Sowohl live als auch mit ihrem Debut-Langspieler wussten mich Dream Nails schon sehr zu überzeugen. Dann gab es jedoch einen Wechsel am Gesang und für mich die Frage, ob es die Band auch mit neuer Sängerin noch drauf hat. Gut, dass vor kurzem das neue Album "Doom Loop" released wurde. Die neue Stimme hat grundsätzlich ein bisschen weniger Attack (was auf dem Album aber mittels Effektpedal weggetrickst wurde), dafür aber ein gutes Plus an Melodie. Generell merke ich, wie die Platte vom ersten Song in die Gehörgänge reingeht. Rein technisch sehe ich da sogar einen ziemlichen Sprung im Vergleich zum Vorgänger. Vor allem Gitarren- und Bass-Sound sind sehr breit abgemischt und klingen mal mehr nach Grunge, häufiger aber nach diesem typisch sonnigen Pop-Punk-Sound, der mir an den Dream Nails so gefällt. Musikalisch gibt es dementsprechend nichts zu meckern, da die Band wiederholt schmissige Gute-Laune-Melodien gegen das Patriarchat liefert, neu hinzugekommen sind experimenteller Nummern, wo auch mal ein anderes Tempo angeschlagen wird. Besonders herausstechend ist hierbei das letzte, sehr hallische Lied "Time Ain't No Healer". Als Outro in diesem Sinne auch völlig in Ordnung, aber bitte nicht mehr davon.
Eine Kleinigkeit ist mir dann aber doch aufgefallen. So ist das Augenzwinkern bzw. die Ironie auf "Doom Loop" deutlich weniger geworden als noch auf dem Vorgänger. Das wiederum lässt sich am besten am direkten Vergleich der Songs "Good Guy" und einer älteren Single "Cookies 4 U" erklären. Beide Songs beschäftigen sich damit, dass selbst die "guten" Dudes in Wahrheit ziemliche Arschlöcher sind. Selbst Typen, die Allies von Flinta+ zu sein scheinen, tun das dann doch nur zur Selbstinszenierung. Während bei "Cookies 4 U" besagter Ally vom lyrischen Ich Kekse bekommt, weil er einen feministischen Status liked und kein Vergewaltiger ist (also nur den absoluten Mindestkonsens mitträgt), gibt es diese zynische Ebene bei "Good Guy" nicht. Hier wird ohne doppelten Boden ganz klar gesagt, dass auch den scheinbaren Verbündeten nicht vertraut werden kann. Ich muss beim Hören des Songs unweigerlich an Anti-Flag-Frontmann Justin Sane denken, dennoch gibt mir der Song keine Antworten auf die Frage, wie ich mich denn nun wirklich als Unterstützer und Verbündeter verhalten kann. Andererseits weiß ich auch nicht, ob ich das ernsthaft an dieser Stelle einfordern kann. Aber das nur so als kleiner Gedankenanstoß meinerseits. Andererseits bringen Songs wie "Cookies 4 U" und "Good Boy" mich definitiv zum Nachdenken, womit wahrscheinlich auch schon der Zweck erfüllt wäre. Ansonsten ist "Doom Loop" aber ein tolles Album, dem vereinzelt ein wenig die Leichtigkeit des Vorgängers fehlt, sich dafür aber musikalisch mehr traut und rein technisch nochmal eine ganze Schüppe draufgelegt hat.
Fazit: Dream Nails bleiben eine feministische Bastion, die gekonnt nach vorne treibenden Brit-Pop mit guten Messages verbindet.
Anspieltipps: Good Guy, Femme Boi
01. Good Guy
02. Case Dismissed
03. Geraniums
04. Prevenge
05. Monster
06. Sometimes I Do Get Lonely, Yeah
07. She's Cutting My Hair
08. Femme Boi
09. Ballpit
10. Time Ain't No Healer