Izero Hardcore Fest: Börn, Unidad Ideológica, Alambrada, Sharp Knives, Urin, Vicious Irene, Judy & The Jerks, Jalang, Shitty Life, Aldi Ost, Desintegración Violenta, Plastika, Cimitero, Renkore, 21.06.2024 in Wolimierz (PL), Atelier Wolimierz - Bericht von verSemmelt
Izero Hardcore Fest, Tag 1, 21.06.2024 in Wolimierz (PL)
Das ist jetzt auch mal ein Festival, wo doch einige Bands klar politisch für ein freies Palästina sich positionieren, welches nach dem Rock am Berg fast etwas erfrischend daherkommt. Was in Deutschland teilweise absurde Züge angenommen hat, war das gegenseitige Canceln. Eigentlich wollte ich an der Stelle mit etwas Polemik und Zynismus rumfleddern. Aber ich habe mich mal mit Fö auf mehr Sensibilität geeinigt. Sonst glüht wieder sinnlos das Internet. Wie aber binnen eines halben Jahres der Begriff "Antisemitismus" im (linken) Diskurs verwässert wurde, finde ich gerade in Deutschland mit deren Historie fatal.
So gibt es auf dem Izero dieses Jahr allerlei Bands (vielleicht ein Drittel), die mal ausführlicher (Jalang) oder auch mal stumpfer (eine kolumbianische Band) ihre Meinung sagen. Ich werde im Bericht aber auf genaueres verzichten, weil ich ehrlicherweise nicht wirklich weiß, was welche Band denn so alles kundgetan hat. Das war doch einiges und ich hätte bestimmt jemand verwechselt. Weitere Themen waren ein paar Mal das Recht auf Abtreibung oder auch mal die Unterstützung an Arbeitende in Sozial- und Pflegeberufen. Andere politische Konflikte/Themen scheinen derweil wie weggeblasen zu sein. Dabei sind Ukraine, Rojava, Südsudan, Iran, Myanmar usw nicht wirklich verschwunden. Was ich hinsichtlich Nahostkonflikt noch recht aufschlussreich empfand, war ein Artikel, der die lateinamerikanische Sichtweise analysiert. Gerade weil hier etliche Bands aus Kolumbien spielen. Als Kontrast vielleicht auch mal einen aktuellen Bericht über israelische Punks lesen? Und natürlich das IGH-Gutachten zum Westjordanland. Ansonsten "Good Luck Everybody".
Nach etwas Gehader, wie denn ein Auto zu stehen hat, etwas Hallogesage mit alles was gerade so in der Nähe steht, geht auf der neuen selbstgebauten Bühne RENKORE (COL) los.
Die machen exakt das, was so von kolumbianischen Bands oft geboten wird. Hardcorepunk immer schon roh und wütend.
Und um die Stimme zu ölen gibt es abwechselnd 'nen Schluck Bier oder etwas braunflüssiges. Ganz guter Auftakt - auch nachdem ich diesen Monat bisher überwiegend lahmes Zeug gesehen habe.
CIMITERO (ITA) sind in der Performance nur Schlagzeug und Gesang. Gitarren und andere Sounds kommen vom Band.
Ich fand's nicht so geil, aber mein Begleiter fand gerade die hier sehr stark, weil ihn da so ein kleiner Waveeinschlag überzeugte.
Mein erstes Highlight sind PLASTIKA (CRO) aus Zagreb.
Sängerin sieht aus wie die Reinkarnation von Puppendoktor Pille und schreit um die Wette. Zwischendurch immer ein beeindruckendes "AAAAAAHHHHHHHHHRG".
Das Wetter vermiest die ganze Chose etwas. Immerhin bleiben die Blitze weit vom Festival fern. Soll das rechts an der Bühne bei dem Fahrrad ein Blitzableiter sein? Ich stelle mein Füße nah aneinander. Safety First.
Ehe wir durchnässen (wieder mal kaum an wasserabweisendes Zeug, bis auf Gummmistiefel, gedacht). Nuja. Beim Essen hat man wieder die Qual der Wahl. Das teuerste war roundabout 8€. Alles war superlecker.
Weiter geht es mit DESINTERATIÒN VIOLENTA. Ansässig in Berlin mit Wurzeln in Bogotá. Schnelles D-Beat-Geschredder mit Metalgitarre. Live war das durchaus gut.
ALDI OST beglücken uns in der Regenpause mit ihrem weirden Eggpunk, welcher immer an "Dead Kennedys" erinnert.
Ansagen sind heut in Englisch und bei mir sitzen so zwei Drittel der Jokes. Vielleicht schluckte das restliche Drittel auch die Übersetzungsmatrix.
Laut selbst initiierter Umfrage könnten SHITTY LIFE (ITA) die Band gewesen sein, welche am Besten ankam. 3 Nennungen stachen da heraus. Und es ist ja nicht so, dass ich hier mehr als ein Dutzend Leute befragt habe.
Bei mir kamen die ebenso sehr gut an. Ein wilder gitarrenlastiger Lo-Fi-Punk, sehr abwechslungsreich bis hin zu einem Song, der an frühe Turbonegro erinnerte. Grandios.
JALANG aus Melbourne pfeffern hastigen D-Beat in den Rasen. Lyrics gibt es dabei nicht nur in Englisch, sondern auch auf Indonesisch von wo Sängerin Alda stammt, welche oft durch Publikum schrie.
Da wurde es noch ein letztes Mal etwas nass, was der Stimmung wenig Abbruch tat. Da war das Gewitter vorhin etwas mehr Ablenkung.
Von JUDY & THE JERKS hab ich kein sinnvolles Foto. Hier schien gerade Pause zu sein. Zwischen den Pausen gabs allerschnellsten überdrehten Hardcorepunk. Songs knacken selten die Minute.
Statt die Playlist zu zocken, gab es dieses Foto. Wunderbar. Es gibt nebenbei erwähnt eine nette Split-12" mit den vorhin gesehenen SHITTY LIFE.
Mit VICIOUS IRENE aus Schweden kommt die vielleicht auf dem Papier bekannteste Band des Festivals?! Sehr gut gespielter Crust'n'Roll
URIN aus Berlin klangen anschließend völlig abgedreht. Sehr viel Hall auf der Stimme, sowie immer wieder derbe Noiseausbrüche. Vielleicht wurden diese mit einem ChaosPad erzeugt? Mit irgendwas wurde auf dem Boden jedenfalls dieser schräge Lärm erzeugt. Im Nachhinein sah ich Fotos, wo mit etwas hantiert wurde, was wie ein blauer Akkuschrauber aussah.
Ganz andere Klänge kamen von SHARP KNIVES aus Lissabon. Inklusive Waschbrett erinnerte mich der Sound stark an "Days'N'Daze". Trotz alledem versprüht die Band eine ordentliche Portion Kampfgeist und als Cover wusste "Lori Meyers" einer durchaus bekannten Band zu gefallen. Von den beiden Anarcho Folk Bands mein persönlicher Gewinner zu den morgen spielenden Holy Locust. Beide Bands passten derweil erstaunlich gut ins Programm beziehungsweise wurden sehr gut angenommen, gerade weil Ecowar hier zuletzt fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit spielte.
Drinnen wurde es wieder wild mit ALAMBRADA aus Kolumbien. Habe ich schon diesen typischen rohen wütenden HC-Punk erwähnt?
Massiv Leute am Start, sodass Till den Ausverkauft-Button im Internet drückte. Die letzten Jahre hieß das immer, wenn noch 30 Leute kommen, bin ich Plusminusnull. Heut versammeln sich schon 700 bunte Menschleins und morgen wirkte es sogar noch voller.
Bei UNIDAD IDEOLÓGICA waren eigentlich alle Kerzen in meinen Hirn längst erloschen. Wir bleiben in Bogotá, wobei diese hier etwas crustiger als zuvor Alambrada waren.
BÖRN, zu deutsch Kinder und damit habe ich eine isländische Vokabel auf Lager und gleichzeitig meine erste isländische Band, die ich live sehe.
Wir sind bei Band 14 innerhalb von 8 Stunden und wir bekommen nochmal einen Bruch in Richtung Postpunk und dieser gefällt mir enorm gut. Ich lasse mich mit der Musik treiben und kann mich anschließend beim besten Willen nicht entscheiden, welche Band mir nun am Besten heut gefallen hat. Das war echt ein richtig guter erster Tag.
Anschließend wird weiter rumgewackelt zur Disco vom ALDI OST Sänger. Da war viel schönes Zeug dabei, was gespielt wurde. Erinnern tue ich mich am nächsten Tag nur noch, dass ein Song von CUIR gespielt wurde. Halb 4 geh ich in die Embryostellung...