Gibt mensch die Worte marode und Risse bei einem führenden Suchmaschinenunternehmen ein, wird einem himmelangst, ob des Zustandes der Brücken in diesen Breiten: "Zehntausend Risse und noch in Betrieb [...]". Wenn das mal keine ebenso passende Beschreibung für Punkrock ist. Im Infoanschreiben zur Platte steht zudem: „marode spielen alten Punk in einer kaputten Welt […]. Juchhu, bonjour Tristesse! Das graue Frontcover zeigt Betonplatten, zwischen denen etliches Unkraut sprießt und gedeiht. Ist da also doch noch Leben und ein Lichtblick? Ich muss an den Song Disteln in Beton denken. Passt zwar nur inhaltlich, aber hey! Auf der Rückseite kommt etwas Farbe ins Spiel und hungrige, gelbe Kükenschnäbel recken sich aus einem Nest empor, die Fütterung erwartend. Sind sie verlassen oder kommt noch ein Elternteil? So sagt es mir doch!

Schon die digitale EP Dein Platz in der Gesellschaft, von der alle fünf Stücke auch auf dem Album vertreten sind, fand ich sehr gut und es freut mich, dass nun ein Album das trübe Licht der grauen Welt erblickt. Und so viel sei vorweg verraten, zwischen all der Gesamtscheiße ist Platz für Hoffnung und aus Wut wächst die Kraft, mit der wir uns gegen den Irrsinn stellen (müssen).

MARODE hauen keine Demoparolen raus und hüten sich davor, einfache Antworten zu geben. Sie stricken mit ihren Worten ein Netz, welches uns einfängt, zappeln lässt, entlarvt und wir können zusehen, wie wir uns daraus wieder entheddern; in Freiheit oder halb abgesoffen im Brackwasser. Es gibt viele Referenzen und Zitate aus dem Pop-, Punk- und Kulturbereich und es macht Spaß, diese zu erkunden. Bei herrlich destruktiv fühl ich mich das erste Mal so richtig ertappt. Punk und Elternschaft wird wunderbar in der Zeile verdichtet: „Punk ist jetzt ein Kalendereintrag Samstag um halb acht“. Der sitzt! Aber auch nicht jeden Samstag, möchte ich da anmerken!

Die Platte erscheint mit Textbuch, das mit thematisch passenden Schwarz-Weiß -Fotos liebevoll gestaltet ist. Und musikalisch? Gitarre, Schlagzeug, Bass, eher roh als glatt, Melodien gibt es auch, ach hört's Euch an! Im Großen und Ganzen geht‘s sehr flott zu, aber gerade die Midtemponummern finde ich stark. Hier kommt der Bass noch mehr zum Vorschein und der nicht perfekte Gesang berührt mich. Ist eine wirklich gute Scheibe und sie wird auf jedem Fall in meinen Top Ten des Jahres landen.

Anspieltipps: Falsch und Klein, Das gruselige Lied, Sätze mit Aber, Pennen