ARM's LENGTH ist mir immer wieder mal über den Weg gelaufen, aber es sollte bis zu diesem Langspieler dauern, bis ich effektiv reinhören würde. Ihr kürzliches Signing bei Pure Noise hat mein Interesse erneut geweckt. Zumindest was mich betrifft, ist das ein guter Indikator für eine hörenswerte Band.
Mit gewissen Vorstellungen spiele ich also "The World" ab. Etwas kitschig trällern die ersten 27 Sekunden ein, bevor Arm's Length aus dem Nichts eine epochale Soundwand aufstellt, angetrieben von Bass-Drum-Gewitter und breit gezogenen, melodiösen Gitarren. Darüber ziehen sich der Hauptgesang mit erhobener Stimme und vereinzelten Screams. In recht langsamem Tempo erzeugt der Track eine getragene Stimmung, entschleunigt gegen Ende weiter während Vocals und Instrumentals noch größere Kraft erzeugen. Ein wundervoller Opener!
Auch bei den 11 folgenden Tracks beweisen Arm's Length ihr Können im Songwriting und präsentieren ein vielschichtiges, kohärentes Gesamtwerk aus Midwest Emo, Pop Punk und Elementen des Post Hardcore, das am besten in einem Schwung gehört wird. Das Repertoire reicht von energetischen Hits über die mit Streichern instrumentalisierte Akustik-Nummer bis hin zu schön druckvollen Stücken. Die ausgelebte Geradlinigkeit wird hin und wieder von unerwarteten Entwicklungen durchbrochen. Wie schon der Opener lebt "Funny Face" ebenso von einem prägnanten Schluss. Manche Titel, die sonst regungslos an mir vorbeigingen, erhalten somit doch ihren Moment.
Inhaltlich lässt das Album tief blicken. "Fatal Flaw" verarbeitet die Entfremdung von der persönlichen Vergangenheit und verzweifelte Blicke in die Zukunft. Die dritte und letzte Single-Auskopplung "The Weight" dreht sich um Selbstwert und soziale Ängste. "You Ominously End" thematisiert einen gescheiterten Suizid aus dem Blickwinkel Außenstehender. Oberflächlichkeit ist hier nicht existent.
So phänomenal die LP eröffnet, schließt sie auch. "Morning Person" ist ein langes, aber in jedem Moment mitreißendes Werk. In diesem Sinne kann ich den emotionalen HörerInnen, insbesondere jenen mit bereits ausgeprägter Affinität zu den Münsteranern Shoreline, die Platte getrost nahelegen. Wie es der Zufall will, folgen gemeinsame Shows Anfang nächsten Jahres.