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Lügen:
III

Die 2016 gegründete Band LÜGEN aus Dortmund ist Geschichte und das ist sehr bedauerlich. Ebenfalls sehr bedauerlich ist das Ende von Twisted Chords, dem Label, auf dem die beiden bisher veröffentlichten Platten von LÜGEN erhältlich waren. Zum Glück hat sich Bakraufarfita Records ein Herz gefasst und übernimmt die Restbestände, sodass ihr nun nicht nur das erste und zweite Album bei ihnen erstehen könnt, sondern auch das im Dezember erschienene Tape, auf dem sich das Abschiedsalbum mit dem simplen Namen III befindet. Zunächst waren die Songs nur digital zu hören, schön, dass sie nun doch in physischer Form zu haben sind.

LÜGEN machen auf III genau da weiter, wo sie mit II aufgehört haben. Das Album ist mit 10 Titeln nur etwas länger ausgefallen als die beiden vorhergegangenen. Gespielt wird immer noch Post-Punk mit dieser typischen, melancholisch sirrenden, hohen Pling-Pling-Gitarre, die über alle Songs hinweg fast den immer gleichen Sound liefert und Wechselgesang, der sporadisch männlich und vermehrt weiblich ist. Wobei man Sabrinas Gesang auch schon fast Sprechgesang nennen könnte, ganz ohne dass dies nun in irgendeiner Form wertend zu verstehen ist. Im Grunde kommt es auch nur wenig darauf an, wie hier gesungen wird, sondern über was! Sängerin Sabrina, die nicht nur auf lokaler Ebene einer der führenden Köpfe war und ist, wenn es um das Thema Sexismus im Allgemeinen und speziell Sexismus im Punk geht und auch darüber hinaus kein politisches Statement scheut und sich immer stark macht für mehr Queer-Feminismus in der Szene, hat auch hier wieder einiges Wichtiges zu sagen. Wieder mal geht es den Zuständen an den Kragen, sei es dem immer noch bestehenden Sexismus, Belästigung bzw. Stalking (Das Leben und Sterben des Mannes), Gleichgültigkeit und fehlender Aktivismus (wenn sie fragen). Es geht darum, wie sehr man sich in Deutschland unwohl fühlt aufgrund von alldem was um einem herum passiert (Outro), um Suizid (Lücke) oder auch um Gentrifizierung, für die hier beispielhaft der Umbau des Dortmunder Hafens herangezogen wird, der momentan dabei ist, sich von einem Binnenhafen in eine Vergnügungsmeile und einen Wirtschaftsstandort der Kreativ- und Digitalindustrie zu wandeln (Am Hafen).
Weg also mit dem öffentlichen Raum, in dem Menschen allen Alters und Couleur am Hafenbecken sitzen und ein Bier vom Kiosk trinken, hin zu einer im kapitalistischen Sinne verwertbaren Fress- und Vergnügungsmeile für alle, die es sich leisten können, ganz dem Beispiel von Münster und anderen Städten folgend, die mit ihren Häfen ähnlich vorgegangen sind. Es ist wie Sabrina treffend formuliert: "Eure scheiß Subkultur könnt ihr behalten, aber nicht hier". Denn für Subkultur wird im Dortmunder Hafen bald kein Platz mehr sein und das ist von den führenden Köpfen der Stadt so gewollt. Im Stadtrat möchte man hier halt lieber Starbucks als Subkultur etablieren!
Textlich ist alles somit wieder sehr am Puls der Zeit und wie gewohnt intelligent bis intellektuell ausformuliert, ohne dass es so abgehoben ist, dass die Hörer:innen es nicht verstehen können und ohne zu dozentisch-belehrend rüber zu kommen.

Die Kassette erscheint übrigens in einer risobedruckten, klebefreien Faltschachtel und sieht darin wirklich sehr toll aus.

Also, das Mic ist gedroppt, die Stecker gezogen und eine wichtige, meinungsstarke Band und mit ihr eine kämpferische, laute und kluge Frontfrau aus der Musiklandschaft Deutschlands und der deutschsprachigen Punkszene verschwunden. Aber wenigstens nicht, ohne sich mit den Songs auf III gebührend zu verabschieden. Teile der Band machen bereits in neuen Bands wie JETSKI ACCIDENTS und KID KODAK weiter. Bleibt zu hoffen, dass auch Sängerin Sabrina alsbald wieder im musikalischen Kontext auf den Bühnen der Republik zu sehen und hören ist! Bis dahin machts gut! Wir vermissen euch jetzt schon!

Peter 01/2023
Hörprobe:
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Lügen
Musikstil: Post-Punk, Post-Hardcore, Deutschpunk
Herkunft: Dortmund
Homepage: https://www.facebook.com/luegenpunx
...mehr Infos
Lügen - III

Stil: Post-Punk, Post-Hardcore
VÖ: 09.12.2022, Tape, Bakraufarfita Records (Link)


Tracklist:

01. Was das Volk will
02. Lücke
03. Vergissmeinnicht
04. Selbstunterschätzungssyndrom
05. Outro
06. Am Hafen
07. Krieger*innen
08. Militanz(t)
09. Das Leben und Sterben des Mannes
10. Wenn sie fragen


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