Das UNDERGRDOG (DIY A5, 84 Seiten, komplett schwarz-weiß, 2,50 €) ist DAS Fanzine für Intellektuelle unter den äh... Fanzines. Ihr müsst dafür jetzt zwar nicht unbedingt studiert haben. Aber dann versteht ihr halt nix, haha.
Nee, ernsthaft: Ja, der Lesestoff ist teilweise durchaus sozialwissenschaftlich geprägt und für manche Personen, die sich sonst nicht so durch wissenschaftliche Lektüre wuseln, an manchen (!) Stellen vielleicht auch etwas sperrig. Für mich janz persönlich relativiert das UNDERDOG so mein nicht vorhandenes schlechtes Gewissen, wenn ich mich nicht über Bücher versuche weiterzubilden. Rotzalledem überwiegt der grundsätzlich interessante und durchaus lehrreiche Eindruck deutlich, wenn Autor Fred unter dem Schwerpunktthema (ein solches gibt es in jeder Ausgabe) "Anti Everything" einen weitgehend anderen Inhalt auftischt, als ich ihn unter diesem Schwerpunkt vermutet hätte.
Nach einer theoretischen Abhandlung geht es zunächst persönlich zur Sache: Freds ganz eigene Sozialisation von Kindesbeinen an und das Bewusstsein, dass sein "dagegen" vor allem auch ein "dafür" ist. Gegen die allgegenwärtige Gesamtscheiße, für eine deutlich humanere Sichtweise auf die Dinge und deren Umsetzung. Wobei auch die extremen Gegensätze innerhalb unserer Subkultur zwischen den "Brunnenpunks" und "No Future"-Lebensweisheiten auf der einen und "Positive Mental Attitude" auf der anderen Seite, nicht außer acht gelassen werden. Oder waren es neun? Haha, super witzig, maks.

Überraschend und angenehm viel Platz nehmen die Unterthemen Feminismus, Queercore, FLINTA* etc. ein. Auch hier wird auf die Entstehungsgeschichte und Entwicklung geblickt, so dass sich das UNDERDOG für mich zu einer großartigen Ergänzung zu dem gerade neben mir liegenden (und gerade erst angefangenen) Buch "Homopunk" von "Ph. Meineid" erweist. Jetzt habe ich gerade so megacool indirekt rumgeprahlt, was für ein cooler Antityp ich bin, weil ich keine Bücher lese und dann das. Erwischt und bestraft.
Interessante Interwiews mit Protagonist*innen der Szene runden die eh schon runde Sache ballförmig ab.
Dazu gibt´s ´ne gebrannte CD-R, auf der 18 Songs von "Anti-Bands" zu finden sind, wie z.B. Antidote, Anti Everything, Anti Corpos, Antiphaty oder auch die Brüsseler Band Lavender Witch, die im Heft interviewt wird.

Das UNDERDOG ist und bleibt eine Ausnahmeerscheinung unter den Fanzines. Zumindest unter denen ich kenne. Also unter beiden. Nicht besser, nicht schlechter, aber halt anders. Anti Everything halt. Und vor allem mal wieder richtig gut, aufschlussreich und Horizonterweiternd. Müsste ich Sterne vergeben, ich würde es tun. Gute Nacht!
Bestellen: www.underdog-fanzine.de