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Rantanplan:
Licht und Schatten
Lange ist es her, da begeisterten mich RANTANPLAN mit ihren ersten Platten „Kein Schulterklopfen (Gegen den Trend)“ und „Köpfer“ von 96 und 98. Das Lebensgefühl als junger Punk, der zwischen Dosenbier, Hausaufgaben und dem ganz normalen Kleinstadtwahnsinn seinen Platz in der Welt suchte, wurde hier mit Posaunen und Trompeten eingefangen: Schnell, schlau und tanzbar, dabei oft zynisch und ironisch. Damals bestand die Hamburger Ska-Kapelle im Kern aus Torben Meisner, Reimer Bustorff und Marcus Wiebusch. Als letztere die Band verließen, um KETTCAR zu gründen, verließ mich auch das Interesse an RANTANPLAN und ich verfolgte ihr Schaffen nicht weiter – die 2001-Platte "Samba", zwischenzeitliche Berührungen auf Festivals oder auf dem Plattenspieler eines Freundes mal abgesehen. Nun liegt hier „Licht und Schatten“, das mittlerweile elfte RANTANPLAN-Album. Der Vorgänger, „Pauli“, war, so viel weiß ich, von rauem, schnellen Ska-Punk geprägt. Mal schauen, ob die Hunde um die einzige Konstante Meisner, laut Selbstbeschreibung einfühlsamer Diktator mit Hang zur Gruppenarbeit, nach 21 Jahren noch bellen können.

Eins fällt sofort auf: RANTANPLAN schalten auf „Licht und Schatten“ einen ordentlichen Gang runter. Das Album ist über große Strecken ruhiger als der Vorgänger und die Veröffentlichungen von anno dazumal, ohne den ska-typischen Off-Beat außer Acht zu lassen. Besonders der starke Anfang und das gute Ende von „Licht und Schatten“ wissen zu überzeugen. So wirken die ersten beiden Songs mit vielen Moll-Akkorden und einem behutsamen Bläser-Einsatz geradezu melancholisch. Auch textlich wird diese Schwermut eingefangen: Geht es im Opener „D“ um die selbstgewählte Fremdheit im eigenen Land, nimmt „Schattenmensch“ diese Fremdheit auf der persönlichen Ebene wieder auf („Ein Leben im Schatten / am Abgrund hungrig und innerlich leer“). Nicht ohne Grund hat unser aller Fö diesen Song als einen der besten des letzten Jahres gekürt. Die Zurücknahme des Tempos und die Ernsthaftigkeit stehen RANTANPLAN ganz gut! Den gewohnten Off-Beat mit melodiefreudigen Bläsern gibt’s dann bei „Revolution (Emma G.)“, dazu ein Text bestehend aus aneinandergereihten Revoluzzer-Sprüchen, der durch seine Übertriebenheit Spaß macht. Jedenfalls glaube ich, dass Augenzwinkern zwischen den Zeilen zu hören („Wenn die Revolution / nicht tanzbar ist / sind wir nicht mit dabei!“). Nach diesem starken Start geben sich durchschnittliche Ska-Nummern, mal langsamer und mal schneller, die Klinke in die Hand. Bei „Mein Herz hängt an der Reeperbahn“ stört die ewig bemühte Hamburg / St. Pauli / Reeperbahn – Thematik. Dann doch lieber „Hamburg, 8 Grad Regen“ anno 1996! „Kiel“ präsentiert schöne Melodien, „Geisterfahrer“ überrascht mit Western-Atmosphäre und richtig gut wird es dann wieder gegen Ende: „Konfessionen eines Nietenpunks“ macht mit seinem abgehackten Sound und dem treffsicheren Einsatz der Bläserfraktion einfach Laune („Und dein Gesicht / entgleist und rammt / mit 180 Sachen gegen die Wand / Nichts bleibt stehen / Alles stürzt ein / ein Güterzug schlägt in ein Luftschloss ein“), „Explosionen“ ist ein gelungenes TOCOTRONIC-Cover, welches sich wabernd den Weg in die Gehörgänge bahnt und „Zur Liebe zu Fuß“ beendet das Album ruhig, fast jazzig und romantisch.

Mit „Licht und Schatten“ ist RANTANPLAN ein solides Album geglückt. Zwar finden sich hier viele durchschnittliche Lieder – dafür bieten Anfang und Ende aber echte Perlen! Vielleicht deshalb auch der Albumtitel? Natürlich wird auf „Licht und Schatten“ viel Altbekanntes serviert – aber wer will den Hamburgern das schon verdenken, immerhin schmeckt dieses Rezept seit einundzwanzig Jahren. Noch immer ist da der Zynismus und das Augenzwinkern der alten Tage. Nur der Humor ist weniger geworden. Trotzdem gefallen mir die Songs, die diese Grenzen (wenn auch zaghaft) ausweiten, am besten. Sei es durch das gedrosselte Tempo, neue Sounds oder den Verzicht des Off-Beats. Ska-Punk mit deutschen Texten kann weiterhin Spaß machen und schlau sein – ohne in reiner Partylaune zu versacken wie etwa bei SONDASCHULE. Vielleicht ist es an der Zeit, die Veröffentlichungen nach der Jahrtausendwende endlich nachzuholen.
Mikula 01/2017
Hörprobe:
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Rantanplan - Licht und Schatten

Stil: Skapunk
VÖ: 13.01.2017, CD, LP, Drakkar


Tracklist:
01. D
02. Schattenmensch
03. Revolution (Emma G.)
04. Sonnenkopf
05. Hörbie
06. Mein Herz hängt an der Reeperbahn
07. Kiel
08. Geisterfahrer
09. Krokodilstränen
10. Explosion (Bonustrack)
11. Konfessionen eines Nietenpunks (Bonustrack)
12. Zur Liebe zu Fuss

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