie vergessen wurde. Fällt aber nicht auf, weil wir diese Zauberflötenassoziationen ja eh nicht blicken. Die Crackhuren haben tatsächlich ein komplettes Programm zusammengestellt ausschließlich mit Liedern, die von der Zauberflöte inspiriert sind. Also alles Stücke, die nur für heute und die nächsten beiden Tage geschrieben wurden. Wer bekannte Crackhuren-Klassiker hören will, ist hier fehl am Platze. Wer Mozart hören will, aber vermutlich auch.
Total TCHIK-untypisch… Thematisch drehen sich die Lieder meistens um Männer, aber nicht unbedingt immer in positiver Hinsicht. Also halt gar nicht. Und ein Lied über Tauben, da kann es auch nicht zu viele von geben.
Mal wieder bin ich zu sehr Banause, um zu checken, welche Elemente (textlich wie musikalisch) jetzt von der Zauberflöte inspiriert sind. Hier und da bilde ich mir ein, Elemente von vorherigen Beiträgen des Festivals wieder zu erkennen, aber, ach, wat weiß denn ich.
Die Stücke sind aber echt Hits! Geile Elektro-Stampfer, Refrains die nach dem zweiten Mal im Ohr hängen, irre. Also, sagen wir mal so, ich hab jetzt ungefähr nen Eindruck davon, wie es Leuten ergehen muss, die auf nem Crackhuren-Konzert landen aber keinen einzigen Song kennen - und ich muss sagen: ist voll geil! Also, wenn ich nicht schon Fan wär, wär ich Fan.
Übrigens, diese Überdimensionierte Diskokugel/ Abrissbirne oder what ever wird im Laufe des Sets auch noch mal von Echi ganz Miley Cyrus mäßig als Schaukel benutzt. Und für Echi gibt es bei einem Song - leider weiß ich nicht wie er hieß, aber habe am nächsten Tag immer noch n Ohrwurm davon - noch einen Solo-Gesangspart und an andere Stelle wurde ihm wohl unabsichtlich der Traum erfüllt, mal n geslappten Basspart einzubauen. Nur Premieren heute!
Kostümtechnisch natürlich alles total durchdacht! Kleider in Anlehnung ans 18. Jahrhundert, deren überdimensionierten Röcke anfangs einfach abgestreift und auf den bereitstehenden Sitzgelegenheiten hinterlassen werden um dann das restliche Set in schön plüschigen langbeinigen „Unterhosen“ zu performen.
Anzumerken ist auf jeden Fall auch das fantastische Bühnenbild. Im Hintergrund flackert immer wieder dieser Blaue Blitz auf, während die Lichter in Lila, Pink und Orange ein wunderbares Farbenspiel ergeben.
Das war wirklich interessant! Ich liebe Konzerte, die anders sind als alle anderen. Super! Morgen steht auch noch Programm an, wie es weiter geht lest ihr in den nächsten Abenteuern von Zauberpaula und Zauberfö Am Ende des letzten Songs werden dann auch noch mal alle beteiligten Akteure auf die Bühne gebeten und dürfen im Regen mittanzen. Der stört hier mittlerweile keinen mehr und die Stimmung ist am Höhepunkt. Zu guter Letzt wird auch noch die riesige Blockflöten-Piñata (die vorhin auf der Bühne noch nicht ganz kaputt zu bekommen war) zertrümmert und verteilt überall im Regen buntes Konfetti. Ich frage mich, ob es auch für die zwei Folgetage, an denen wir nicht da sein werden, jeweils eine neue Blockflötenpiñata gibt. Fazit des Abends: ich habe noch nie in meinem Leben in so lange und in einer überproportionalen Frequenz über Flöten geredet und nachgedacht und: die The TCHIK - Songs, die hier entstanden sind, hätte ich gern auch noch in irgendeiner Form als nachhörbare Veröffentlichung… Das war ein sehr interessanter Tag.