Ganz schön düster, was Dr. Skap Records sich da aufs Label geholt hat. Die Aachener Band HANDVOLL SCHERBEN sind neu zum Mönchengladbacher Label dazu gestoßen. Nun erweitern sie das Label-Programm mit ihrem sehr kernigen Sound-Mix aus deutschem Punkrock, altem englischem und aktuellem amerikanischen Oi! / Streetpunk sowie amerikanischem Hardcore. Das Ganz ohne auf die bekannten Klischees der besagten Genres zurückgreifen zu müssen, sowohl textlich als auch musikalisch. Die Songs wurden bereits vor über einem Jahr zunächst in Eigenregie zusammen geschustert, aufgenommen und digital veröffentlicht und fanden jetzt schlussendlich mithilfe von Dr. Skap Records, ihren Weg auf einen physischen Datenträger.
In ihren Texten wagen sie einen ungeschönten Blick auf aktuelle gesellschaftliche Vorgänge, bleiben dabei aber zum Teil etwas vage und unkonkret, sodass man nicht immer weiß, auf wen hier mit dem Finger gezeigt wird. Ganz besonders fällt mir dies beim Song Keil auf, bei dem sie am Anfang kurz wie die OLD FIRM CASUALS (Skinhead) klingen und bei dem von einer Person die Rede ist, die elitär und von oben herab über andere Menschen und ihr Leben urteilt, sie in gut und schlecht aufteilt, dabei in ihren Dogmen gefangen ist und mit ihrem Verhalten, so behauptet es die Band, die Gesellschaft spaltet. Ich frage mich, wen der Texter wohl beim Schreiben im Sinn hatte? Denn ob hier nun eher Menschen mit FDP-Parteibuch oder Teilnehmer an FFF-Demos, mehr der Böhmermann oder doch eher der Nuhr, mehr die Leute vom Plastic Bomb oder die vom ZAP gemeint sind, wird bewusst offen gelassen. Das macht es mir natürlich nicht einfach, herauszufinden, aus welcher Richtung hier auf wen geschossen wird und ob ich dies für berechtigt oder nicht halte. Interpretationsspielraum ist hier also genügend vorhanden. Anderseits gefällt es mir auch gut, dass hier nicht so platt und plakativ getextet wird. Manchmal ist das Entschlüsseln dann aber doch nicht so schwer, zum Beispiel beim Song Die Pest, bei dem wahrscheinlich dem weltweit vorherrschenden Kapitalismus vor die Füße gespuckt wird. Allgemein muss man sagen dass der Texter durchaus ein Händchen dafür hat, mit seinen Worten ein lyrisches Bild zu malen (z.B. bei Handvoll Scherben)
Musikalisch stechen für mich immer wieder die Gitarren raus, die immer wieder kurze und prägnante Melodien einstreuen. Aber auch die Menschen an Bass und Drums machen ihre Sache gut und verleihen dem Sound ordentlich Druck und treiben die Songs dadurch weiter nach vorn. Der tiefe, rohe Gesang wird nicht bei allen Hörer:innen uneingeschränkt gut ankommen, für mich passt er wunderbar zum düsteren, kalten und depressiven Gesamtbild, das mit Musik, Texten und Artwork gemalt wird und verleiht dem Ganzen zudem die nötige Portion "Straße".
Die Platte ist auf einem einseitig bespielten schwarzen Vinyl erschienen, auf deren zweiter Seite findet sich ein dem Auge schmeichelnder Siebdruck. Die Platte ist auf 300 Stück limitiert und außerdem findet man die Texte auf dem beiliegenden Inlay, sodass ich von der Seite auch wenig zu meckern habe.
Während ich diese Zeilen tippe, befindet sich die Band bereits wieder im Studio, um neue Songs aufzunehmen. Man darf also gespannt sein, was da demnächst so auf uns zu kommt.
01. Handvoll Scherben
02. Keil
03. Gewalt
04. Aus dem Nichts
05. Die Pest
06. Jeden Tag
07. Ich fühle nichts
08. Was du hast