Als ich vor einigen Jahren im Rock Radical Vasco-Fieber versunken bin (danke an Jan vom Proud to be Punk fürs Anfixen) wurde in irgendeiner Liste auch Autonomia aus Peru erwähnt. Gegründet 1989, ist die Band seit nun 35 Jahren aktiv. Alben kommen zum Teil in großen Abständen und es werden auch immer wieder Splits und Singles dazwischengeschoben und auch live ist die Band immer noch aktiv. Die Songs sind meist im gehobenen Mid-Tempo gehalten und zumindest auf alten Veröffentlichungen fällt der brutal-sägende Gitarrensound auf, der unbarmherzig durchgezogen wird. Der Gesang klang oft so, als ob er durch eine Wand im Nebenraum aufgenommen wurde. Das alles hat durchaus seinen Charme und da vor allem die Songs super sind, wuchs mir die Band schnell ans Herz. Politisch ist die Band klar anarchistisch und antikapitalistisch aufgestellt - noch ein Pluspunkt. Trotz der beschissenen Weltlage auch gepaart mit einem gewissen Optimismus. Umso erfreuter war ich, als ich mal wieder auf der Bandcamp Seite stöberte und ein brandneues Album entdeckte.
Schon beim ersten Lied muss ich zweimal hinhören: Sind das echt Autonomia??? Wurde die Produktion mit der Zeit immer besser, setzt Antes Del Final einen neuen Höhepunkt. So professionell klang die Band echt noch nie. Zunächst hatte ich etwas Angst, dass damit die Ecken und Kanten abgeschliffen werden, die im Zusammenspiel mit den eingängigen Refrains doch Autonomia ausmachen. La Maquinaria startet dann recht rockig und überzeugt mich bisher noch nicht ganz. Mierda Nazi geht dann schon mehr in die altbekannte Richtung und legt den Ball für Libertad En Comunidad vor, welches den Ball dann gekonnt in Netz haut (Fußballmetaphern von mir??? Zu viel Detlef gehört, oder was?). Jetzt fühle ich mich heimisch, DAS sind Autonomia - nur hören sie sich halt an wie eine Band aus 2024 und zumindest in diesem Song ganz schön schnell, klasse! 200 Años macht genau da weiter und hat noch Chöre im Gepäck. Proletari@s drängelt gut nach vorne und macht live bestimmt Spaß - jetzt muss ich die Band nur mal zu sehen bekommen. Mundo Sin Odio ist ein echter Hit und hat einfach alles was für mich nen Autonomia-Song ausmacht.
Die letzten 4 Tracks sind von der 2021 erschienenen Split mit Rotura 2020 Pandemia (die aber noch einen Song mehr enthält). Somit sind auf Antes Del Final "nur" 9 neue Lieder, da die Split aber auch super ist, geht das für mich in Ordnung. Insgesamt eine sehr, sehr solide Veröffentlichung. Hier und da etwas zu glatt, kann aber auch an meinen Hörerwartungen liegen. Nach 35 Jahren weiterhin so nahtlos an sein altes Zeug anknüpfen zu können ist schon ne Leistung. Andere Bands mit ähnlichem Alter machen entweder überhaupt nixneues und spielen nur ihr altes Zeug oder hauen neue Sachen raus von denen mensch sich mit Grausen abwendet. Wie es besser geht, beweisen Autonomia auf Antes Del Final.
Bisher scheint das Album nur digital veröffentlicht worden zu sein. Ist aber leicht zu finden und für nen 5er absolut fair auch käuflich zu erwerben (Bandcamp).
