Kannibal Krach:
Hardcore war gestern
Dreiundzwanzig Lieder in guten 40 Minuten. Alle Texte auf Deutsch. Kein Lable, kein Vertrieb. Minimalistisches Design. Soweit die Fakten. Personell haben wir es bei Kannibal Krach mit einem Duo aus Wermelskirchen im Bergischen Land zu tun, nämlich mit Frustus als singendem Gitarristen und Rik als Trommler. Live werden die beiden von Härp als mitsingendem Bassisten unterstützt.
Die Musik ist recht vielseitig und reicht von rumpeligem Grind über flirrende Black Metal Gitarren bis zu D-Beat und Punk. Alles ist erlaubt, solange es schockt oder lustig ist. Lustig sind allerdings höchstens die musikalischen Überraschungsmomente, denn die Texte sind bissig, zynisch, provokant und stets um Aufsehen bemüht. Das heißt, dass lyrisch kein Blatt vor den Mund genommen wird. Abgerechnet wird mit allem, was einem so im Leben eines Nonkonformisten auf die Seele schlägt. Geschossen wird auf die Medien, das persönliche Umfeld, die Gesellschaft allgemein, Familie, Studi-Kultur und die eigene Unzufriedenheit. Diese Haltung hat Kannibal Krach übrigens in ihrer kurzen Existenz außer Freunden auch schon Auftrittsverbote eingebracht, was die Protagonisten aber unter dem Strich sicher eher freut als ärgert, weil es ins Konzept passt. Einen gewissen Sinn für Ironie und eine gewisse Schmerzfreiheit was den "guten Geschmack" angeht sollte man allerdings mitbringen. Was die ganze Unternehmung glaubwürdig macht, ist die Kompromisslosigkeit und die Bereitschaft, sich selbst zum Ziel der Kritik zu machen.
Dass die Stücke des Debut-Albums dabei nicht alle aus einer Aufnahmesitzung stammen, fällt dabei nicht wirklich auf und stört nicht weiter. An manchen Stellen wünscht man sich vielleicht einen etwas kräftigeren Gitarren-Sound, allerdings leben die Lieder überproportional von den Texten, daher ist es angemessen, dem Gesang hier genung Platz einzuräumen. Dieser reicht von heiserem Kreischen über spartanische melodische Momente bis zu vereinzelten Growls und Irrsinn-Kopfstimme. Instrumental sind die kurzen Stücke alle solide gespielt und abwechslungsreich arrangiert. Auch die drei Live-Tracks, die sich quasi als Bonus am Ende der CD finden, sind ein Beleg für die Qualität der Musiker, die alle seit langem in den unterschiedlichsten Bands tätig sind und ihr Können hier unter Beweis stellen. Alles in allem eine kurzweilige, eigenständige Platte.