Überhaupt, DIY und Geldverdienen, ein Thema für sich. Ich bin sehr froh, nie ernsthaft überlegt zu haben, mit Musik, in welcher Form auch immer, meinen Lebensunterhalt zu bestreiten - nicht nur jetzt in der Corona-Krise. Ich kann Artikel veröffentlichen ohne Sorge um Werbepartner oder sinkende Zugriffszahlen zu haben. Ich kann Konzerte buchen, hinter deren Lineups ich zu 100% stehe, ohne dabei Kompromisse à la "die sind zwar scheiße, aber ziehen Leute" eingehen zu müssen. Ich muss den Bierschinken-Schreiberlingen nicht vorgeben, wie kritisch oder unkritisch, wie wortgewandt oder dilettantisch sie schreiben dürfen. Das ist totaler Luxus.
Gleichzeitig habe ich natürlich sehr viel Respekt vor den Leuten, die diesen Schritt (meist in Richtung Selbständigkeit) getan haben. Egal ob Musiker*innen, Booker*innen, Autor*innen, Mailorder, Plattenlabels - denn die reißen sich wirklich den Arsch auf, für etwas von dem ich nur Nutznießer bin.
Trotzdem stelle ich mir oft die Frage, ab wann man seine Seele verkauft. Müssen Bands wirklich bezahlte Werbung bei Instagram kaufen? Müssen Fanzines per Clickbait-Posts auf Affiliate-Links verweisen? Müssen Veranstalter*innen auf Eventim als einzige Ticketkaufoption setzen? Müssen Labels die nächste limitierte Special-Color-Siebdruck-Vinylbox raushauen? Alles Fragen, die ich für mich immer noch nicht beantwortet habe und ständig neu bewerte. Aber es kann ja nicht schaden, darüber nachzudenken. Zum Thema Geld vs. DIY gab es in letzter Zeit zum Beispiel Artikel im Human Parasit (Alex Kidnap/Pascow im Dialog mit Bäppi) oder in der Plastic Bomb (Ronja über Schallplattenpreise) - man merkt, es gibt immer neuen Input und auch andere treiben diese Fragen um.