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Klotzs:
Eine Stadt Keine Stadt
Kategorie: "Was jemand besprechen wollte und es dann aber monatelang vor sich her schob"

Meine erste Begegnung mit Klotzs war eine 7“ mit dem klangvollen Namen „In Gold“, die mir mein Mitbewohner auf eine Mix-Kassette aufgenommen hatte (Hallo Øssi!). Die fand ich so gut, dass ich sie mir kurz danach selbst als Platte gekauft habe; es klang nach EA80, mit etwas weniger Schwermut, das gefiel mir. Dann endete meine Zeit mit Klotzs irgendwie, denn obwohl sie anscheinend aus Siegen kommen (also von nicht soo weit weg), habe ich es immer verpasst, sie live zu sehen und die Veröffentlichungen danach sind auch irgendwie an mir vorbei gegangen.
Bis jetzt, wo ich diese verrückte Platte hier besprechen darf!
Eine Doppel-LP mit drei bespielten Seiten.

Ich habe schon davon gehört, dass Klotzs zum Duo geschrumpft sind in der Zeit. Hier gibt es Schlagzeug, Gitarre und Gesang. Aber Gitarre mit ca. 2000 Effektgeräten, und es hört sich tief an und man meint, auch noch einen Bass zusätzlich zu hören. Im Promo-Wisch steht, es handelt sich um eine Bariton-Gitarre, aha. Und ich meine mal gelesen oder gehört zu haben, dass sie auch außerdem gleichzeitig über einen Bass-Verstärker gespielt wird? Jedenfalls hört es sich an, wie eine ganze Band.

Die Musik ist anders geworden...sehr abwechslungsreich. Verschiedene Einflüsse und verschiedene Musikrichtungen sind hier in einen Topf geworfen worden. Und erst mal denke ich: „Huch, das kann ja gar nicht zusammen passen!“. Der EA80-Sound ist noch da und herrscht auch über viele Lieder und Lied-Teile vor. Aber da ist noch ganz viel anderes dazu gekommen. Pop. Alte Tocotronic. Glockenspiel oder Klaviergeklimper. Gezupfte Gitarre. Banjo. Aber auch viel Noise. Manchmal wechselt es in einem Song. Manches erinnert mich an 1.Mai'87, manches wieder an EA80, bei manchen Songs muss ich aber einfach an Tocotronic denken. Manchmal klingt es eckig und schräg; dann wieder poppig und geradeheraus.
Der Gesang ist auch etwas schräg und damit vielleicht auch etwas gewöhnungsbedürftig. Er erinnert mich auch stellenweise an Tocotronic - und dann doch wieder an Junge von EA80. Klingt seltsam? Finde ich auch.
Aber trotz all den verrückten, gegensätzlich wirkenden Einflüssen kommt die Platte wie aus einem Guss (das sagen Rezensenten oft). Aber wirklich! Jedes Lied klingt eindeutig nach Klotzs, so verschieden sie auch sein mögen. Es hat sich auch jemand sehr viel Mühe gegeben, die Songs in eine Reihenfolge zu setzen, das hört man. (Deswegen höre ich Alben immer gerne am Stück durch, weil ich mir denke, dass sich jemand bei der Zusammenstellung hoffentlich was gedacht hat.)
Was Klotzs perfekt beherrschen, ist das Spiel mit laut und leise. Das mag ich. Manchmal klimpert ein Song so leise vor sich hin, um dann plötzlich in ein Noise-Gewitter auszubrechen. Toll!
Die Texte sind mal mehr und mal weniger verschwurbelt; sie handeln von Zwischenmenschlichkeiten, von Gefühlen, von Wut, von Resignation, von Zweifeln.
Klotzs sagen lieber nein als ja. Klotzs sind melancholisch.

Was auf keinen Fall unerwähnt bleiben darf, ist die Aufmachung der Platten. Ein Klappcover. Wenn du aufklappst, springt dir ein Pop-Up-Bild von einer Stadt entgegen. Das ist wirklich wundervoll! (Als Kind hatte ich eine Menge Pop-Up-Bücher, die ich sehr geliebt habe…)
In die 4. Schallplattenseite sind Häuser rein geritzt. So wie auf machen LPs manchmal was in der Mitte im Kreis geschrieben rein geritzt ist - ist hier gleich die ganze Seite voll. Im Promo-Wisch nennen sie es Gravur. Wie machen die das eigentlich? Wird das bei jeder LP von Hand rein gekritzt??? Ich habe versucht, es zu recherchieren und bin jetzt ein bisschen schlauer. Es wird schon in die Lackfolie eingeritzt, mit der die Platte gepresst wird und alle Platten, die von diese Folie abstammen, haben dann so eine Gravur. Aber schon per Hand. Ich fand es ja immer schon aufregend, wenn mal ein ganzer Satz in der Mitte im Kreis stand, und nicht nur eine Seriennummer…aber eine extra Folie für die 4. Seite, nur für eine ganzseitige Kritzelei, das ist schon ganz schön aufregend.
Diese Platte ist jetzt auf jeden Fall die schönste und aufwendigste, die ich in meinem Regal stehen habe!

Fazit: An den Gesang war ich ja zum Glück schon gewohnt, das war wahrscheinlich von Vorteil.
Die Punk-/EA80-/Noise-Anteile der Platte gefallen mir natürlich viel besser, als die Pop-/Tocotronic-Anteile. Aber irgendwie passt ja doch alles in einander und zusammen, deswegen überlebe ich auch die – ich sag mal so – leicht schlageresken Teile. Der Grundton der Platte ist wütend und traurig und auch Punk; dann darf man auch mal etwas Pop oder was-auch-immer dazu rühren. Die Gitarre klingt sowieso wunderschön.
Wer sich diese Veröffentlichung wegen der super-duper-extra-ausnehmend-wundevoll-Aufmachung nicht auf LP besorgt, sondern nur seelenlos aus dem Internet herunter lädt, ist in diesem Fall wirklich selber schuld...
Coco 04/2019
Hörprobe:
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Klotzs - Eine Stadt Keine Stadt

Stil: Punk
VÖ: 01/2018, LP, Major Label (Link)


Tracklist:
01. Zweifel
02. Zuruf
03. Mahlstrom
04. Veränderung
05. Kleine Geheimnisse
06. Heile Welt 1
07. Augenzeuge
08. Eine Stadt
09. Keine Stadt
10. Deutschpunk 2.0
11. Canyon
12. Heile Welt 2
13. Uit !
14. Im Toten Winkl
15. K D N
16. Nebelgrau
17. Entstehen - Erschaffen - Verfallen
18. Der Letzte Schrei Bleibt

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