Marc Ader, Punkrock-Urgestein aus Bochum, man kennt ihn vielleicht von District, dem Nachfolger 2nd District, den Loveshocks oder von The Revolvers, und Kai Kasubke, Hernes berüchtigster Punkrocker, der sein Unwesen in den letzten Jahren mit Trashgeflüster getrieben hat, haben sich mit Janosch am Bass und Matze an den Drums Verstärkung ins Boot geholt und nun eine neue Band. Gingen ihre Vorgängerbands eher in Richtung 77er und Glam-Punk, und in Kais Fall in Richtung Deutschpunk, wird mit Splintered das Terrain des Melodic Punk betreten. So ist der Opener "Shameless", man merkt es direkt am gedribbelten Schlagzeugbeat, eine pure Melodic-Punk-Nummer, bei der Marcs Art zu singen sehr punktet und die ihren kalifornischen Vorbildern in nichts nachsteht. Dann schimmern aber immer wieder gerade Marcs Vorgängerbands vom Sound durch, das merkt man vor allem bei "I Just don't know", wo das Gitarrenspiel irgendwo zwischen Metal, Schweine- und ja, vielleicht sogar, und das ist gar nicht abwertend gemeint, College-Rock schwankt. Trotzdem könnte es stellenweise auch eine Nummer von THE OFFSPRING sein. Faszinierend wandelbarer Song! Allgemein kann man sagen, dass Marcs sehr einzigartige Stimme und sein versierter Gesang, den man schon durchaus als Trademark bezeichnen kann, auf der ganzen Platte sehr bestechend sind. Auch Firebugs und das leicht triefende Last Night at Tina's No. 1, sind eher klassische (Pop-)Punkrocknummern. Die EP schließt mit "Fighting Your Government" ab, der dann schlussendlich wieder zum Highspeed-Melodic-Punk zurückfindet.
Trotzdem ergeben die Songs am Ende ein stimmiges Gesamtbild. Zusammengekleistert von einer gewollt überspitzten Poppigkeit, einer im besten Sinne permanenten Schmalzigkeit und viel Hang zu Melodien, denn an dick aufgetragenen, melodiösen Gitarren und Backing-Chören wurde hier nicht gespart. Da merkt man einfach an jeder Faser, dass hier keine Anfänger am Werk sind. Was ich mich am Ende nur noch frage: Auf welcher Highschool Marc wohl war, von der er da in "Look what I have done" singt? Ganz so bierernst sollte man dieses Projekt wohl nicht nehmen. Das wird einem zum Beispiel klar, wenn man bei "Last Night at Tina's No.1" das reingemischte Publikum kreischen und schreien hört, dann auch noch eine Live-Ansage an die Gysenberg-Halle ertönt und es dann im weiteren Verlauf um eine Nacht im berühmtesten Kiosk von Herne geht. Bin ich hier auf einmal bei der "Blechdose" von der Terrorgruppe? Der Gag zündet bei mir leider nur einmal und danach stört mich der hintergründige Krach mehr, als dass er den Song bereichert. Produziert und gemischt hat die Band das Album selbst, aber in Zusammenarbeit mit zwei verschiedenen Studios. Das hört man ein bisschen, und stellenweise finde ich den Sound von Vinyl leicht dumpf, die digitalen Versionen auf den Streaming-Diensten klingen da deutlich besser. Da ist wohl was beim Vinyl-Mastering schiefgegangen. Es sei ihnen verziehen, klingt wie Ami-Pop-Punk, ist aber nicht mit dem Budget entstanden, das die meisten amerikanischen Pop-Punk-Bands im Rücken haben. Ein beachtenswerter Start mit ihrer neuen Band ist ihnen, mit dieser EP, an der ich schon viel Freude hatte, trotzdem gelungen!
