Lange nicht gesehen und doch sofort wieder erkannt! Nach gut 13 Jahren sind die KAPUT KRAUTS wieder zurück, obwohl sie nie komplett weg waren. Mit ihrer Rückkehr, vor allem mit einem vollwertigen Album im Gepäck, hat wohl niemand so richtig gerechnet. Mittlerweile scheint sich die Band über das halbe Land verstreut zu haben und zumindest ein Teil ist nach Berlin übergesiedelt und auch das Label ist mit Audiolith ein Neues. Und dazu ein sehr passendes, wie ich finde. Hatte Audiolith doch schon immer sehr meinungsstarke, linke Bands im Programm, können die Kaputt KRAUTS, denen es an Haltung ebenfalls nie gefehlt hat, nun mit Fug und Recht in den Audiolith-Reihen Platz nehmen.
Musikalisch scheint sich hingegen wenig bei den KAPUT KRAUTS verändert zu haben. Und das ist meiner Meinung nach gut so. Noch immer kochen sie ihr eigenes Süppchen, deren Ingredienzien aus einer Mischung von Post-Punk, Skatepunk, Emo-Kante, Hardcore- und Deutschpunk besteht. Hiermit haben sie es geschafft einen wahnsinnig hohen Wiedererkennungswert zu generieren, der sich auch hier direkt von Beginn an bemerkbar macht. Textlich bzw. Thematisch gibt es auch wenig Veränderung zu den Vorgängern. Es wird das geliefert, für das wir sie alle lieben. Maximale Angepisstheit, ein Rundumschlag an Kritik, kombiniert mit Durchhalteparolen und Selbstreflexion. Die Bundesrepublik ist noch immer Scheiße mal 80 Millionen, bei "Fakten, Fakten, Fakten" bekommen Verschwörungstheoretiker:innen ihr Fett weg und "So einer wie Bruce Banner" bricht eine Lanze für alle, die einen "Falling-Down-Moment" haben. Eigentlich sollten wir alle durchgehend grün werden, denn wie bringen sie es an anderer Stelle zutreffend auf den Punkt: "Die Idioten werden immer mehr... die Idioten haben uns längst eingekreist" (Use Your Disillusion) oder "Die Welt geht vor die Hunde und wir gucken Katzenvideos" (Vom Feeling her ein scheiß Gefühl). Dabei beweisen sie wieder mal Tiefgründigkeit beim texten, wobei die Adresse manchmal klar zu erkennen und manchmal hinter gut gewählten Worten versteckt ist. Da sind sie nach wie vor gleichauf mit den MUFF POTTERS und TURBOSTAATS des Landes, nur dass sie ihre Poesie mit viel mehr Wut präsentieren. Mit "The Nobel Prize in Literature is awarded to" sind sie sich zudem nicht zu schade für ein Fast-Instrumental. Außerdem haben sie ein paar Unterstützer:innen auf ihrem neuen Album mit an Bord. Am interessantesten ist für mich dabei, wie es wohl zu einer Zusammenarbeit mit Stevie von der australischen Band CLOWNS beim Song "13:21 Scheiße, verspätet", der Titel ist übrigens eine Turbostaat-Anspielung, gekommen ist? Naheliegender ist da schon das Cover der Feminismus-Hymne "Schlachtrufe BRD", in der es um die adoleszente Liebe zu den 90er Punksamplern geht. Im Original von LOCAS IN LOVE Frontfrau STEFANIE SCHRANK, die auf ihrem Synth-Pop-Album aus dem vergangenen Jahr den KAPUT KRAUTS Hit "Dude, what the Fuck" gecovert hat und nun auch hier kurz zu hören ist. Auch ruhigere Momente wie bei "Fehlkauf" mit schräg-schöner Synthie-Melodie und Auto-Tune, eingestreute Beats wie zuletzt von ihren Freunden DAS FLUG auf der gemeinsamen Split oder Hardcore-Ausbrüche ("Sexualtheologie, zweites Semester" & "Motivationspsychologie, erstes Semester") sind keine tiefen Gewässer für die Band. Nebenbei gesagt, sind Songs wie "Zwischen mir und ich" und "Wenn am Abend die Sonne versinkt" in meinen Augen KAPUT KRAUTS in Reinkultur, geschaffen wie am Reißbrett und dann auf uns losgelassen wie bissige Hunde. Ich für meinen Teil heiße sie herzlich willkommen!
Wenn es ein deutschsprachiges Punkalbum gibt, dem man in diesem Mai und natürlich darüber hinaus Beachtung schenken sollte, dann ist es wohl "Vom Feeling her ein scheiß Gefühl". So viel ist sicher! Schön dass ihr wieder da seid, nehmt euch ruhig Gebäck zum Tee und bleibt bitte noch eine Weile!