Nach der letztjährigen EP "Das ist doch kein Name für ne Band" (Helge-Reminiszenz!) Kommt nun das Album "Jugend Mutiert" der Kölner heraus. Zunächst abgeschreckt von dem hippen Bandnamen, der Assoziationen zu allen möglichen ungeliebten Bands weckt, wurde ich bereits
live darauf aufmerksam, dass KMPFSPRT mitnichten poppigen Indie kredenzen, sondern zumindest auf der Bühne ordentlich Dampf im Kessel haben. Trotz gutem Vorsatz habe ich die EP immer noch nicht in Ruhe gehört (verpennt), also überspringen wir die und nehmen uns gleich das Album vor.
Als erstes nervt das Presseinfoschreiben mit viel bemühten Plattitüden von Herzblut, Pathosfreiheit und Aufzählung des bereits geleisteten. Wir lernen allerdings: hier sind u.a. Musiker von Days In Grief und Fire In The Attic drin. Also keine Grünschnüssje, wie man bei uns am Rhein sagen könnte.
Bereits der erste Song "Nachtschicht" lässt aufhorchen. Kräftige Gitarren, gutes Geradeaustempo und viel Melodie und mehrstimmige Harmonien. Sänger Richard singt und schreit, immer kräftig und nach vorne. Schön ist, dass der Gesang nicht zu sehr im Vordergrund steht (Radio-Falle!), sondern schön in den Songs integriert ist. Leider sind die Texte darum aber auch nicht immer eindeutig zu identifizieren - aber es gibt ja ein Textblatt.
Inhaltlich gibt es Mitdenkenswertes, wenn auch oft im Spagat zwischen Denkanstoß und unspezifizierten, offenen Stellen. Es geht um die Lebenswelten, in denen ein Mitdreißiger mit intakter Wahrnehmung nunmal steckt. "Nachtschicht" passt zu Beziehungsveränderungsszenarien, "All My Friends Are Dads" (großer Titel!) könnte ein Younglife Crisis beschreiben und "Am Ende Hell" glänzt mit großartigen Zeilen, die zwischen politisch (Klimawandel, Festung Europa, Kapitalismusfolgen...) und emotional pendeln. Schön, dass es keine Parolen und trotzdem wütende Worte sind, schade, dass es im Refrain dann doch ein paar lyrische Allgemeinplätze gibt.
Weiter geht es mit Stücken über den glanzlosen Alltag in "Halt.Nein.Anders", Musiknichtversteher (mit Frau Potz' Felix als Gast) und dem melancholischen "Atheist", dass sich nicht etwa mit transzendenten Geisterwesen auseinandersetzt, sondern recht nachfühlbar vom Alleinsein handelt. Die Bläser am Ende irritieren zuerst ein wenig, aber warum sollte das nicht auch gehen? Punk ist, was man draus macht, gerade wenn es eher unerwartet kommt.
Die "Theorie Der Guten Chance" ist ein melodischer Punk-Wipper, auch inhaltlich. Die Gang-Shouts wirken hier allerdings ein wenig deplatziert, machen sie doch im folgenden "Keiner von Millionen" noch mehr her, denn hier wird Religionskritik mit Hardcore-Einschlag und Minor-Threat-Zitat veredelt. "Unter Kannibalen" glänzt dann wieder mit großen Melodiebögen. Nicht unbedingt so, dass es wirklich hängen bleibt, was leider an einigen Stellen auf dem Album so ist, aber doch mit pfiffig arrangierten Harmonien und kräftigem Vortrag. "Herzattack-ack-ack" und das abschließende "Gute Reise" beenden das Album in Post-Hardcore-Post-Punk-Manier amerikanischer Couleur.
Diverse Bands könnte man als Vergleich bemühen, aber KMPFSPRT haben durch die deutschen Texte dann doch noch einen recht eigenen Charme. Selber mögen Sie als als Inspiration lieber Hot Water Music und Gorilla Biscuits genannt haben, was absolut stimmig ist, aber auch wer moderne Punk- und Post-Irgendwas-Bands wie bereits erwähnte Frau Potz oder auch Marathonmann mag, wird hier fündig.