Fat Mike von Nofx macht laut eigener Aussage eigentlich keine halben Sachen, es sei denn es ist ein "Half Album", das nun beendet was 2021 mit "Single Album" begonnen wurde. Der Plan zu Beginn war es, ein episches Doppelalbum heraus zu bringen. Dies findet nun hier seinen Abschluss, denn auch diese fünf Songs stammen aus der gleichen Schaffensphase wie die von Single und Double Album.

Lose Enden wurden hier schlussendlich verknüpft. Für uns alle waren sie zwar nicht sichtbar, doch für das künstlerische Ego eines Fat Mike's waren sie sicher belastend, solange sie nicht abgeschlossen und auf die Welt losgelassen wurden. So gibt es hier mit "Fake-A-Wish Foundation", einer beschwingten Ballade, den Epilog der Geschichte um den Merch  erschleichenden Kerl mit dem erfundenen Hirn Tumor, die mit "My Bro Cancervive Cancer“ begonnen wurde. Ein weiterer dieser Songs ist das über sechsminütige, fast schon nicht enden wollende "The Last Drag", der sich an den Opener von "Single Album" namens "The Big Drag" anschließt. Ein Song mit einem Text, so lang wie ein kleines Buch. Hier teilt Mike für ihn belastende Erlebnisse mit einer seiner Ex-Verlobten mit uns, die sich, als sein Musical "Home Street Home" Premiere feierte, in einen Entzug begab. Jedoch nicht ohne vorher eine zweiwöchige Detox-Party ohne die Anwesenheit ihres Verlobten zu schmeißen. Da kann man ja auch schon mal beleidigt sein! Ebenfalls nicht gänzlich neu bzw. eigenständig sind die Songs "I'm A Rat", den er vor einigen Jahren für die japanische Band Hi-Standard geschrieben hat und der bereits auf "Fat Mike Gets Strung Out" erschienen ist und "The Queen Is Dead", der eine punkige Version des gleichnamigen Songs ist, der schon auf seinem Cokie The Clown Album zu finden ist. Mit all diesen Songs möchte Mike erneut beweisen, dass ein guter Song in verschiedenen Versionen bzw. Genres  funktioniert. Gleichzeitig aber auch seine Qualitäten als Songwriter unter Beweis stellen, die er bei seiner Zunft der Punkrock-Songwriter größtenteils als zu wenig gewürdigt ansieht, vor allem außerhalb der Szene. Ein wenig Ego-Politur ist somit auch wieder dabei. Genau um dieses Ego und der damit verbundenen Arroganz, aber auch wieder um fehlende Anerkennung dreht sich dann der vorletzte der fünf Songs, "The Humblest Man In The World", den er sich selbst auf den Leib geschneidert hat. Hierzu lässt er folgendes verlauten: 

"Ich glaube, dass ich mit etwas Demut ein besseres Ich sein könnte. Einer meiner großen persönlichen Fehler ist meine Arroganz. Ich sehe sie und jeder andere sieht sie, also dachte ich, ich lege sie mit diesem Song einfach auf den Tisch."

Kommen wir langsam zum Resümee. "Half Album" wird nicht die letzte Nofx-Veröffentlichung sein, soviel wurde trotz der anstehenden Abschiedstour schon preis gegeben. Das beste ist es allerdings auch nicht. Wie auch, es ist ja nicht mal ein ganzes Album. Für mich platiniert es jedoch auch nicht die vorhergehenden Veröffentlichungen zu einem großen Ganzen. Denn es bleibt abschließend schon ein wenig das Gefühl, eine Ladung Recyceltes vorgesetzt zu bekommen. Auch wenn keiner der Songs schlecht ist. "I'm A Rat" mit seinen 54 Akkorden und "The Humblest Man In The World" sind sogar ziemlich gut. Auch was die Ausführung (Balladen, Streicher, Länge) betrifft, klopfen sie an den von ihren Vorgängern weiter gefassten Rahmen. Doch trotzdem, so richtig zwingend sind sie nicht und das war für mich schon so bei "Double Album". So keimt bereits jetzt bei mir die Befürchtung, dass auch sie bei mir nicht lange Bestand haben werden. Böse Zungen könnten sogar soweit gehen, hier ein System zur Aufbesserung ihrer Rente zu erkennen. Wobei dieses Album nur ein Mosaikstein neben nicht sehr preiswerten Karten für die Abschiedstour und Tonnen von zu erstehendem Merch ist. Aber so weit würde ich natürlich nie gehen, von irgendwas müssen ja schließlich auch alternde Punkrock-Stars leben, sollte dem wirklich so sein. 

Schlussendlich vermute ich, dass die Songs für Fat Mike in vielerlei Hinsicht persönlich sehr wichtig zu sein scheinen. Vielleicht sogar für die ganze Band, aber hauptsächlich ist hier immer nur von den Intentionen ihres Frontmanns die Rede. Für seine Fans, mich eingeschlossen, wird die Platte aber voraussichtlich nicht den selben Status erreichen, den sie bei Fat Mike hat.