Children of Boredom:
Demo
CHILDREN OF BOREDOM - Eine Name, wie ein tief in ins Stirnbein geporkelter Zeigefinger.
Vor mir liegt das wunderschöne DIY Demo Tape der Band aus Dortmund. Komplett aus Pappe ist es - also die Verpackung getz. Das Tape im Inneren ist selbstverständlich aus hochwertigen Hartplastik. Außerdem gibt es noch ein handschriftlich gehaltenes, selbst über den Kopierer gezogenes krickelkrakel Inlay. Das sieht aus, als ob sich ein*e zeichnerisch so medium begabte*r Siebtklässler*in während des dröhnend langweiligen Physikunterrichts in der letzten Reihe mit nem angekauten Stabilo ausgetobt hat. Die Sorte Siebtklässler*innen, die immer einen Ohrstöpsel durch den Kapu-Ärmel gezogen hatten, um beim Kopf aufstützen verdammt unauffällig Mukke zu hören. Was für Zeiten...
Sicher haben einige dieser Siebtklässler*innen zu irgendeiner Zeit im Physikunterricht mal WEEZER gehört. Ich nicht, weswegen ich die allgegenwärtigen Vergleiche CHILDREN OF BOREDOMS mit den Ikonen des College Rock nicht wirklich verifizieren kann.
Vielleicht muss man das ja aber auch gar nicht, um festzustellen, dass hier äußerst formidable Kost geboten wird, welche insbesondere auf der A-Seite für ein Demo schon ziemlich konsistent ist. Verwundert mich allerdings auch nicht wirklich, weil eigentlich bei jeder Band, die ich auch dem Dortmunder Norden in den letzten Jahren richtig Knallerl fand, mindestens ein CHILD OF BOREDOM mit am Start war.
Genretechnisch bewegen sich die Songs irgendwo zwischen unpeinlichem Poppunk und Indierock. Beides Musikrichtungen, mit denen ich eigentlich nicht besonders viel anfangen kann. Aber CHILDREN OF BOREDOM hauen mich um und das liegt am herrlich schrammligen Grunge-Sound und den Songstrukturen, die die Punkwurzeln offenbaren. Kaum ein Song wird so richtig zu Ende gespielt. Anfänge und Enden verschwimmen. Ne Hook gibts irgendwie immer, aber kommt die jetzt noch mal? Das Ganze ist irgendwie unperfekt und das find ich geil. Alles gespielt mit mit dieser Leichtigkeit, die ich sowohl instrumental als auch textlich beneidenswert finde.
Ich glaube jede*r der*die in seinem*ihrem Leben schon mal ne handvoll Songs geschrieben hat, kennt den Moment, an dem man sich fragt, ob der ein oder andere Part im gerade geschrieben Stück nicht doch zu glatt, poppig, cheesy, stumpf… (Liste bitte entsprechend individuellem Proberaumlangenscheidt vervollständigen) ist.
Genau diese Momente finde ich in den 11 Songs ständig.
Allerdings sind sie toll und schön und absolut wertvoll! Sie kommen daher mit einer Gelassenheit, die Mut macht beim nächsten dieser Momente einfach mal drauf zu scheißen, weiter auf den selben zwei Akkorden rumzureiten und dabei einfach irgendeine Geschichte zu erzählen. Zum Beispiel die, wo du am Flughafen eine*n Freund*in abholst und es dich völlig aus den Socken haut, dass dich eine dir vollkommen unbekannte Person einfach so grüßt (High).
Oder die Geschichte darüber, dass du irgendwie grad keinen Bock auf deine*n beste*n Freund*in hast und dir deswegen irgendwelche Stories ausdenkst, weswegen du seine*ihre Anrufe nicht beantworten muss (Homie).
All das ist ganz und gar nicht langweilig und noch weniger trivial, weil es uns alle irgendwie betrifft und das auch mal abseits der ganz großen Themen.
Ich wünsche mir, dass CHILDREN OF BOREDOM ganz schnell neues Material nachlegen, denn das Demo hier ist definitiv mein Tape des Sommers.