Alte Sau:
To Be As Livin'
Alte Sau, das aktuelle Projekt um Jens Rachut, verzichtet gänzlich auf Gitarren, der Sound wird lediglich durch Schlagzeug, Tasten und Gesang erzeugt. Gut daran: Nix kommt aus dem Computer, also keine nervigen Beats, Samples, etc.. Schlecht daran: Keine E-Gitarren. Die wünsche ich mir schon zurück, beim Hören von "To Be As Livin'" denke ich mir bei wirklich jedem Lied: Wie geil würde das jetzt mit E-Gitarren und doppelt so schnell klingen?
Denn stilistisch ist der neue Streich, lässt man das instrumentale Gewand mal außen vor, sehr ähnlich zu bisherigen Rachut-Werken. Textlich wird sich sogar selbst zitiert ("Fehler im Gehirn" bedient sich bei "Hammer auf Metal" von Kommando Sonne-nmilch). Auch gibt es wieder viele Tiere in den Songtiteln (Zackenbarsch, Stier, Bär, Raben, Flöhe, Leberwurst). Der Gesangsstil des Protagonisten ist selbstverständlich wieder eher ein Sprech- oder Brüllstil, der weibliche Chor fügt an der ein oder anderen Stelle ein Quantum Melodie in die Kompositionen.
Textlich beschäftigt sich Rachut, ähnlich wie beim letzten Kommando-Sonne-nmilch-Werk "You Pay I Fuck", sehr viel mit dem Tod, am Offensichtlichsten wird dies bei den Liedern "Lass es im Nebel stehen", "Kreis ist leer" und "Stier und Bär". Die Texte sind wie immer kryptisch - geht es in "Ohne Pause" jetzt um Krebs oder Konsumkritik? Textlich ist die Scheibe allgemein wieder sehr cool gelungen, "Drei Sorten Flöhe" handelt von dem erwachsenen Mowgli aus dem Dschungelbuch, bzw. thematisiert Wolfskinder im Allgemeinen. "Zackenbarsch" und "Die Raben" sind vielleicht gar keine Songs, streng genommen. Ersteres ist eher ein kurzes Hörspiel, bzw. eine Kriminalgeschichte mit melodischem Refrain, Letztgenanntes ein Gedicht, wenn auch ohne melodischen Refrain.
Wie bereits angedeutet, musikalisch wäre mir Gitarrenpunkrock lieber, die Orgel ist mir an der ein oder anderen Stelle zu penetrant. In "Fehler im Gehirn" passt sie echt gut, klingt so videospielmäßig, wie bei Castlevania oder so. Die Songs "Cha Cha No" und "Maschinen" könnten sogar gut in der EBM-Disco laufen, sie erinnern mich an DAF. Aber über 12 Lieder ist dieses Instrument schon ein bisschen anstrengend.
Zusammenfassend dennoch ein recht gelungenes Album, textlich auf jeden Fall, musikalisch teilweise auch. Anspieltipps: "Ohne Pause", "Zackenbarsch", "Drei Sorten Flöhe".