Eine neue Ausgabe des Plastic Bomb! Wobei "neu" eher relativ zu sehen ist, "neu" war das Teil als es vor 5-6 Wochen in meinem Briefkasten lag - "aktuell" könnte es immer noch treffen. Aber die Lektüre eines solches Fachblatts nimmt nun mal einige Zeit in Anspruch. Bei mir im Normalfall 2 Monate, weswegen ich den 3-Monatigen Erscheinungsrhythmus ziemlich nett finde. Aber kommen wir zum Heft.
Da gibt es zunächst mal Änderungen in der Besetzung. Der Forderung nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Frauenquote im Führungsstab von Straßenkötermagazinen wurde nachgekommen, Ronja hat nun das Ruder fest in der Hand und Micha nimmt seinen Hut. Irgendwie schon schade, war Micha doch, zumindest für mich, immer sowas wie das personifizierte Plastic Bomb. Aber man soll ja aufhören wenn's am Schönsten ist und möglichst noch bevor die Motivation im Keller liegt und die Abo-Zahlen nur noch in den Altersheimen steigen. Ein nachvollziehbarer Schritt also, aber ich hoffe doch, dass man Micha noch weiterhin oft über den Weg läuft! Dafür taucht ein anderes altes Gesicht wieder auf: Swen hat wieder Bock! Man wird sehen, was die personellen Veränderungen so fürs Heft bedeuten, die aktuelle Ausgabe zumindest fühlt sich nicht großartig anders an.
So, das war jetzt genug Vorgeplänkel. Zum Inhalt! Seit einigen Ausgaben finde ich die Interviews richtig gut, vor Allem weil auch mal mit Musikern gesprochen wird, die man in Punk-Gazetten nicht unbedingt vermutet. Wie diesmal Romano, der sich als durchaus interessanter Charakter erweist. Oder auch Schnipo Schranke, die ich eher überflogen habe. Mit Oliver Polak kommt auch mal ein Comedian zu Wort und auch die überpräsente Antilopen Gang darf kurz was sagen - lustigerweise unter ein Interview mit Instinct of Survival gequetscht, die sich noch darüber ausließen, dass im Plastic Bomb zunehmend auch sowas wie Hip Hop Platz findet, haha!
Im Terrorgruppe-Interview gibt's das übliche witzige Gelaber, Kotzreiz zeigen sich aufgesetzt-angepisst (scheint ein Running Gag bei Interviews mit Ronja zu werden), The Boys berichten über ihre illegale China-Tour, Red Dons und Schwach fand ich auch ganz interessant, von den anderen Interviews (will hier nicht alle aufzählen) blieb nicht wirklich viel bei mir hängen. Achja, ein "Fö" von einem "Bierschinken" kommt auch zu Wort. Ich kann mich an das Interview nicht erinnern, aber was Maks ihm da aus den Fingern saugt kommt ganz plausibel, wenn auch gelangweilt rüber. Für alle Fö-Fans gibt es auch den ersten Teil vom Fö-Starschnitt. Also unbedingt kaufen!
Weitere Artikel? Nett zu lesen Michas zweiter Teil seiner Top 15 UK Punk Alben inklusive etwas erweiterten Siegerpodest, amüsant die Geschichten aus der Gruft (über unseren Lieblings-Verschwörungstheoretiker Dr. Axel Stoll), Punk in der Provinz diesmal über das UJZ Peine und deren Open Air, Vascos Propaganda-Ecke gibt wie immer schöne Denkanstöße, diesmal über die so genannte Flüchtlingskrise.
Gesondert erwähnt seien: Denice Bourbon stellt sich als neue Kolumnistin vor und wird das Feld rund um feministische und queere Themen beackern - bin mal gespannt was da in Zukunft kommt, fand das Herstory-Konzept vor einigen Jahren eigentlich spannender, aber der extrovertierte Schreibstil von Denice und auch die englische Sprache sind mal was anderes. Mehr Infos auch
hier.
Auch spannend: Lars lässt den türkischen Fanziner Haluk zu Wort kommen, der uns die Geschichte des türkischen Psych-Funk näher bringt. Wobei es weniger um die Musik selbst geht, eher darum, in diktatorischen Strukturen eine Subkultur zu etablieren - interessantes Thema!
Dazu die üblichen Platten-, Fanzine- und Demo-Besprechungen, auch die beliebte Führerecke ist wieder dabei. Wie immer einiges zu entdecken. Die Bands der CD-Beilage werden kurz vorgestellt, da sind auch einige Künstler dabei die ich euch nur ans Herz legen kann (Kira Kanoa, Bijou Igitt, Dividing Lines, Christmas u.v.a), reingehört hab ich aber noch nicht. Dafür hab ich ja jetzt auch noch knapp 2 Monate Zeit...
Fazit: Tolle Ausgabe, nicht nur gewohnte Plastic-Bomb-Kost sondern auch einige interessante Schmankerl jenseits der Punker-Scheuklappen (aber immer noch fernab des "Mainstreams").