Zugegebenermaßen, die Broilers waren nie eine Band, die mir besonders wichtig war. Ich fand immer so ein paar Lieder recht gut (Nur die Nacht weiß, In 80 Tagen um die Welt, Ich bin bei dir, Dein Leben...), aber für mich hatten die Alben halt immer auch eher langweilige Lieder. Spätestens seit Santa Muerte habe ich mich dann kaum mehr mit der Band befasst, mir war das alles zu deutschrockig, langsam, pathosgeschwängert. Auch auf Festivals nahm mich die Band nicht mehr so wirklich mit.
Warum ich dann eine Rezension zum neuen Werk schreibe, fragt sich der Bierschinkenleser jetzt vielleicht. Sicherlich nicht um einen kalkulierten Verriss zu schreiben, eher, weil es mich einfach mal interessiert, wie eine Band, die man vor ca. 15 Jahren zumindest mal ganz gut fand, heute so klingt.
Und ein Verriss wäre auch schlichtweg unfair. Mir gefällt Puro Amor, obwohl der Albumtitel und das Cover schon wirklich Übles vermuten ließen, auf jeden Fall viel besser, als das letzte von mir bewusst wahrgenommene Santa Muerte. Puro Amor ist ein thematisch nicht sonderlich originelles Konzeptalbum (es geht, Trommelwirbel, um Liebe), das irgendwie genauso klingt, wie man es erwartet hat. Heißt: Größtenteils Mid-Tempo-Deutschrock, und pathosgeschwängerte Texte. Die Besonderheit bei den Broilers in diesem Genre ist es seit jeher, einen gewissen Anteil an Reggae und Ska beizusteuern, diese Nuance unterscheidet sie von den Hosen, Betontod und Konsorten. Auch wenn Deutschrock nach wie vor nicht meine präferierte Musikrichtung ist, machen die Broilers das jedoch besser als die beiden erwähnten Bands im Jahre 2021. Auf Puro Amor sind Mitgrölrefrains vorhanden, bei denen man sich nicht schämen muss ("Gib das Schiff nicht auf", "Niemand wird zurückgelassen"). Die bereits erwähnten Ska- und Reggae-Songs passen und sorgen für Abwechslung (besonders "Trink mich doch schön" ist cool). Ja, und das Album hat durchaus gute Songs, denen ich den Pathos abnehme. Nummern, die emotional aber eben nicht peinlich sind. Gut gefallen mir "Nach Hause kommen/zurück zu dir", "Porca Miseria" und "Alter Geist". Erwähnenswert sind vielleicht noch das düstere "Dachbodenepisoden", das stilistisch doch positiv aus der Masse der Songs heraussticht und "Alice und Sarah", weil eine Positionierung gegen Rechts immer gut ist und der Song noch dazu ein Ohrwurm ist.
Jou, ich bin hier durchaus positiv überrascht und werde mir Puro Amor sogar noch das ein oder andere Mal anhören. Irgendwie echt ganz gut geworden! Nur mit Zeilen wie "Morgenradio tut mir körperlich weh" (aus "Diktatur der Lerchen") wäre ich etwas vorsichtig, denn Puro Amor unterscheidet sich, wenn man ehrlich ist, nicht mehr allzu sehr von ebendiesem. Natürlich sind wir gottseidank bei Weitem noch auf keinem Mark-Forster-Niveau angekommen. Aber, ich wollte es nur gesagt haben.
1. Nicht Alles Endet Irgendwann
2. Nach Hause Kommen/Zurück Zu Mir
3. Gib Das Schiff Nicht Auf!
4. Porca Miseria
5. Alter Geist
6. Trink Mich Doch Schön
7. Schwer Verliebter Hooligan
8. Diktatur Der Lerchen
9. Da Bricht Das Herz
10. Dachbodenepisoden
11. Alles Wird Wieder Ok!
12. Niemand Wird Zurückgelassen
13. Alice Und Sarah
14. An Allen Anderen Tagen Nicht (Lebe, Du Stirbst!)