Als der Rabe 2020 für Dark Stories I auf dem Stacheldraht Platz nahm, konnte man bereits ein Wetterleuchten aus der Ferne vernehmen. Fünf weitere dunkle Geschichten sollen das Gewitter nun über uns hereinbrechen lassen und N.T.Ä.s erstes Album Dark Stories komplettieren.

Die bekannten Titel rücken auf und lassen taufrischem Material den Vortritt. Conceal macht den Anfang und beschreibt eine Zerrissenheit zwischen gesellschaftlichem Hineinpassen und Ausbrechen. Vollmundiger Sound macht sich in Stadiongröße breit und ich sehe Publikumsmassen in den schallenden Chören aufgehen, was ich weder thematisch noch mit dem mir präsenten Klangbild der Band unter einen Hut bringen kann. Glücklicherweise war es das schon an Stadionrock. Bei Away in Zusammenarbeit mit Spermbirds Lee Hollis wird ein liebliches, klavierbegleitetes Intro plötzlich von wütendem Uptempo Hardcore Punk aufgemischt. Unchained spielt gleichermaßen mit klanglichen Gegensätzen – giftige Strophen kontrastieren einen hallenden, schwerelos wirkenden Chorus – während Tierleid an den Pranger gestellt wird. Um Umweltzerstörung, Unterdrückung von Minderheiten und Macht- sowie Profitgier geht es in Society, einem rasenden, angepissten Hardcore Punk Track mit intensiven, wetzenden Instrumentals. Gegen das Patriarchat, für Unabhängigkeit und Selbstbestimmung protestiert Combat mit einer Energie, die ihresgleichen sucht. Chris' 1-2-3-4 leisten natürlich einen wesentlichen Beitrag dazu.

Die letzten vier Songs erblickten also schon vor 5 Jahren das Tageslicht, doch haben keinesfalls an Bedeutung verloren. 175 nimmt mahnend und absolut sinnig Bezug auf § 175 StGB, der Homosexualität unter Strafe stellte und erst 1994 abgeschafft wurde. Mit Hope gibt es ein Lied über Liebeskummer, dessen Verlauf in apokalyptischen Abgründen endet. Welch Ärgernis und zermürbenden Druck N.T.Ä. musikalisch verpacken können, hört man auf Scream, einer Anklage des Faschismus. Um es besonders deutlich zu machen, wird die AFD gleich zweisprachig verschmäht. Von Digitalisierungswahnsinn, dem Verlieren seiner selbst und Teilen seiner Freiheit handelt der Closer Lost, welcher von Wortgefechten und dramatischen, labyrinthartigen Gitarrenläufen gezeichnet ist. 

N.T.Ä. sind auf Dark Stories eine geniale Kombination aus melodiöser Düsternis, powernder Direktheit und inhaltlicher Ergriffenheit. Bereits auf ihrem Debütalbum, von der Instrumentation bis zu den Vocals, beweist die Band aus dem Saarland Charakter.