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Apologies, I Have None:
Pharmacie
Vor vier Jahren überraschte mich das Debüt-Album „London“ der Band APOLOGIES, I HAVE NONE mit hymnischen Indie-Punkrock-Perlen, oft dreistimmig vorgetragen, gespickt mit Gitarrenmelodien, die sich in die Gehörgänge bohrten. Textlich befasste es sich mit der Hassliebe zur britischen Hauptstadt und strahlte dabei eine gehörigen Prise Optimismus aus. Der Nachfolger „Pharmacie“ klingt streckenweise ganz anders. Der Optimismus, musikalisch als auch textlich, ist vom Pessimismus eingeholt, zerkaut und in die hinterste Ecke gerotzt worden. Das liegt wohl besonders an den Besetzungswechseln: Von der Mannschaft, die „London“ einspielte und damit kreuz und quer durch die Lande tourte, ist nur noch Josh McKenzie, Sänger, Gitarrist und Texter, übrig. Der steht jetzt alleine vor dem Mikrofon. Die Bandausstiege sowie persönliche Probleme scheinen ihm zugesetzt zu haben. McKenzie machte schon mit EP „Black Everything“, die zwischen den Langspielplatten erschien, deutlich, dass sein Glas eher halb leer als halb voll ist. „Pharmacie“ nimmt diesen düsteren Faden wieder auf. Es ist ein Konzeptalbum über die schlechten Dinge im Leben geworden, über Leid, Depressionen – aber auch über die Pillen dagegen. Erzählt wird die Geschichte eines Paares, dass am mentalen Verfall des lyrischen Ichs zugrunde geht.

„Is it ever enough, love and medication? (...) Over and over and over again I have the same conversation in my head, why the fuck am I like this?“ fragt McKenzie im Opener “Love & Medication”, der vielleicht noch am meisten an APOLOGIES, I HAVE NONE zu Zeiten von „London” erinnert, und stößt einen damit kopfüber in die Geisterbahn der miesen Gefühle. Es folgen Songs, die ganz plötzlich zwischen rauem, intensiven (Post-)Punk zu ruhigem, langsamen Pop wechseln und damit die Zerrissenheit des Erzählers wunderbar untermalen. Teilweise stimmen die Gitarren kurz hymnische Melodien an („It`s never the words you say“, „Killers“), in anderen Liedern überwiegt die Monotonie von Bass und Schlagzeug („Wraith“, „Everybody wants to talk about mental Health“) und manchmal wird das musikalische Fundament ganz zurückgebaut, um McKenzies Stimme in den Vordergrund zu stellen („The Clarity of a Morning“, „Crooked Teeth“). Der singt, schreit und spuckt - die Schwere der Thematik ist beim Hören fast körperlich zu spüren. Der behutsame Einsatz von Geigen und Tasteninstrumenten macht das musikalische Potpourri der Gegensätze nur noch perfekter. Thematisch passt es auch wie die Faust aufs bereits geschlagene Auge, dass im letzten Song „Pharmacie in France“ ein Zitat von Bret Easton Ellis` American Psycho genutzt wird: „This confession has meant nothing. There’s no more barriers to cross. Nothing is redeemed. I've gained no deeper knowledge of myself (...) You could take my hand and feel my flesh gripping yours but I simply am not there.”

“Pharmacie” von APOLOGIES, I HAVE NONE ist kein Album, das man einfach einlegt und nebenbei beim Abwaschen, Einkaufen oder Autofahren hört – und schon gar nicht auf der nächsten bierseligen Party. Auch ist die Scheibe keine, aus der man sich einzelne Lieblingssongs rauspicken kann. Vielmehr ist „Pharmacie“ als Gesamtkunstwerk zu verstehen, als vielschichtige und erwachsene Auseinandersetzung mit dem Thema Depressionen, dass dem Zuhörer einiges abverlangt und nach dem Genuss erschöpft in den Sessel sinken lässt. Die Geisterbahn der miesen Gefühle lohnt sich aber – wenn man sich darauf einlassen will und kann.
Mikula 09/2016
Hörprobe:
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Apologies, I Have None
Musikstil: Pop-Punk, Punkrock
Herkunft: London
Homepage: http://apologiesihavenone.co.uk
Apologies, I Have None - Pharmacie

Stil: Post Punk, Punkrock, Indie
VÖ: 26.08.2016, CD, LP, Uncle M (Link)


Tracklist:
01. Love & Medication
02. Wraith
03. The Clarity Of Morning
04. Anything Chemical
05. Goodbye, Peace Of Mind
06. Crooked Teeth
07. Everybody Wants To Talk About Mental Health
08. It's Never The Words You Say
09. Killers
10. A Pharmacy In Paris



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