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Sex Pistols, Iggy Pop, The Damned, The Undertones, 04.08.2025 in Lokeren (BE), Lokerse Feesten - Bericht von Ralfred

Sex Pistols, 04.08.2025 in Lokeren (BE)

Im Vorfeld hatte ich mich schon gefragt, ob ich das wirklich sehen wollte, die Pistols ohne Johnny Rotton, sind das noch die Sex Pistols? Aber was soll ich tun, die "Never mind the bollocks" begleitet mich dank meines älteren Bruders seit über 45 Jahren durch mein Leben. Keine LP hat mich mehr geprägt als dieses neongelbe Cover. Leider stand ich nun aber mit meinem Kozerttrip ziemlich allein und so beschloss ich, mich allein ins beschauliche Lokeren zu begeben. Bei gerade mal 69€ für das Ticket noch einmal vier kultige Gründerväter des Punk zu sehen, das Risiko schien mir akzeptabel. Also das Zelt eingepackt und auf zum Lokerse Feesten. 
Um 19:30 starten The Undertones ihren Gig. Nun ja, ich bin nicht wirklich derjenige, der objektiv über die Band schreiben kann, denn mit dem Lobster vom Cover "Hypnotised" auf dem Unterarm, bin ich quasi ein Fanboy der Nordiren. Und The Undertones sind ein Beweis, dass man auch ohne original Frontsänger immer noch sehr, sehr geilen 77er schrebbern kann. Liegt aber vielleicht auch daran, dass Paul McLoone stimmlich sehr nah an Fergal Sharkey ist. Egal. Songs wie "Jimmy, Jimmy" und "My perfect cousin" grooven die um diese Uhrzeit noch überschaubare Menge ein. Ich hab mittlerweile eine Gruppe Engländer kennen gelernt und textsicher starten wir bierfröhlich in den Abend. 

Hm, was soll ich sagen. Das Konzertgelände ist irgendwie zu groß für die Jungs. In kleinen Clubs gefallen sie mir einfach besser.
Nach einer kurzen Pause betreten dann The Damned die main stage. Und ich bin wirklich überrascht. Hatte sich unsere kleine Gruppe noch in Diskussionen erregt, ob "Eloise" nun nicht wirklich Pop Musik ist, knallen The Damned mit richtig Druck von der Bühne. Wow, ein 8000 Zuschauer Open Air ist absolut kein Problem. Die Musik hat richtig Druck und spätestens beim Klassiker "Neat, neat, neat" brechen alle Dämme.
Sänger Dave Vanian genießt das Bad in der Menge. Da hat sich das frühe Kommen, um direkt  vor der Bühne zu stehen, absolut gelohnt. Zu diesem Zeitpunkt ahne ich noch nicht, wie sehr sich das lohnen sollte.
Punkt 21:45 werden die Trommelfelle das erste Mal an die Grenze gebracht, als Iggy Pop die Bühne betritt und sich natürlich nach wenigen Sekunden das Shirt vom Leibe reißt. Mittlerweile gießt es wie aus Kübeln. Aber wen interessiert das Wetter, wenn du Iggy vor dir hast. Fühl ich mich manchmal alt? Scheiße, so will ich altern! Ich muss ja nun hier niemandem erzählen, wie Iggy sein Leben verbracht hat. Und die verdrehte Wirbelsäule und das starke Humpeln lassen mich in der ersten Sekunde schlucken. Und dann - FUCK! - haut der "alte Mann" da einen Punk Rock raus, als gäbe es kein Gestern und kein Morgen. Und auch Iggy lässt es sich nicht nehmen, ein Bad in der Menge zu nehmen. 
Da steht er vor uns mit diesem noch immer so geilen ironischen Grinsen. Und so schließt sich heute Abend ein Kreis. Ich hab zwar nicht wie Jacky Iggys Hosenbein abgeleckt, aber für einen winzigen Augenblick können einige von uns Iggy Pop berühren. Zu "Wanna be your dog" schreien wir alle den Text in Richtung des uns von Iggy entgegen gestreckten Mikros. Wir sind emotional völlig beschwipst. Und nach Iggys Gig gibt es hier bei niemandem zwei Meinungen. Legende, Legende, Legende, du godfather of Punk Rock.
Ich bin jedenfalls emotional so durch, dass ich beschließe, mir die Sex Pistols von der Seite anzuschauen. Nach mittlerweile gut 6 Stunden, brauche ich etwas Abstand. Auch, weil ich ja nun vor diesem Auftritt echt Schiss hatte, ob das nun meine Erinnerungen zerstört. Und dann erklingen die zarten Intro Töne von "The Great Rock'n Roll Swindle" und das Festival ist sofort angezündet. Die Pistols stehen auf der Main Stage, als spielten sie irgendwo im Proberaum. Aber Frank Carter gibt uns allen nochmal das Gefühl der frühen Wut zurück. Das sind nicht die Pistols mit Johnny Rotten. Aber ganz ehrlich? Den habe ich kurz nach dem Tod seiner Frau Nora mit P.I.L. in Köln gesehen. Aufgedunsen und immer wieder auch weinend. Das weckte fast Beschützerinstinkte. Was Frank Carter hier abzieht, das ist eine Frank Carter Show mit der immer noch erkennbaren Instrumentalbegleitung durch den Rest der original Pistols. Und natürlich lässt sich auch Carter den Gang ins Publikum nicht nehmen. Nur macht er sich gleich zum Moshpit Mittelpunkt. 
Ich stehe am Tribünenrand und an mir ziehen über 40 Jahre Punk Rock vorbei. Ich denke an viele verrückte, lustige und todtraurige Dinge. Und auch an Leute, die diesen Abend vielleicht von oben mit ansehen. Ich bin froh, meine "Museumsängste" überwunden zu haben und hier zum Lokerse Feesten gefahren zu sein. Das war old school, ich bin old school. Und das gilt wohl für viele hier. Und wir alle tragen dieses seelige Grinsen im Gesicht, weil wir wissen 'Punk's not dead"!


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