Moldawien und Transnistrien, 09.06.2019 in Chisinau (MD), - Bericht von der Redaktion
Urlaubstrip Teil 1: Moldawien und Transnistrien
Du musstest halt auch nicht neben dem sturzbetrunkenen Typen sitzen, der uns die ganze Zeit auf russisch, moldauisch oder ukrainisch zugequatsch hat. Ansonsten bin ich beeindruckt, wie es Wizzair schafft, Rayanair servicetechnisch noch mal ordentlich zu unterbieten, aber hey, dafür isses halt auch geil-billig und so eröffnen sich uns viele Wege und Möglichkeiten in Richtung Osten. Diesmal also Moldau, wie das Land offiziell heißt (Moldawien sagen nur die coolen Kids) und Ukraine. Zaufn!
Seit wann duzt mich der Auszubildende?
Wenn Klugscheißen, dann richtig: Offiziell heißt das Land "Republik Moldau". Moldau hingegen bezeichnet eine Region in Rumänien, oder wahlweise einen Fluss. Oder auch ein Werk des tschechischen Komponisten Bedrich Smetana, in dem es um ebenjenen Fluss geht. Weil wir dieses Machwerk in der 7. Klasse im Musikunterricht durchgekaut haben und ich bekennender Musikhasser bin, ist der Begriff "Moldau" für mich auf ewig negativ konnotiert. Daher bevorzuge ich den umgangssprachlichen Begriff "Moldawien". Zumal ich auch einfach zu faul bin, jedes Mal ein "Republik" voranzustellen, was man korrekterweise machen müsste, lieber Zwen. "Smetana" heißt auf deutsch übrigens Schlagsahne und war das erste russische Wort, das ich jemals kannte (Musikunterricht sei Dank). Bierschinkencrew geht mal wieder auf Tour um neue Länderpunkte zu sammeln. Diese Jahr verschlägt es uns in die Republik Moldau. Da das Land erstens ziemlich klein und zweitens auch nicht ganz so viele touristische Highlights zu bieten hat, hängen wir die Ukraine einfach noch hinterher. Aber der Reihe nach: Wir starten in Chișinău, der Hauptstadt. Anreise mit Wizzair genau so spannend wie unspektakulär.
Ansonsten sind osteuropäische Supermärkte aber meist deutlich geiler als die zu Hause. Auch in den hier bereisten Ländern wieder mal so. Endlose Salat- und Käsetheken und Biersorten sowieso. Interessant allerdings der erste Besuch im lokalen Supermarkt. Öttinger als Premium Marke. Nee danke, das lokale Bier schmeckt deutlich besser.
Unterwegs fragen wir jemanden mit dem Ziel den Weg zu erfahren, zunächst ob die Person der englischen Sprache mächtig ist. Ein selbstsicheres und leicht vorwurfsvolles "Of Course!", das klingt als hätten wir "Kannst du bis drei zählen?" gefragt, ist die Antwort. Ich verrate wohl nicht zu viel, wenn ich jetzt schon sage, dass eine so selbstsichere englische Antwort für den Rest des Urlaubs eine Ausnahme bleiben wird. Auf das Festival sind wir übrigens trotz Bierschinken-/Punkerausweise nicht gekommen. Nach leckerem Essen in der City und den ersten drei Halben vernehmen wir zu fortgeschrittener Stunde noch musikalische Klänge von fernem Ursprung. Wie die Motten zum Licht zieht es uns zum Summer Fest. Schlechte Technomusik ist das Ziel des langen Wegs.
Ich war auch positiv überrascht. Hatte in etlichen Reiseberichten und Urlaubsblogs etwas anderes gelesen.
Und trotzdem inspiriert uns diese Stadt zu einem neuen Konzept: Das Beton-Fanzine, bald in jedem gut sortierten Infoladen! Dieser Urlaub eignet sich echt vorzüglich, in die Beton-Thematik einzutauchen (no pun intended). Chișinău genießt den Ruf eine der hässlichsten Hauptstädte Europas zu sein. Ja, es gibt vor allem viel Beton. Aber auch viele Parks und verdammt viele nette Menschen. Das habe ich schon häufig schlimmer erlebt. Meine Mitreisenden haben allerdings den ansonsten standardmäßigen Zoobesuch verweigert. Banausen!
Übrigens, für alle Sprachinteressierten: Chișinău spricht sich "Kischinau". Das h erhärtet ähnlich wie im Italienischen (moldawische Sprache ist eng mit der rumänischen und somit auch der italienischen verwandt) das c und macht es zum k, das ș mit dem Pimmel untendran kennt man aus dem Türkischen und wird eben wie "sch" ausgesprochen. Schööne Aussicht auf die Hinterhöfe unseres Appartements. Der Biergarten zur Straße hin hatte deutlich mehr Charme (für die Statistik: 0,5 L frisch gezapftes 1,40 Euro)
Du hast deine neue Zahnbürste noch vergessen.
Stimmt, Pfeffi gabs auch! Hatte im Vorfeld Martin von The Sensitives nach ein paar Tips für Chișinău gefragt. Dieser legte mir wärmstens den zentralen Markt ans Herz. Joa, kann was, zumindest gibt es hier alles. Vom Turnschuh bis zu Gewürzgurke, vom Gartengerät bis zum Schweizer Taschenmesser.
So viele schön hergerichtete Grünflächen hätte ich von einer angeblich so hässlichen Stadt echt nicht erwartet. Noch ein Pluspunkt für Chișinău. Gepflegte Parkanlagen können die Moldawier oder Moldowaner oder wie die sich schimpfen. Parallel dazu übrigens die 8-spurige Hauptstraße.
Bester Park der Stadt meiner Meinung nach der "Valea Morilor" inklusive einem schönen See, den man entspannt mit einem leckeren Eis in der Hand umrunden kann.
So, es wird mal wieder Zeit für Beton-Content! Dieser Eingangsbereich ist ein Prunkstück zeitgenössischer Betonkunst. Hier geht der Beton sogar eine formvollendete Symbiose mit der Natur ein.
Unser erster Ausflug führt uns in ein weiteres Land, welches es eigentlich trotz eigener Armee, Grenzkontrollen, Währung und Regierung nicht gibt. Willkommen in Transnistrien.
Viel witziger finde ich, dass das Land nur mit starker russischer Unterstützung (sowohl finanziell, als auch militärisch) überleben kann, von Russland aber überhaupt nicht offiziell anerkannt wird. Generell wird Pridnestrowie von keinem Staat anerkannt. Selbst von Nicaragua nicht! Transnistrien entstand, als Moldawien unabhängig wurde, nennt sich selbst Pridnestrowien und hat sich von Moldawien abgespalten, weil die Bevölkerung lieber in der Sowjetunion bleiben wollte, die es aber de facto da schon gar nicht mehr gab. Sehr verwirrend. Fun Fact am Rande: Der transnistrische Rubel ist an den US-Dollar gekoppelt mit einem fixen Umrechnungskurs von 16.1 zu 1.
Fazit nach einem 3-stündigen Stadtrundgang durch Tiraspol: Es gibt nichts, was wirklich interessant ist. Doch: der einheimische Markt und das lokale Getränk "Kwas" wecken etwas Begeisterung bei unserer Reisegruppe.
War lecker!
Naja, ist jetzt auch nicht "typisch" transnistrisch, nur diese geilen Tankwagen hab ich zuvor nie gesehen. Vielleicht weil andere Länder Hygienevorschriften haben? Vor allem wenn eben genanntes Gesöff aus diesem Behältnis abgezapft wird.
8-Wheelers rule! Beton-Content für Punkrocker: Es gibt sogar einen Skatepark! Leider haben wir unsere Rollschuhe vergessen.
Rückblickend wohl auch das erste Mal, wo wir knallhart um den Preis gefeilscht haben. Weniger weil wir Anton abziehen wollten, sondern viel mehr, weil wir nach dem unspektakulären ersten Eindruck den uns dies Stadt geboten hat, einfach keinen Bock mehr hatten, uns diese betongewordene Eintönigkeit auch noch erklären zu lassen. Dafür haben uns aber die Taxifahrer fast immer übers Ohr gehauen. Wenn ihr das lest und plant eine Reise nach Osteuropa zu unternehmen, macht es bitte andersrum, ok?
Bei einer "Free Tour" gegen Spende ist das doch kein Feilschen oder? Trotzdem blöd, sowas vor Beginn einer Tour zu klären, wenn man noch gar nicht weiß, was einen erwartet. Erster Programmpunkt ist die Aussicht aus dem 16. Stock eines Hochhauses, in das wir gelangen, indem Anton durch einen schnellen Sprint eine Haustür aufhält, die gerade ein Bewohner verlassen hat. Wir waren schon halb bei der Rückreise, da laufen uns Anton plus zwei Brasilianer und sein Angebot einer Stadtführung abseits bekannter Wege vor die Füße.
Einfach weil die Stadttour tatsächlich sehr interessant und abwechslungsreich ist. Außerdem ist sie angenehm kurz. Anton ist zudem echt ein sehr entspannter Typ. Irgendwann fragt er sehr verlegen, was wir denn von Hitler halten würden. Daraufhin hält kiki ihm einen Vortrag über Antifaschismus und Punkrock, den er nicht wirklich zu verstehen scheint, seine Nervosität aber immerhin verschwinden lässt.
Da ich weder von Anton noch von den Russian Peace Forces entführt werden möchte, verrate ich mal nicht so viel vom Rest der Tour, aber die alte Fabrik, die er uns zeigt, ist sehenswert bis zum Gehtnichtsmehr. Unterstreicht aber auch nochmal das allgemeine Gefühl, dass man hier in Transnistrien halbherzig versucht hat, eine neue/alte Sowjetrepublik aufzubauen bzw. zu überhalten und dann vom Kapitalismus und seinen Symptomen gnadenlos überrollt wurde.
Leider sind wir einfach nicht schlagfertig genug, sonst hätten wir nämlich mal eben fix "Filmriss" oder was von Eisenpimmel angestimmt. Diese alte Halle lobt unser Guide für die hervorragende Akustik und will das beweisen, indem er fragt, ob nicht mal alle anwesenden Nationalitäten ihre jeweilige Nationalhymne singen können. Es wird also wieder Zeit für Kikis Vortrag über Antifaschismus und Punkrock, damit sind wir aus der Nummer raus. Übrigens, noch ne Anekdote aus der 5. Klasse Musikunterricht: Damals verlangte unser Musiklehrer, dass wir zu Beginn jeder Stunde die Nationalhymne singen. Seitdem hasse ich sowohl die Nationalhymne als auch Musik.
Also nichts was man nicht schon früher auf dem Force Attack im Gepäck dabei haben musste. Es gibt Gasmasken und Anleitungen, wie man in Katastrophenfällen verfahren soll. Konnten wir uns leider nicht merken, war aber eh alles kyrillisch.
Jede Menge Material für Punk-Flyer! Leider hatte ich meinen portablen Scanner nicht dabei. Hab das Foto grad meinem russischen Arbeitskollegen gezeigt, er datiert die Bilder von der Optik her eher so auf die vierziger/fünfziger Jahre und zu sehen sind Hinweise und Gebote, wie man sich als Arbeiter oder LKW-Fahrer zu verhalten hat.
Pah, viel zu wenig Beton!
Dafür schmilzt der Asbestbelag unter unseren Füßen... Nochmal Aussicht: Vom Dach lässt sich weit gucken und Transnistrien wirkt direkt viel grüner von hier oben.
hier.
War sehr lohnenswert! Schon stark, wie Eindrücke eines "Locals" eine Reise aufwerten können. Ohne dies hätte Transnistrien einen ziemlich grauen und öden Eindruck hinterlassen. Aber so ziehen wir unsere Schirmmützen und geben hiermit feierlich bekannt, dass Bierschinken ab sofort Transnistrien als eigenständiges Land anerkennt. Irgendwer muss es ja machen!
Fö hat sich übrigens schon als Pressesprecher Transnistriens beworben.
Im Zuge meines Amtes muss ich nochmal klarstellen: Es heißt Pridnestrowien, nicht Transnistrien! Wenn ihr die Tour auch mal machen möchtet, Kontaktdaten gibt es
War sehr lohnenswert! Schon stark, wie Eindrücke eines "Locals" eine Reise aufwerten können. Ohne dies hätte Transnistrien einen ziemlich grauen und öden Eindruck hinterlassen. Aber so ziehen wir unsere Schirmmützen und geben hiermit feierlich bekannt, dass Bierschinken ab sofort Transnistrien als eigenständiges Land anerkennt. Irgendwer muss es ja machen!
Fö hat sich übrigens schon als Pressesprecher Transnistriens beworben.
Im Zuge meines Amtes muss ich nochmal klarstellen: Es heißt Pridnestrowien, nicht Transnistrien! Wenn ihr die Tour auch mal machen möchtet, Kontaktdaten gibt es
Dieses Foto wäre soo gut, wenn man es von außen gemacht hätte.
Und dafür meinen Sitzplatz aufgeben? Neenee, nich mit mir! Zurück in Chișinău, next day und es steht eine Wanderung an. Es soll zum Kloster Orheiul Vechi gehen. Anreise selbstverständlich mit den lokalen Minibussen (Marshrutka). Wer zu spät kommt, muss leider stehen. Dumm wenn man so groß wie Martin ist und seinen Kopf dann aus der Dachluke halten muss um überhaupt grade stehen zu können.
Uff, wieder mal eine Marschrutka-Fahrt überlebt! Am Ziel angekommen muss sich die Reisegruppe dann erstmal sammeln, orientieren und Luft schnappen.
online. Wandern scheint hier nicht so populär zu sein. Auch in der Touri-Info sorgte meine Frage nach Wandergebieten nur für fragende Gesichter.
Wir entscheiden uns für die hier zu sehenden schwarze Route, gehen sie aber als echte Punks in umgekehrter Richtung. Es geht nen Fluss entlang, dann nen Bergkamm hoch und schließlich zum Kloster. Im Vorfeld war es übrigens sehr schwierig, Wanderrouten zu finden - aber zumindest die hier gab es
Scheiß Gewerkschaften! Leider verweist der Azubi auf seine gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten, sonst hätten wir ihn ja gerne vor diesen Karren gespannt.
Es wurde viel zu wenig gewandert! Zwar gibt Maddins Herzschrittmacher-App an, dass wir jeden Tag durchschnittlich 20 Kilometer gelaufen sind, über Beton unmittelbar an der Hauptstraße zu latschen ist aber eben nicht wandern!
Bei Martins Lebensstil ist ja eh alles auf maximalstes Maximum ausgerichtet. Bierschinkenwanderpunks on Tour.
Sehr schöne Wanderung entlang des Flusses. Keine Menschenseele unterwegs in diesem Moldawien. Die Einheimischen werden sich auch denken, was für Idioten bei 35 Grad durch die Gegend latschen.
Sah gefährlicher aus, als es war. Schade. Jeder weiß, wie sehr ich Brücken, besonders Hängebrücken hasse. Heute ein besonders schönes Exemplar. Weder hängend, noch hoch. Trotzdem schön.
Noch spannender wird der Weg, als der Pfad irgendwann nur noch durch schmales Blattwerk führt und wir in Serpentinen den Bergrücken erklimmen. Außerdem gibt es hier zumindest ein wenig Schatten - was man vom Bergrücken nicht behaupten kann.
"A Fö stands under a tree. He says I'm having gebrösel.
A Fö stands under a tree.
He says I'm having gebrösel.
A Fö [...]"
Übrigens ist die Gegend seit der Steinzeit besiedelt und u.a. deshalb das einzige UNESCO-Weltkulturerbe des ganzen Landes.
Es war auf jeden Fall richtig, die Wanderung so zu machen, dass das Kloster das Ziel der Wanderung ist. Wären wir direkt am Kloster gestartet, hätten wir wohl nur die Nase gerümpft und wären schnell weiter. So nach mehreren Stunden in der prallen Sonne, dient das Refugium tatsächlich als schatten- und wasserspendender Hain mit einem schönen Rosengarten. Ziel der Wanderung: Das namensgebende Kloster Orheiul Vechi, wo man sogar an einem Brunnen frisches Wasser schöpfen kann - welch Wohltat!
Odessa.
Fazit: Tolle Wanderung bei tollem Wetter. Bester Tag des Urlaubs so long. Jetzt freue ich mich auf den Biergarten und was leckeres auf die Gabel (wandern macht hungrig). Morgen geht es mit dem Zug weiter in die Ukraine nach