Nicht eingeloggt - Login [Registrieren]
Login X

Passwort vergessen?
Home Front, TV Cult, 08.11.2023 in Bochum, Die Trompete - Bericht von der Redaktion

Home Front, 08.11.2023 in Bochum

Dr. Mabuse: Heute geht es für mich als quasi Krankheitsvertretung in die Trompete zu Home Front, die ich bisher nicht wirklich kenne, aber auf meine Musicscouts ist wie immer Verlass und es kann dann nicht schlecht werden. Mit TV Cult gibt's eine beinahe lokale Vorgruppe aus Köln zu sehen. Trotz großer Verspätung der Bahn, ist alles im grünen Bereich und man kommt pünktlich und recht entspannt im gut gefüllten Laden an.  
Peter: Home Front, der neuste Stern am kroatischen Rechtsrock-Himmel! Kleiner Scherz am Rande! Aber mehrfach werde ich sehr kritisch angeschaut als ich im Vorfeld erzählt habe, dass ich heute dieser Veranstaltung beiwohnen werde. Bei dem Namen durchaus verständlich, doch es handelt sich hier bei natürlich nicht um Rechtsrock oder sonstigen Nazi-Scheiß sondern um eine kanadische Wave- und Punk-Band, deren Sänger vorher Teil der kanadischen Punkband No Problem war. Entdeckt habe ich die Band, weil ich mich in letzter Zeit für die englische Band The Chisel begeistere, deren Sänger Cal bei Home Fronts Hit "Nation"  mitsingt. Checkt doch mal das Video zu der Single, dass vor einiger Zeit viral ging. 
Peter: Ich entscheide mich heute mal gegen eine Karte aus dem Vorverkauf, was sich später noch rächen wird. Dafür erstehe ich diesen schönen Anstecker und stehe den ganzen Tag in der Küche um Törtchen zu backen. Denn heute, Trommelwirbel und Fanfaren, wird mein Freund Fö 40 Jahre alt! Da es Fö liebt, wenn er von allen Seiten auf seinen Geburtstag, der für ihn der wichtigste Tag im Jahr ist, angesprochen wird und er mit Glückwünschen und Liebkosungen überschüttet wird, kennzeichne ich ihn für alle gut sichtbar, damit es auch niemandem entgeht. So dekoriert kommen wir überpünktlich an der Trompete an, stöhnend zahle ich den Eintritt, der sich von 18 Euro im VVK auf 25 Euro an der Abendkasse erhöht hat, um uns dann eine Ecke im noch sehr spärlich gefüllten Kellerclub zu suchen. 
Matt Greasejar: TV Cult aus Köln hatte ich im Vorfeld unter "und wenn die Bahn doch wieder länger braucht, is' auch nich schlimm" abgelegt. Was ein Fehler war. Die vier zocken einen gepflegten synthiefreien Wave-Sound irgendwo zwischen Joy Division und frühen Abwärts runter, vor allem der Basser gefällt. Unique Selling Point ist der (post)hardcorige Gesang. Als Gesamtpaket hat das nicht nur mich, sondern auch Flight13 überzeugt, die das Ganze noch im Laufe des Novembers als Album rausbringen wollen; zwei Songs gibt's schon zu hören.
Dr. Mabuse: Tatsächlich ist mir der Bassist auch sofort in Erinnerung geblieben, was sonst eher selten passiert. Er bewegt sich irgendwie zwischen Dead Kennedys und Suicidal Tendencies. Sehr geile Performance!
Peter: Habe die Band bisher immer mal wieder in Playlists gespült bekommen und fand sie da schon immer sehr hörenswert. Live gefallen sie mir sogar noch einen Funken besser. 
Fö: Bei TV Cult hatte ich mal irgendwann reingehört und für okay befunden, anschließend strich ich die Band aber doch aus meinem Gedächtnis, da sie unseren Instagram-Benachrichtigungs-Counter in die Höhe spammten durch nicht abgesprochenes Liken sämtlicher Beiträge sowie wildes Verlinken in irgendwelchen Storys. So nich, Freunde! Live kommen die Social-Media-Süchtigen aber deutlich bodenständiger rüber, weswegen ich ihnen diesen Faux-Pas nun nicht weiter nachtragen werde.
Peter: Die Befürchtung, dass sie für diese Social-Media-Dienste heute entlohnt werden möchten, stellt sich auch als unbegründet da. Wenn ihr bierschinken so mögt, dann schickt uns doch gerne das kommende Album, ich bespreche es dann liebend gerne!
Fö: Guter Sound, sehr ansprechend, beinah hypnotisch. Etwas mehr Variation hätte ich aber auch nicht schlecht gefunden, insbesondere der Gesang kannte nur zwei Stile (Midtempo-Geschrei und Spoken Word), aber so ist das halt mit Bands die "ihren" Stil gefunden haben, da will ich mich mal nicht beschweren.
Peter: Mich ziehen sie ebenfalls schnell in ihren Bann. Finde es auch etwas hypnotisch. Der stoische fette Bass wummert toll, der Gitarrist zaubert flirrende postige Sounds und der Sänger hat eine fette Präsenz und lässt sich von dem noch sehr scheuen Publikum nicht verunsichern. ich würde auch sagen, dass sich hier Post-Punk mit Hardcore vermischt. Ich würde zu all dem Genannten sogar noch BLACK FLAG in den Ring werfen.  
Dr. Mabuse: TV Cult bleiben mir als überraschend gut in Erinnerung. Kratziger Post-Punk, den ich auch noch Hardcore nennen würde. Noch kann man relativ weit vorne stehen, obwohl die Trompete schon gut gefüllt ist. Das Publikum reagiert allerdings noch etwas verhalten. Vielleicht spart es auch alle Kräfte für Homefront. Jedenfalls ist diese Band ein sehr guter Vorgeschmack auf das was noch kommt.
Peter: Finde auch dass TV Cult vom Sound her perfekt als Vorband passen.  Ich fand es zudem echt krass wie sehr sich die Trompete gefüllt hat, als wir kamen war's noch gespenstisch leer, danach wurde es sehr schnell rappelvoll. Ich war auch nicht im Bilde, wie sehr ein Hype um Home Front gemacht wird. Zeigt sich nach dem Konzert auch darin, was für ein Run auf den Merch gestartet wird. 
Matt Greasejar: Sowohl Hinz als auch Kunz waren anwesend, und am nächsten Tag entnehme ich dem asozialen Netzwerk, dass ich diverse Leute im Getümmel gar nicht gesehen habe. Beim Fö habe ich natürlich absichtlich so getan; man weiß ja, was der einem sonst wieder besoffen für Boomerfrikadellen ans Ohr labert. Aber z.B. Bomber und Pascal: Sorry, war nix persönliches, nächstes Mal sag' ich wieder guten Tag, wie sich dat unter Punkern gehört.
Dr. Mabuse: Ich treffe auch sehr viele bekannte Gesichter. Eins zum Glück schon bei der verspäteten Anreise mit der deutschen Bahn.  
Peter: Mir geht es ähnlich wie Matt, schaffe es allerdings meine temporäre Schüchternheit abzulegen und sage Dorian von Atomkrieg "Hallo" an den noch mal Grüße raus gehen genau wie an Inga und Kai von Splintered, dessen schwache Leistung ich heute noch ein letztes Mal entschuldigen kann. 
Fö: Es ist wirklich erstaunlich voll und als HOME FRONT beginnen, stehen wir uns artig gegenseitig die Ellbogen in die Seiten. Das auf nen Mittwoch! Bei ner Band, die ich vorher gar nicht kannte! Zumindest so gut wie gar nicht, auf Empfehlung von Peter hörte ich kurz rein und dachte "ja okay".
Peter:  Mich hat, wie eingangs erwähnt, der Song "Nation" angefixt. Schnell folgten einige Songs vom Album "Games of Power" wie das an Joy Divison erinnernde "Overtime", das sehr nach vorne gehende "Real Eyes" und "Faded State" die heute alle auch gespielt werden. Mich fasziniert dabei, wie hier gekonnt poppige 80er Synthie-Sounds teilweise mit Gröl- oder Hallgesang vermischt werden und dazu die Gitarren flirren ohne dass das alles an Druck und Power verliert. Sehr geil kommt heute auch das wirklich treibende Schlagzeug. Das funktioniert sowohl im Punk-Club, auf der Skinhead-Party, der Grufti-Disko und auch die jungen hippen Kids werden mitgenommen. Das spiegelt sich heute auch deutlich im sehr durchmischten Publikum wieder.   
Fö: Ich finds tatsächlich sehr geil! Schon wirklich viel 80er Wave mit dem A-ha-Erlebnis inklusive, auch wenn Attitüde, Artwork und zum Teil auch das Publikum eher nach Oi! riecht. Find ich schon irgendwie witzig: Oi!, der innovationsresistenteste Musikstil den man sich vorstellen kann, ist plötzlich zu nem spannenden Abenteuerspielplatz mutiert. Aber gut, ich hab von Oi! keine Ahnung, vielleicht muss das alles so.
Peter: Ich find es auch ziemlich spannend was sich in dem bisher recht statischen Genre Oi! in letzter Zeit so tut. Da wären Bands wie The Chisel und Conservative Military Image, die sowohl Hardcore und Hardcore-Punk als auch Rock in das Genre einfließen lassen oder Bands wie Rixe und Syndrome 81, die Post-Punk mitbringen. Oder halt auch Home Front, die Wave mit Oi! verknüpfen und bei denen wie bei manch anderen der gerade aufgezählten Bands nicht mal ein richtiger Skinhead spielt. Ich dachte bisher immer das wäre ein klares Ausschlusskriterium. Quasi rote Karte und ab vom Platz. 

 P.S.: Wer noch mehr Anspieltipps in Sachen Oi! braucht, dem kann ich noch die kanadische Band Béton Armé, die Dänen von Tyrant, die Briten Crown Court und die Newcomer Collaps aus Herne ans Herz legen. 
Fö: Tiefpunkt die Ansage wo es irgendwie darum ging, aus einem Shithole zu kommen und darauf stolz zu sein, was auf unserer Rückfahrt auch noch ne lange Diskussion mit sich brachte. Also, wie viel Lokalpatriotismus ist noch okay, und gibt es überhaupt einen Kontext, in dem Worte wie "stolz" und "proud" nicht negativ konnotiert sind.
Peter: Bei der Ansage habe ich auch ganz leichte Bauchschmerzen, aber so leicht bekommt man mich nicht vergrault. Wie gesagt auf dem Rückweg diskutieren wir angeregt und kommen sowohl in der Gruppe als auch ich später alleine zu keinem abschließenden Urteil bzw. Ergebnis. Ich finde man kann durchaus auf Dinge stolz sein, auf seine eigenen Leistungen oder auf die seiner Kinder z.B.. Die eigene Herkunft sowohl lokal als auch national gehört für mich aber sicherlich nicht zu diesen Dingen.
Dr. Mabuse: Laughs in hockey fandom: "We are from Edmonton, Alberta, nobody knows where that is!" Ja klar, Wayne Gretzky, Mark Messier, Connor McDavid und Leon Draisaitl waren oder sind alle bei den Oilers (keine Oi! Band!), die so ungefähr jeder kennt. Vielleicht wurde auch wegen Draisaitls Herkunft einmal laut gerufen: "Wake up Cologne!" Köln und Bochum sind aber auch zum Verwechseln ähnlich!
Fö: "so ungefähr jeder". Soso, die Arroganz der Sportfans ;-)
Dr. Mabuse: Ich fand es war ein ganz solider Auftritt und einige Lieder bleiben auch sofort hängen, wie das hymnenhafte "Nation" das eine Abrechnung mit Justin Trudeaus neoliberaler Politik zu sein scheint - zumindest ist dies meine Interpretation. Das wird auch vom Publikum sehr gefeiert und zwei Typen verdienen sich Lorbeeren als Backing Vocalists. Außerdem habe ich nach eingehender Sichtung des Videomaterials den Verdacht, dass der Sänger von Crime Dawg auch da war und da möchte man kein Spießer sein! Ganz sicher nicht!     
Peter: "Nation", ihr kleiner Hit wird natürlich ganz zum Schluss dargeboten danach lässt man sich natürlich nicht lang bitten und spielt noch schnell ein oder zwei Zugaben und kurz vor 22 Uhr ist der Spuk vorbei. Die Working Class sagt "Schönen Dank"!
Matt Greasejar: So sah das also vorne auf der Bühne aus. Konnte ich leider von weiter hinten nix von sehen. Und der permanent rauf und runter bouncende Kopf des Sängers war als einzig sichtbares Showelement jetzt nicht sooo mitreißend. Es blieb also beim akustischen Eindruck, und was den angeht, bleibt bei mir hängen: Ich hatte mich auf mehr Oi! gefrOi!t. Weniger Synthie (oder zumindest nicht so hart nach vorne gemischt) wäre mehr gewesen. Positives Fazit: a) Es war früh genug vorbei, um noch eine Bahn mit gutem Anschluss nach Hause zu erwischen, und b) wenn der Hype um die Band jetzt noch größer wird und sie demnächst für mehr Geld auf größeren Bühnen spielt, muss ICH da nicht noch mal hin.
Dr. Mabuse: Ich sehe deren Entwicklung jetzt nicht so pessimistisch, mag aber kleine Clubs eh lieber als große Eventlocations. Danke für die unterhaltsame Rückfahrt mit Peter und dem Birthday Boy! 
Peter: Noch teurer? Ich finde 25 Euro für eine noch so kleine bzw. frische Band eigentlich schon teuer genug. Ich bin auch mehr die Fraktion "kleiner Kellerclub". Kann mir aber auch schwer vorstellen dass wir die Band irgendwann in der Westfalenhalle wiederfinden. Nach dem Konzert wird noch kurz vor der Tür gequatscht und dann geht es mit einer verspätet eintreffenden S-Bahn, die wir dadurch noch pünktlich erreichen, ohne weitere Vorkommnisse gen Dortmund. Dort lass ich mich erfreut darüber, relativ früh zuhause zu sein, auf die Polstermöbel fallen und stelle noch schnell fest dass die leicht überteuerten Astra-Pils ihre Wirkung nicht verfehlt haben, bevor mich der Schlaf übermannt.

Bitte hier klicken, um diese Seite bei Facebook zu liken oder zu teilen. Mehr Infos, wie wir mit Einbettungen von externen Anbietern umgehen, hier.

Berichte auf anderen Webseiten:

Kommentar eintragen:

Coco
(Coco)
15.11.2023 20:27
Ich ergänze Peters Liste um The Gift aus Frankreich:
https://thegiftnaoned.bandcamp.com/album/running-around-this-town

Kommentar eintragen - Anmerkung, Kritik, Ergänzung

Name:

e-Mail:

Kommentar:
Deine Eingaben werden bis auf Widerruf gespeichert und für Nutzer der Seite sichtbar.
Die Angabe der Email-Adresse ist freiwillig und sie bleibt nur sichtbar für eingeloggte Nutzer.
Weitere Infos in unserer Datenschutzerklärung.

Weitere Infos zu den Bands: TV Cult, Home Front
Location:

Zu den meisten Berichten werden nur ausgewählte Fotos verwendet.
Falls du mehr oder größere Bilder haben willst, wende dich an den Autor (Redaktion//Matt Greasejar/Dr. Mabuse/Peter) oder nutze das Kontaktformular.
Dort kannst du dich auch melden, falls du mit der Veröffentlichung von Fotos, auf denen du zu sehen bist, nicht einverstanden sein solltest oder dich gar die Kommentare persönlich verletzen...
part of bierschinken.net
Impressum | Datenschutz