Captain's Diary:
Als Munition die Illusion
Captain's Diary hat neulich im Neruda in Augsburg gespielt. Ich hab mir fest vorgemerkt da hin zu gehen und habe das auch getan - dann komme ich pünktlich zum allerletzten Lied an. Gut, noch ne CD geschnorrt und versprochen, dass ich da ne Review für Bierschinken schreibe.
Zugegeben: Beim ersten Hördurchgang blieb bei mir nicht allzu viel hängen. Das lag aber dran, dass ich das Album nur so nebenbei gehört habe und vielleicht auch an der berühmten Floskel. Welche Floskel? Folgende, jeder kennt sie: Wenn man über Musik diskutiert, sagt der eine Hörer: "Komm, das klingt ja alles genau gleich." Und der andere Hörer sagt: "Nee, das klingt nicht genau gleich, sondern einfach rund, wie aus einem Guss."
Dann nach 2-3 weiteren Hördurchgängen das beruhigende Moment: Es klingt tatsächlich nicht alles gleich, sondern auf diesem Album sind so ziemlich alle Lieder kleine Hits. Ich mache mal wieder meinen Lieblingsvergleich: "The 59-Sound" von "Gaslight Anthem". Jeder der das Album zum ersten Mal hört, wird eine gewisse Einheitlichkeit in den Songs (insbesondere deren Melodieführung) erkennen. Dann: Nur Hits.
Okay, "Captain's Diary" hat nix mit Gaslight Anthem zu tun. Ich finde, dass das Album "Als Munition die Illusion" eher verdammt nach Kettcar klingt. Meistens wechseln sich eher lautere/schnellere/instrumentierte Lieder ("Am Schluss", "Denkerkopf vs Flausen") mit langsamen/leisen/hauptsächlich von einer Akustikgitarre dominierten Liedern ("Als Munition die Illusion", "Dieser Film") ab.
Was jedoch für alle 14 Lieder gilt: Sie sind enorm fett produziert, instrumentiert und abgemischt. Respekt!
Wie schon angedeutet, einzelne Songs hervorzuheben fällt schwer, eigentlich ist jeder ein kleiner Hit. Besonders gut gefallen mir "Immer noch" (geile Punkattitüde) und "Bis in's Licht" (verdammt schönes Duett - unpeinliches Liebeslied, mehr davon).
Ach ja - wichtig beim Genre "Singer/Songwriter" und "Liedermacher" sind natürlich die Texte. "Captain's Diary" scheint relativ glücklich mit sich und der Welt zu sein. Die meisten Texte handeln eigentlich davon, dass alles knorke ist. Teilweise scheinen auch die Punkwurzeln des Protagonisten durch ("Immer noch", "DIY until I die"), was ich ebenfalls durchaus sympathisch finde.
Also - sehr schönes Album! Ich sach mal: Für DIY-Punker mit Tresenmelancholie, die auch mal Bock auf gediegene Lagerfeuer- und Popmusik haben. Empfehlung!