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John Coffey, The Lowest Standard, 18.03.2023 in Groningen (NL), Vera - Bericht von Zwen

John Coffey, 18.03.2023 in Groningen (NL)

Um eines direkt vorwegzunehmen: Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal eine so extreme Achterbahnfahrt der Gefühle an einem Wochenende hatte. Wobei, um genau zu sein, geht die Geschichte eigentlich bereits ein paar Monate vorher los.
So hatte ich vor gut einem Monat einen Termin bei meiner Tätowiererin und habe mir dort das Albumcover von John Coffeys "The Great News" einhacken lassen, womit wir schon wieder bei einer Geschichte wären. Eigentlich wollte ich mir nämlich ein komplett anderes Motiv stechen lassen, war mir dann aber nicht sicher und habe nochmal intensiv nachgedacht. Den Bären vom Cover fand ich vom Motiv her schon immer ziemlich nice und hatte auch schon vor Jahren mal mit dem Gedanken gespielt, mir dieses stechen zu lassen. Irgendwie kam mir dann Anfang Februar wieder der Gedanke und diesmal habe ich es einfach gefühlt. Schnell einen Termin klar gemacht und nach einer (bis auf die rote Farbe) relativ entspannten Sitzung um eine Tätowierung reicher.
Bis hierhin ist die Geschichte nicht wirklich spannend, als ich jedoch wenige Tage später meinen Sozial-Media-Account checke, wird mir eine Meldung John Coffeys in die Timeline gespült: Die Band ist zurück, es gibt einen neuen Song, außerdem werden vier Clubkonzerte in den Niederlanden gespielt. Für umsonst! Was eine Ansage! Ich aktiviere dementsprechend ganz schnell die Brakrock-Reisegruppe und alle - außer Götz - sind dabei. Egal, dafür kommt Tine mit. Eine Unterkunft ist ebenfalls schnell gefunden und gebucht. Ich freue mich sehr, nicht nur werde ich eine meiner absoluten Lieblings-Live-Bands nach Jahren wiedersehen, darüber hinaus verbringen wir das Wochenende in einer der schönsten Städte Europas. Zumindest habe ich das 2019 nach meinem letzten Aufenthalt in Groningen so beschlossen. Klingt alles ziemlich großartig, oder?
Aber ich versprach ja eine Achterbahnfahrt; unsere Reise sollte auch, bevor wir überhaupt auch nur in die Nähe des Wochenende gekommen sind, bereits den ersten Dämpfer bekommen: So trug es sich nämlich zu, dass das Umsonst-Konzert aufgrund eines Kommunikationsfehlers zwischen Band und Laden bereits wenige Tage nach Veröffentlichung ausverkauft war. In Deutschland eher ungewöhnlich, laufen in den Niederlanden, aber auch in Frankreich, viele Konzerte nach dem Clubprinzip. So kann man beispielsweise für das Vera oder auch für andere Läden eine Clubmitgliedschaft abschließen und erhält dann beispielsweise Vergünstigungen auf Konzerten. Im Kern vielleicht eine gute Idee um den Läden gerade in schwierigen Zeiten das Überleben zu sichern, fand ich das damals im Melkweg schon super nervig. So mussten wir damals, da wir keine Clubmitgliedschaft hatten (warum denn auch für einen Abend?!) am Einlass trotz VVK-Ticket nochmal ein paar Euros löhnen.
Für den heutigen Abend im Vera war es Club-Mitgliedern des Veras möglich, sich bereits vorher Plätze für das Konzert zu sichern, weshalb dieses in kürzester Zeit ausverkauft war. Die Unterkunft ließ sich dann natürlich nicht stornieren, weshalb relativ schnell klar war, dass wir trotzdem in Richtung Nord-West fahren werden. Trotzdem dämpfte das Ganze die Stimmung natürlich schon ein wenig. Vor allem weil die Wettervorhersage für dieses Wochenende wenig Sonnenschein, dafür aber umso mehr Regen versprochen hat.
Egal, die Aussicht auf ein bisschen Zeit im Pfandfreiland sorgt dafür, dass ich jetzt doch ziemlich Bock habe. Schnell noch T. und F. in Bochum einsammeln und dann los! T. hat gestern gesoffen und deswegen alles vergessen inkl. ausgemachtem Treffpunkt und Eigennamen. Egal, sammeln wir ihn halt an seinem aktuellen Standpunkt ein und dann nichts wie los. 

Übrigens: Seit Anfang des Jahres gibt es auch in den Niederlanden Pfand auf Dosen. Buuuh!
Entgegen der Wettervorhersage sieht das Ganze heute ziemlich gut aus. Klar, ein paar Wolken ziehen über den Himmel, die Sonne kommt jedoch auch oft raus und nur ganz, ganz selten kommen ein paar wenige Tropfen von oben. Groningen enttäuscht auch nicht. Wir besichtigen erstmal das Forum: Krasses Ding. Das verschachtelte Gebäude sieht von außen schon super spannend aus und beherbergt in erster Linie eine Bücherei, daneben aber auch ein Kino, verschiedene Ausstellungen, sowie ein Restaurant und eine Bar. Dabei bietet es vor allem sehr viel Raum zum einfach nur existieren und sein. Man muss hier nicht zwingend konsumieren, kann es aber, wenn man Bock hat. Insgesamt erinnert es mich an eine Mischung aus Dortmunder U, Sony Center, Stadtbücherei im Coolnessfaktor mal 10000. 
Ansonsten snacken und trinken wir uns den Tag über durch die Groninger Spezialitäten. Nur Pannekoeken werden komplett von uns ignoriert, dafür gibt es aber umso mehr Frittiertes.

Während wir so durch die Stadt schlendern, kommt T. dann auch auf die Idee, John Coffey einfach mal zu schreiben, die Situation zu schildern und zu fragen, ob sich vielleicht nicht doch noch irgendwie etwas regeln lässt. John Coffey sind cool. John Coffey regeln und so stehen wir wenig später tatsächlich auf der Gästeliste. Junge, wie viel Glück kann man haben? Die Stimmung war vorher nicht schlecht, aber jetzt läuft's einfach!
Hier übrigens ein Foto vom höchsten Stockwerk des Forums. Danach haben wir noch ca. eine Stunde nach der Dachterrasse gesucht, nur um später am Abend zu realisieren, dass es keine Dachterrasse gibt, weil das Gebäude komplett schräg zuläuft. Ich glaube trotzdem, dass man - zumindest in Europa - lange suchen muss, bis man etwas vergleichbares wie das Forum in Groningen findet. Falls ihr mal in der Stadt seid, müsst ihr da unbedingt hin, vor allem wenn das Wetter kacke ist.
Wir decken uns schnell noch beim Supermarkt mit Bier und Snacks ein und verschwinden dann mal für ein paar Stunden in unserer Unterkunft. Als das Dosenbier dann zuneige geht, gehen wir nach schnell in Pub 1 (teuer) und dann in Pub 2 (günstig, ranzig, geil!). Anschließend müssen wir uns fast beeilen. Der Einlass ist heute schließlich schon sehr früh um 22 Uhr und losgehen soll es sogar schon um 23 Uhr. Uiuiui! Wie soll man das nur schaffen?
Wir jedenfalls haben es geschafft! Das Konzert ist doch tatsächlich im Keller des Veras mit knapp 2 Meter Deckenhöhe und einem Fassungsvermögen von maximal 100 Leuten. Geil! Ich weiß auch gar nicht, wann ich das letzte Mal vor einem Konzert so aufgeregt war. Aus diesem Grund kann ich mich auch überhaupt nicht auf THE LOWEST STANDARD konzentrieren. Eigentlich handelt es sich wohl um eine Band, aber dem Rest der Truppe war der Laden wohl zu klein oder sie hatten besseres zu tun. Musikalisch ist das in Ordnung. Singersongwriter-Mucke zum Mitschunkeln. Würde perfekt auf einen Sbäm Akustik-Sampler oder aufs KNRD-Fest nach 0:35 Uhr passen.
Da ich von der Vorband heute eh nichts mehr weiß, können wir auch direkt zu JOHN COFFEY übergehen. Während der Rest der Band von der winzigen Bühne aus startet, beginnt Sänger David das Set einfach mal vom Tresen aus. Direkt beim ersten Song wird klar, was heute Sache ist. Vor 3 Sekunden hatte ich noch ein Bier in der Hand. Jetzt ist es überall im Raum verteilt. Nachdem es gerade bei The Lowest Standard noch sehr entspannt zuging, bewegt sich jetzt der komplette Raum.
Generell ist die Stimmung so, als hätte sich die Band nie aufgelöst. Zu hören gibt es viele Klassiker wie "Romans", "Relief", "Dirt And Stones" und "Broke Neck", aber auch die neuen Songs, allen voran "Steam Waltz", zünden richtig. Ansonsten gab es noch ungefähr drei neue Songs, zumindest waren es Songs, die ich noch nicht kannte. Ich vermute dementsprechend, dass auch ein neues Album unterwegs ist.
Der Laden verwandelt sich übrigens nach und nach in eine Tropfsteinhöhle. Nicht nur auf der Bühne wird rumgewirbelt bis zum geht nicht mehr. Fotos machen ist dementsprechend kaum möglich. Das soll aber keinesfalls Kritik sein, im Gegenteil: Vorab hatte ich sehr hohe Erwartungen an das Konzert, diese sind bereits jetzt nicht nur mehr als erfüllt, sondern wurden sogar noch übertroffen. 
Absoluter Wahnsinn ist es auch, Band und Crew bei der "Arbeit" zuzusehen. Die ganze Zeit fallen Menschen auf die Bühne, reißen Kabel raus und treten Mikroständer um. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht wird hier aufgeholfen, das Geschnürr entwirrt und Instrumentenwechsel vorgenommen. Cool ist außerdem, dass niemand aus der Band ersetzt wurde. Die Stagehands kennt man übrigens von der Band Tusky. Bei allen scheint insgesamt auch mehr der Spaß als alles andere im Vordergrund zu stehen. Klar, John Coffey müssten sicherlich nicht vier Mini-Club-Shows für umsonst spielen. Umso stärker, dass sie es trotzdem tun.  
Die Deckenhöhe sorgt dafür, dass das Stagediven heute auch ein wenig anders aussieht: So müssen die Leute, um beim Crowdsurfen nicht komplett gegen die Decke gequetscht zu werden, ein bisschen wie Spiderman an der Decke entlangklettern. Zeitweise sollen es wohl ganze zehn crowdsurfende Menschen gleichzeitig gewesen sein. Ich weiß es nicht genau. Ich konnte durch den feuchten Nebel nicht so gut sehen. Außerdem musste ich zwei Leute gleichzeitig hochhalten. 
Übrigens finde ich das Publikum generell auch sehr angenehm. Alle haben sehr viel Spaß, zugleich passen aber auch alle aufeinander auf. Außerdem hat gerade mal eine Person ihr Shirt ausgezogen. Das hat aber auch glaube ich niemanden gestört. Ich finds tatsächlich auch verständlich, zumindest habe selbst ich kurz mit dem Gedanken gespielt. Nicht zum Rummackern, sondern einfach, weil die Feuchtigkeit im Raum mittlerweile einfach nur noch brutal ist. Mir läuft das Wasser aus jeder Pore! Mein Shirt ist komplett durchtränkt und hängt an mir wie ein nasser Sack. Auch meine Hose ist mittlerweile super-ekelig. Und das sind dann auch die Gründe, weshalb man normalerweise nackt in eine Saune geht.
Nach dem letzten Song bin ich dann tatsächlich sehr froh, dass der Auftritt vorbei ist. Es war echt der Wahnsinn, aber jetzt habe ich auch einfach keine Energie mehr. Ich fühle mich, als wäre mit dem Schweiß auch jegliche Substanzen aus meinem Körper geflossen, die man so zum Funktionieren benötigen. Zum Glück ist unsere Unterkunft vom Vera aus gesehen auf der anderen Straßenseite. John Coffey verzichten ehrenwerterweise auch auf den ganzen Zugabenzirkus. So gehen wir schon mal vor in die Unterkunft und holen uns die dringend benötigte Dusche ab, während T. beauftragt wird, unsere Jacken zu holen. Nach der Dusche wollen die anderen dann nochmal raus und was zu futtern holen. Ich bin eigentlich komplett durch und würde mich am liebsten nur noch ins Bett legen, lasse mich aber von den anderen überreden. 
Als ich dann meine Jacke und meinen Pulli schnappen möchte, fällt mir auf, dass diese nirgends zu finden sind. Fuck, dann müssen sie noch im Vera sein! Die netten Menschen vom Vera haben nämlich ALLE unsere Jacken über einen Bügel gehangen, weshalb wir zusammen nur einen 1 Euro für die Garderobe zahlen mussten. Das macht 17 Cent pro Jacke bzw. 20 Cent pro Person und ist damit neben dem erschnorrten Eintritt die größte Preisersparung des Wochenendes. Leider sind meine Jacken heruntergefallen.
T. bleibt aber weiterhin stabil, schlägt sich durch die gerade im Vera stattfindende Elektroparty und holt mir meine Klamotten zurück. Somit ist auch der letzte Adrenalinschub des Abends überwunden. Meine gesamte Kondition zerfällt gerade wie ein Kartenhaus. Essen kriege ich jetzt keins mehr runter. Netterweise besorgt mir Tine bei Nasret aber noch ein Wasser, was mich für den Weg zurück noch auf den Beinen hält.
Obwohl ich sehr gut geschlafen habe, und den zuvor aufgenommenen Alkohol bereits bei John Coffey vollständig wieder ausgeschwitzt habe, fühle ich mich beim Aufstehen total gerädert. Wir nehmen nochmal die letzten 30 Kilometer auf uns und fahren zum Meer. Wäre auch mit Blick aufs Wetter dämlich gewesen, hätten wir es nicht getan. 
Jetzt noch schnell zum nächsten Supermarkt, ein paar lokale Spezialitäten einpacken und dann geht's auch schon wieder nach Hause. Insgesamt ein rundum perfektes Wochenende, das die kleinen Unsicherheiten eigentlich noch perfekter gemacht haben. Groningen für sich genommen ist schon eine verdammt korrekte Stadt und dass wir es noch aufs John-Coffey-Konzert geschafft haben, hätte am Freitag auch noch niemand von uns gedacht. 

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Roland der Voland
(Roland der Voland)
28.03.2023 16:31
John Coffey gibt es wieder? In der Tat eine gute Nachricht

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Weitere Infos zu den Bands: John Coffey, The Lowest Standard
Location:
Vera
Oosterstraat 44
9711 NV Groningen (Niederlande)
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